„Es geht mehr darum, sich selbst kennenzulernen, als um den reinen Körperkult.“
– Flavio Simonetti
Flavio Simonetti (@flavio.simonetti) ist der erste deutsche Fitness-YouTuber und bekennender „Retter der Dünnen“.
Dabei hat der Natural Athlet die deutsche Online-Fitnessszene im letzten Jahrzehnt wie kein anderer geprägt.
Flavio sieht aus, als sei er muskulös auf die Welt gekommen. Dabei war war früher selbst schmächtig.
Heute hilft vor allem männlichen Hardgainern dabei, erfolgreich Muskeln aufzubauen. Dabei will er auch charakterliche Werte vermitteln.
Flavio sagt, ein Natural Athlet …
- macht andere stark,
- trainiert sauber,
- macht das beste aus sich,
- redet nicht schlecht über andere und
- sucht keine Ausreden.
In diesem Gespräch werfen wir einen Blick hinter die Kulissen und auf das Leben des zweifachen Familienvaters.
Falls Du lieber zuhörst, findest Du unser Gespräch auch bei Fitness mit M.A.R.K.. Am bequemsten ist das kostenlose Abo via Apple Podcasts. Hier findest Du Alternativen zu Apple Podcasts.
Dieser Artikel ist die überarbeitete Niederschrift unseres Podcasts.
Viel Spaß beim Lesen!
Hinter den Kulissen des ersten deutschen Fitness-YouTubers – Ein Gespräch mit Flavio Simonetti

Mark: Flavio, was gab’s zum Frühstück?
Flavio: Bei mir gab’s 100 Gramm Haferflocken, 350 Gramm Erdbeeren mit Milch, dazu Rosinen und Schokoflakes.
Mark: Das klingt lecker. Erzähl uns bitte, wer Du bist und was Du machst.
Flavio: Ich bin Familienvater, Unternehmer und mache Fitness. Seit vielen Jahren produziere ich YouTube-Videos und habe damit meine Leidenschaft entdeckt, die ich zum Beruf gemacht habe.
Mark: Wie bist Du zum Kraftsport gekommen?
Flavio: Da war ich 13 und wollte ein Mädchen beeindrucken, in das ich verliebt war. Ich habe mir zwei Kurzhanteln gekauft und zu Hause trainiert. Inzwischen bin ich seit 20 Jahren an den Eisen.
Warum Krafttraining?
Mark: Bringt es wirklich etwas, sich Muckis anzutrainieren, wenn man bei Frauen ankommen möchte?
Flavio: Um’s vorwegzunehmen: Ich habe das Mädchen nicht bekommen. Aber das Krafttraining hat mir geholfen, zu mir selbst zu finden und zu erkennen, dass ich gute Ergebnisse erzielen kann, wenn ich motiviert an eine Sache herangehe.
Ich denke, dass es für Frauen attraktiv ist, wenn Männer mit Disziplin ihr Ding durchziehen.
Egal, ob das Muckis oder andere Ziele sind.
Mark: Warum machst Du seit 20 Jahren Krafttraining?
Flavio: Du hast die Ergebnisse selbst in der Hand. Das gefällt mir daran. Und auch, dass Du ständig wieder aufstehst und weitermachst.
Wer beim Krafttraining erfolgreich sein will, muss den Sport mit der richtigen Ernährung in Einklang bringen.
Damit bist Du fast 24 Stunden beschäftigt, wenn Du gute Ergebnisse erzielen willst. Das fasziniert mich am Krafttraining.
Es gibt wenige Sportarten, bei denen Du so viel beachten musst.
Mark: Vermutlich schreckt die Vorstellung, jeden Tag etwas tun zu müssen, viele Menschen ab. Warum Dich nicht?
Flavio: Ich entscheide täglich selbst, ob ich zum Training gehe oder nicht. Damit beweise ich mir, dass ich mein Wort nicht nur anderen Menschen gegenüber halten kann, sondern auch vor mir selbst.
Man wächst durch das Krafttraining in verschiedene Charaktereigenschaften hinein und lernt, an seine Grenzen zu gehen. Dadurch wird das Verlassen der Komfortzone zu etwas Normalem. Das ist viel mehr als plumpes Gewichtheben.
Im Urlaub lieber pausieren oder weiter dranbleiben?
Mark: Planst Du Pausen ein, wenn Du im Urlaub bist?
Flavio: Im Urlaub verzichte ich oft auf das Training. Dafür freue ich mich wieder umso mehr darauf, wenn ich zurück bin.
Ich fahre jedes Jahr nach Italien und treffe dort meine Freunde.
Früher Angst, im Urlaub meine gesamte Form zu verlieren. Heute weiß ich, das das Quatsch ist.
Für mich hat das was von „Loslassen“ und „Energie auftanken“ – nicht nur hinischtlich der Kalorien. Wenn ich pausenlos alles kontrolliere, macht mir das irgendwann schlechte Laune.
Ich genieße meinen Urlaub in vollen Zügen, esse reichlich und komme aufgeladen zurück.
Zugegeben, meine Figur ist dann nicht mehr so wie vorher, aber mein Körper und Geist benötigen diese Phasen.
Mark: Bei Deinem Nachnamen „Simonetti“ kommt auf jeden Fall italienisches Flair auf. Bist Du eigentlich gebürtiger Italiener?
Flavio: Geboren bin ich in Deutschland. Meine Mutter ist Deutsche, mein Vater Italiener und ich irgendwo dazwischen.
Aber ich verreise seit über 30 Jahren jedes Jahr nach Italien, meist für drei bis vier Wochen. Nur, was den Fußball angeht, bin ich waschechter Italiener.
Wie wird man Fitness-YouTuber?

Mark: Du bist einer der ersten Fitness-YouTuber, jedenfalls in Deutschland. Damals gab es den Begriff vermutlich noch nicht, aber heute ist „Influencer“ schon fast eine Berufsbezeichnung …
Flavio: … stimmt. Ja genau, ich habe 2009 damit begonnen.
Mark: Wie bist Du auf die Idee gekommen, Deinen Lebensunterhalt durch YouTube zu finanzieren?
Flavio: Ich habe schon als Jugendlicher einen Drang verspürt, mich selbst zu verwirklichen. Das kommt wahrscheinlich von meiner Mutter, sie ist Malerin und braucht Freiraum, um ihr eigenes Ding zu machen.
Mit 18 habe ich mit Persönlichkeitsentwicklung begonnen.
Dann habe ich beruflich sehr viele Dinge ausprobiert. Ich habe Pizza ausgefahren, Versicherungen verkauft, in einer Fabrik gearbeitet und Biologielaborant gelernt. Schließlich habe ich noch auf dem Messebau gearbeitet. Dann ist die Firma ist pleitegegangen.
Ich war 24 und dachte, dass irgendwie alles, was ich anfange, den Bach runterzugehen scheint.
Obwohl ich stets fleißig war. Dann schrieb ich zwei E-Books. Aber auch die floppten und ich dachte mir: „Nicht einmal das kannst Du!“
Dann kam mir die Idee:
„Flavio, Fitness machst Du schon seit zehn Jahren. Erzähl doch Deine Geschichte!“
Dazu musst Du wissen, ich war früher eine ziemliche Bohnenstange. Muskeln habe ich erst viel später aufgebaut.
Ich dachte mir, dass ich sicher nicht der einzige mit diesem Problem bin. Also schrieb ich ein Ebook mit dem Titel „Der Schritt-für-Schritt-Ratgeber zum explosiven Muskelaufbau“.
Und das hat sich tatsächlich relativ gut verkauft. Doch dann hat Google Adwords seine Richtlinien verschärft und wollte keine Fitness-Programme mehr bewerben.
Plötzlich war mein Umsatz weg, und ich ziemlich verzweifelt.
Ein ehemaliger Mentor gab mir dann den Tipp, es mit YouTube zu probieren. Möchtest Du die Geschichte über mein erstes YouTube-Video hören?
Mark: Klar, schieß los.
Flavio: Ich war kurz vor dem finanziellen Bankrott und habe meine letzten Kröten zusammengekratzt, um mir Bauleuchten und eine weiße Leinwand zu kaufen, für ein provisorisches Filmstudio zu Hause.
Aber die Bauleuchten waren gleißend hell – und viel zu heiß! Also habe ich Papier vor die Bauleuchten gespannt und es mit Wasser angefeuchtet, damit das Papier kein Feuer fängt.
Dann versuchte ich, meinen Text herunterzurattern. Allerdings blieben mir dazu gerade mal 30-60 Sekunden, bevor das Papier durchbrannte.
Also war ich permanent in einem Konflikt, meinen Clip schnell aufzunehmen – bevor die Dinger wieder hinüber waren.
Nach sieben Stunden war mein Acht-Minuten-Video endlich gedreht – und ich fix und fertig.
Der Raum war voller Rauch, und ich total benebelt.
Wer möchte, kann sich mein erstes Video auch heute noch auf YouTube anschauen.
Ich dachte, die Leute würden das Video hassen. Aber erstaunlicherweise hatte ich innerhalb kürzester Zeit 20.000 Aufrufe, und die Reaktionen waren durchweg positiv.
Da wusste ich, dass das eine Chance ist, die ich nutzen sollte.
Ich habe damals für meine so genannte „Ich-AG“ 300,- Euro im Monat bekommen, mit denen ich mich irgendwie über Wasser halten konnte.
Und das war die Basis für den Start mit meinen YouTube-Videos.
Welche Menschen haben Dich besonders inspiriert?
Mark: Du hast bereits mit 18 begonnen, Dich mit Persönlichkeitsentwicklung zu beschäftigen. Ganz schön früh. Ich muss so Ende 20 gewesen sein, als ich auf „Think and grow rich“ von Napoleon Hill stieß. Das war eines meiner ersten „Selbsthilfe“-Bücher, das mich noch heute prägt. Welche Menschen oder Bücher haben Dir geholfen?
Flavio: Früher gab es Jürgen Höller und Bodo Schäfer, und man holte sich das Wenige, was ging. Meine Mutter hat immer gesagt, „Flavio, lies doch mal!“
Mein Opa war Autor und hat in über 30 Büchern seine Kriegserlebnisse verarbeitet, und meine Mutter wollte immer, dass ich seine Bücher lese. Mich haben seine Geschichten leider nicht interessiert, und ich dachte, dass alle Bücher so wären.
Aber als ich dann das erste Mal ein Buch eines Erfolgsautors in der Hand hatte, war das wie eine Offenbarung für mich:
„Unglaublich, da gibt es jemanden, der einem erklärt, wie man an sich arbeiten kann.“
Anscheinend gab es Menschen, die erklären konnten, wie man Erfolg reproduziert.
Und das hat mich so fasziniert, dass ich von einem, der nie Bücher lesen wollte zu einem wurde, den Bücher total verrückt gemacht haben.
Mark: Welches Buch hat Dich besonders beeindruckt?
Flavio: „Wie man Freunde gewinnt“ von Dale Carnegie war für mich ein echter „Game Changer“ und hat mich sehr inspiriert. Außerdem kann ich „Die sieben Wege zur Effektivität“ empfehlen, das ist von Stephen R. Covey.
Wie wird man „Natural Athlet“?
Mark: Du bezeichnest Dich als „Natural Athlet“ und richtest Dich tendenziell eher an Männer. Ist „Natural Bodybuilding“ nur etwas für Männer?
Flavio: Man muss zunächst definieren, was Natural Bodybuilding ist.
Manche Menschen glauben, Bodybuilder sind diejenigen, die nur auf der Bühne stehen und posen. Das habe ich nie gemacht. Meine Devise als Athlet ist es, sauber zu trainieren.
Ich bin nicht bereit, illegale Substanzen zu nehmen.
Ich will gesund und lange leben, und ich will mit Disziplin und Ausdauer an meinem Körper arbeiten.
Für mich ist nicht wichtig, was andere über mich denken.
Deswegen gefällt mir der Kraftsport.
Es geht mehr darum, sich selbst kennenzulernen, als um den reinen Körperkult.
Krafttraining ist ein ganzheitlicher Weg zu sich selbst.
Mark: Da stimme ich Dir zu. Wer beginnt, mehr auf sich und seinen Körper acht zu geben, verändert nicht nur sein Äußeres, sondern auch seine Denkweise. Entwickelt Fähigkeiten, die sich auf das gesamte Leben positiv auswirken können.
Flavio: Wir haben einen sehr aufwändigen Film gedreht, bei dem es genau um dieses Thema der Selbstfindung durch das Krafttraining geht. Er heißt „Naturgewalt„.
Mark: Es geht um einen Jungen, dessen Leben mehr und mehr in eine Abwärtsspirale gerät. Dann entdeckt er den Sport. Ein wirklich starker Film – in jederlei Hinsicht.
Was sind Deiner Erfahrung nach die größten Hürden, die Du bei Jungs und Mädels, die mit dem Kraftsport anfangen, beobachtest?
Flavio: Den größten Fehler habe ich selbst gemacht, und zwar ist das die Ernährung.
Ich habe hart und viel trainiert, und mich hat es immer gewundert, warum ich nicht zunehme.
Mit der Ernährung kannst Du alles steuern. Beim Training ist die Devise, „weniger ist mehr“ oft ein guter Rat.
Viele Kraftsportler trainieren sehr intensiv, wissen aber nicht, dass durch hartes Training der Cortisol Wert steigt und dies zu Stress und im schlimmsten Fall zu Muskelabbau führt.
Deswegen bin ich ein großer Fan davon, in weniger Zeit mehr zu erreichen.
Ich trainiere normalerweise drei- bis viermal die Woche 45-60 Minuten. Das reicht vollkommen aus.
Und der dritte Aspekt ist, ausdauernd zu sein.
Ergebnisse im Krafttraining benötigen ihre Zeit, das verstehen viele nicht.
Muskelaufbau ist eben ein biologischer Prozess. Deshalb empfehle ich, langfristig zu denken, und zwar über mehrere Jahre.
Wenn Du mit dieser Devise an die Sache rangehst, fällt es Dir leichter, Fortschritte zu erzielen.
Warum fällt es einigen Menschen schwerer, Muskeln aufzubauen?
Mark: Du bist muskulös, sehr massiv und breit. Im Vorgespräch sagtest Du, früher warst Du ein „Hardgainer“ – was ist das eigentlich?
Flavio: Wer Schwierigkeiten hat, Muskeln zuzunehmen, bezeichnet sich oft als Hardgainer. Viele dieser Menschen essen allerdings nur einmal pro Tag und wundern sich dann, warum sie nicht zunehmen.
Es gibt natürlich auch das andere Extrem, dass man einfach sehr viel essen muss, um zuzunehmen.
Jeder Hardgainer kann zunehmen, wenn er sich an einen Ernährungsplan hält und täglich ausreichend Kalorien zu sich nimmt.
Das Problem ist eher, sich an die großen Mengen zu gewöhnen. Am besten ist es, die Kalorienzufuhr langsam zu erhöhen, um das Hardgainer-Dasein zu beenden.
Mark: Eine Frage der Kalorien.
Flavio: Genau. Es gibt Menschen, die Probleme haben, auf ihre Kalorien zu kommen. Und für die kann es unangenehm sein, weiter zu essen, wenn sie eigentlich schon satt sind.
Mark: Was empfiehlst Du?
Flavio: Drei Wege funktionieren meiner Erfahrung nach gut:
- Um auf die nötige Kalorienmenge zu kommen, empfehle ich Shakes mit Haferflocken, Quark und Milch mit einem Schuss Öl.
- Eine andere Möglichkeit wäre, sich einen Timer zu stellen. Viele Menschen verpassen oft unbewusst Mahlzeiten, zum Beispiel am Wochenende, wenn sie lange schlafen. Oder erst am Morgen nach Hause kommen, weil sie nachts unterwegs waren. Dabei hilft Disziplin, und es kann nützlich sein, sich einen Wecker zu stellen, der einen alle zwei Stunden daran erinnert, etwas zu essen.
- Die dritte Methode ist, einen klassischen Ernährungsplan durchzuziehen. Angenommen, ich benötige 3.000 Kalorien, schaffe ich am Anfang aber vielleicht nur 2.500. Zwei Wochen später merke ich, dass ich mit 2.500 Kalorien schon wieder Hunger habe. Dann gehe ich auf 2.700 hoch, und irgendwann esse ich meine 3.000 ohne große Probleme. Das ist ein Prozess, an dem man Schritt für Schritt arbeiten kann.

Mark: Lass uns beim Essen bleiben. Du hast kürzlich ein Buch veröffentlicht, in dem es um Rezepte geht.
Flavio: Genau. „Body Kitchen“ ist ein Buch mit 100 Fitness-Rezepten.
Ich habe mich mit Rafael und mit Flying Uwe zusammengesetzt, und wir haben ein paar coole Rezepte rausgehauen. Wir haben einen tollen Verlag, der sehr liebevoll an die Sache herangegangen ist, um unseren Input an Rezepten auch schön zu transportieren.
Dort gibt es ganz viele Fitnessrezepte, die für Leute optimiert sind, die Abwechslung suchen.
Warum mehr Wissen nicht immer die Lösung ist
Mark: Du trainierst seit fast 20 Jahren. Was hat sich seitdem geändert – und was nicht?
Flavio: Früher gab es kein Internet, keine Foren und Blogbeiträge. Es gab nur Zeitschriften wie „Men’s Health“ oder „Flex Magazin“, in denen man sich informiert hat.
Mittlerweile gibt es viel zu viele Informationen.
Wer eine Frage hat, bekommt zehn verschiedene Meinungen. Und selbst Studienergebnisse sind nicht immer so interpretiert, dass man sie als „wahr“ annehmen kann, ohne die Quelle nachzuprüfen.
Wo es früher wenig Auswahl gab, gibt es heute unendlich viel. Das verunsichert viele.
Ich habe den Eindruck, dass es ständig neue Trends gibt.
Noch vor der Low Carb Welle sagten die Leute: „Das geht doch gar nicht! Totaler Quatsch, wie soll man denn nur mit Fett und Eiweiß abnehmen?“ Und dann wurde es ein Riesentrend.
Ich habe auch mit Low Carb gute Erfolge erzielt, aber heute bevorzuge ich High Carb. Denn ich bin ein Typ, der Kohlenhydrate mag.
Die Menschen haben Angst, durch Kohlenhydrate dick zu werden, aber das stimmt nicht. Wenn man sich gesund ernährt, machen Kohlenhydrate weder dick noch dünn, und auch beim Fett gibt es geündere und weniger gesündere.
Im Endeffekt ist immer die Kalorienmenge entscheidend.
Ich bin kein Fan von Extremen, und deswegen sind Ernährungsformen wie strenges Low Carb mittlerweile ein No-Go für mich.
Welche Ernährungsweise funktioniert am besten?
Mark: Dazu passt die Facebook-Frage von Jens, der wissen will, was Du von einer High-Carb-Low-Fat Diät hältst?
Flavio: Einige Menschen denken, sie würden durch Kohlenhydrate automatisch dick. Dabei übersehen sie, dass ihre Glykogenspeicher durch eine extreme Low Carb Ernährung entleert werden.
Wenn sie wieder mehr Kohlenhydrate essen, füllt der Körper die Glykogenreserven wieder auf und es kommt in kürzester Zeit zu einer Gewichtszunahme. Das ist aber kein Fett, sondern zunächst einmal „Muskelenergie“, wenn Du es so willst.
Ich persönlich ernähre mich gerne High Carb, weil ich schon früher als sehr sehr Dünner gute Erfahrungen damit gemacht habe.
Und ich fühle mich gut damit. Auf Kohlenhydratentzug bin ich einfach nicht glücklich.
Ich esse auch bei High Carb gerne viel Volumen. Die „Carbs“ sorgen für einen guten Pump beim Training, und ich regeneriere schneller. Aber auch hier komme ich mit einem moderaten Ansatz, einer Mischung aus High und Low Carb, am besten klar.
Extreme Diäten – egal in welche Richtung – halte ich für langfristig nicht praktikabel.
Mark: Du lässt Dich durch das Feedback leiten, das Dein Körper Dir gibt. Ich empfehle auch immer: Probier es aus, womot Du Dich am besten fühlst UND Fortschritte machst.
Flavio: Genau, die richtige Mischung machts!
Ich bin mir sicher, dass es einige gibt, die mit extremen Ernährungsformen gut klarkommen. Die Frage ist nur, ob es für sie auch langfristig gut geht.
Ich habe selbst drei Jahre lang Low Carb nach der Anabolen Diät gemacht.
Aber langfristig stieg mein Insulinspiegel dadurch in die Höhe, und mein Essverhalten war total gestört.
Das Wichtigste in so einer Situation ist, ehrlich mit sich zu sein.
Mark: Maren fragt, ob die LOGI Ernährung auch für den Muskelaufbau funktioniert. Dr. Nicolai Worm, der Erfinder dieser Methode, war vor einigen Wochen übrigens hier zu Gast. LOGI fußt auf einem hohen Eiweißanteil auf und ist eigentlich auf den eher unsportlichen Durchschnittsbürger ausgerichtet. Hast Du damit Erfahrungen im Muskelaufbau gemacht?
Flavio: Ich bin ein Fan davon, zum richtigen Zeitpunkt Kohlenhydrate zu sich zu nehmen.
Ich halte es für wichtig, dass man nach dem Training regeneriert und die Glykogenspeicher wieder füllt, aber schaffe ich das mit Low Carb?
Am besten, man probiert diese Ernährungsform an sich selbst aus.
„Was würdest Du heute anders machen?“
Mark: Pascal fragt: „Was würdest Du heute in Deinem Leben oder in Deiner Karriere anders machen?“
Flavio: Wenn ich die Chance hätte und wüsste, was ich jetzt weiß, was würde ich tun…? Wenn ich nochmals mit YouTube anfangen würde, würde ich Daily Vlogs machen.
Ich würde meine Geschichte erzählen und sie in einer täglichen Dosis raushauen. Damit baust Du wertvolle Beziehungen auf.
Wenn die Leute Dich kennenlernen, sowohl mit Deinen positiven als auch mit den negativen Seiten, dann wissen Sie, wer Du bist und was Sie von Dir erwarten können.
Müssen Frauen anders trainieren?
Mark: „Wie trainierst Du mit Frauen?“, fragt Sandra.
Flavio: Ich trainiere wenig mit Frauen, aber vor kurzem haben wir eine Zwölf-Wochen-Challenge mit einem Mädel auf YouTube gemacht. Sie wollte nach einer Schwangerschaft mit Zwillingen abnehmen, und wir haben unsere Übungen an sie angepasst.
Frauen möchten ein schönes Bindegewebe im Bauch-Beine-Po-Bereich haben, und das bekommen sie mit einem höheren Trainingsgewicht und niedriger Wiederholungszahl hin.
Mark: Das heißt, Du empfiehlst eher ein kraftorientiertes Training mit Gewichten?
Flavio: Wenn die Frau schon Erfahrung hat, dann kann sie durchaus im niedrigen Bereich sechs bis acht Wiederholungen machen. Wichtig ist das klassische Krafttraining.
Die meisten haben Angst, dass sie dadurch muskulös wie Arnold Schwarzenegger werden.
Das wäre ich auch gerne, aber wenn Frauen keine Hormone nachschießen, dann wird daraus nichts.
Eine Frau, die intensives Krafttraining macht, bekommt kräftige Beine, einen durchtrainierten Po und eine schlanke Taille.
Und das ist eine schöne Form. Natürlich darf auch die Ernährung passen.
Also, liebe Frauen: Ihr könnt auch Krafttraining machen und die Gewichte nehmen, die auch die Kerle benutzen. Natürlich passend zu Eurem derzeitigen Leistungsniveau.
Ich empfehle Kniebeugen, Kreuzheben und alles, was Bauch-Beine-Po trainiert.
Mark: „Was ist Deiner Meinung nach die beste Kombi von Training und Ernährung für Frauen zur Definition?“
Flavio: Frauen erzielen meiner Meinung nach sehr gute Ergebnisse mit CrossFit Training.
Die Mischung aus Gewichtheben und Zirkeltraining ist wirklich sehr effektiv.
Kniebeugen, vielleicht Frontkniebeugen, Ausfallschritte, es gibt viele tolle Übungen für Frauen.
Was die Ernährung betrifft, muss man individuell entscheiden. Wie gesagt, ich bin ein Freund von Kohlenhydraten.
Es ist besser, sich so zu ernähren, wie es einem guttut, als irgendeinem System zu folgen, das einem überhaupt nicht liegt.
Von daher sind langfristig orientierte Methoden immer die richtige Wahl. Dann kannst Du nämlich die besten Entscheidungen treffen und wirst auch mit einer guten, durchdachten Ernährung zu Deiner Wunschfigur kommen.
„Welche Nahrungsergänzungsmittel verwendest Du?“
Mark: Flo und Jens fragen: „Wie stehst Du zu Supplementen und welche nimmst Du regelmäßig?“
Flavio: Ich habe in den letzten 20 Jahren vergleichsweise wenig genommen. Höchstens ab und zu ein wenig Creatin zum Muskelaufbau.
Was ich regelmäßig nehme, ist Vitamin D und 50 Milligramm Zink pro Tag. Das sind meine beiden „Daily Supps“.
Welche Fitness-Apps empfiehlst Du?
Mark: „Und wie würdest Du trainieren, wenn Du zwei Wochen im Urlaub bist und keine Gewichte mitnehmen könntest?“
Flavio: Ich würde mir wahrscheinlich einfach eine Bodyweight-App wie Freeletics Bodyweight oder Runtastic Results runterziehen und dann danach arbeiten.
Bei diesen Workouts gibt es verschiedene Schwierigkeitsgrade.
Mark: Du hast auch eine eigene Smartphone-App, Coach Carter. Gibt es da auch Bodyweight Übungen?
Flavio: Nein, meine App ist speziell für Leute, die im Fitnessstudio trainieren und die einen Trainingsplan wollen, der genau auf sie abgestimmt ist.
Da ist Coach Carter die richtige Anleitung.
Wer möchte kann die App einfach im App Store für iOS oder im Play Store für Android herunterladen und eine Woche kostenlos ausprobieren.
Mark: Warum eigentlich „Coach Carter“? Woher kommt der Name?
Flavio: Ich habe mir schon immer einen eigenen kompetenten Trainer gewünscht, der mich mit seinem Know-how begleitet und motiviert. Einen „Coach Carter“, wie in gleichnamigen Film mit Samuel L. Jackson.
Wir haben ein farbiges Logo entworfen, das zu diesem Namen passt und auch einen Werbespot produziert, der die Idee rüberbringt.
Der Name war ein Geistesblitz, den wir dann einfach umgesetzt haben.
Mark: Inzwischenb gibt es unzählige Fitness Apps. Was macht Coach Carter anders?
Flavio: Mit Coach Carter haben wir die Möglichkeit, die Trainingspläne individueller zu gestalten als bei anderen Apps.
Wir haben einen Algorithmus erstellt, der aus 600 Millionen Varianten für jeden Anwender die passende auswählt.
Die Variantenzahl ist eigentlich noch höher, weil wir auch Dinge wie Trainingsmethoden oder die Wiederholungszahl individuell anpassen.
Das heißt: Kein Plan gleicht dem anderen.
Coach Carter unterstützt Dich auch hinsichtlich Deiner Ernährung. Auch hier gleicht kein Menüvorschlag dem anderen.
Das heißt, auch der Ernährungsplan ist individueller als bei den allermeisten anderen Apps.
Das ist unser großes Alleinstellungsmerkmal. Es sind eben nicht nur 50, 60 Trainingspläne im Hintergrund, wovon einer vielleicht passen könnte, sondern aus Millionen von Möglichkeiten wird die ausgewählt, die am besten zu Dir passt.
Mark: Und woher wisst ihr, was der Kunde möchte?
Flavio: Wir machen zunächst eine Analyse. Das heißt, Du gibst ein, was Dir wichtig ist. Und auf dieser Basis bekommst Du Deinen Plan.
Dabei berücksichtigen wir auch Deine Ernährungsvorlieben.
Beispielsweise kannst Du uns sagen, dass Du beispielsweise auf Fisch verzichten willst oder Dich vegetarisch ernährst.
Es geht auch nach dem Erfahrungsgrad, das heißt, ein Anfänger bekommt einen anderen Trainingsplan als ein Fortgeschrittener.
Je fortgeschrittener jemand ist, desto krasser sind auch die Methoden und die Trainingseinheiten, und desto mehr schalten wir frei.
Wir wollen eben wie ein erfahrener Trainier an die Sache herangehen.
Außerdem hast Du die Möglichkeit, Dir Bilder und Videos anzeigen zu lassen.
Und im Laufe des Jahres planen wir auch noch Leistungstests.
Mark: Okay, Coach Carter ist Dein persönlicher Trainer. Aber wenn ich es richtig sehe, ist es erstmal nur ein Algorithmus. Und bei einem persönlichen Trainer kann ich auch mal eine Frage loswerden …
Flavio: Genau, das Problem der meisten Apps ist, dass Du alleine gelassen wirst. Bei Coach Carter unterstützen wir Dich als menschliche Trainer im Hintergrund.
Du kannst uns jederzeit Fragen stellen und wir antworten.
Was wir von Flavio Simonetti über Werte lernen können

Mark: Du hast eine Riesencommunity und stellst für viele ein Vorbild dar. Gibt es Menschen, die für Dich ein Vorbild sind?
Flavio: Ich habe vorhin erwähnt, dass ich die Denkweise von Stephen Covey sehr interessant finde und auch Dale Carnegie mit seinem Buch „Wie man Freunde gewinnt„.
Jetzt fällt mir gerade noch einer ein: Kennst Du Gary Vaynerchuk?
Mark: Oh ja!
Flavio: Er ist für mich eine echte Inspiration, weil er authentisch und sehr werteorientiert ist. Wenn ich mit jemand zusammenarbeite, dann ist mir sehr wichtig, welches Werteverständnis er hat.
Früher dachte ich, andere hätten ähnliche Grundwerte wie ich. Dann merkte ich, dass das nicht so selbstverständlich ist.
Deswegen motivieren mich Typen wie Gary Vaynerchuk. Seine Podcasts und vor allem die Keynotes kann ich jedem empfehlen.
Mark: Das kann ich nur bestätigen, ich habe mehrere Bücher von ihm gelesen. Er hat sie von seinem Ghostwriter schreiben lassen und steht ganz offen dazu. Da sieht man, wie sehr er sein Herz auf der Zunge trägt.
Flavio: (Lacht) Stimmt, das ist krass.
Mark: In seinen Podcasts und YouTube-Videos geht es um Marketing und um Businessaufbau, und das ist unglaublich motivierend. Gary Vee hat einfach Power – und die überträgt sich. Wenn ich seinen Podcasts höre, packt mich der Tatendrang.
Obwohl es bei ihm ums Business geht, funktioniert das für mich auch als Trainingsmotivation. Manchmal höre ich ihn daher auf dem Weg zum Sport. Letztes Jahr habe ich ihn bei den Online Marketing Rockstars live in Hamburg gesehen. Man muss ihn mögen, aber er ist ein begnadeter Redner.
Flavio: Ich finde seine Grundwerte super und vor allem seine Authentizität. Wie Du gerade sagtest, man weiß nicht nur, dass er einen Ghostwriter hat. Er gibt es zu, grüßt sogar seinen Ghostwriter öffentlich und dankt ihm für seine Arbeit.
Was macht Dich erfolgreich?

Mark: Gibt es Erfolge in Deinem Leben, auf die Du besonders stolz bist?
Flavio: Einer meiner größten Erfolg war natürlich mein erstes YouTube-Video, weil daraus so viel entstanden ist. Ganz ehrlich, das überrascht mich immer wieder.
Es freut mich sehr, dass YouTube zum Positiven beigetragen hat. Es freut mich, dass ich Menschen damit motivieren konnte, etwas zu verändern – egal, ob das jetzt Businessschritte waren, zum Sport zu gehen oder an sich zu glauben.
Das andere sind meine Kinder.
Ich hätte nicht gedacht, dass es so schön ist, Kinder zu haben.
Das hat mich wirklich glücklich gemacht. Und es macht mich jeden Tag aufs Neue glücklich, wenn ich meine Kinder sehe.
Das sind zwei Erfolge, die ich echt genieße.
Mark: Was macht Dich erfolgriech? Gibt es Verhaltensweisen oder Gewohnheiten, die Dir dabei helfen, das, was Du Dir vornimmst, auch zu erreichen?
Flavio: Mein Problem war früher, dass ich mir viel zu große Ziele gesetzt und zu viel von mir erwartet habe. Das hat mich am Ende demotiviert.
Mit dem Wort „Ziele“ habe ich deshalb meine Schwierigkeiten.
Mir hilft es, zunächst das „Warum“ zu definieren.
Warum soll etwas sein?
Und dann brauche ich jemanden, der mir hilft, die Dinge umzusetzen.
Wenn ich keinen Partner habe, dann geht es nicht wirklich voran.
Mark: Hast Du den auch im Training?
Flavio: Nein, im Training leider nicht, weil meine Planung jeden Tag anders ausschaut. Heute muss ich um 18:30 Uhr zum Training, morgen vielleicht früher und am nächsten Tag später.
Manchmal wäre es ganz cool, einen Trainingspartner zu haben, weil man sich dann gegenseitig ein bisschen mehr pusht. Aber andererseits ist es okay, denn dann bin in schneller mit dem Training durch.
Welche Routinen helfen Dir dranzubleiben?
Mark: Wie sieht der optimale Tag im Leben des Flavio Simonetti aus? Ich kann mir vorstellen, dass zwei kleine Kinder eine noch so gute Planung leicht über den Haufen werfen können. Training, Unternehmen, Familie – wie bringst Du all das in Einklang?
Flavio: Ich hinke meinen eigenen Erwartungen immer ein bisschen hinterher, denn ich habe hohe Ansprüche an mich, die ich nicht immer erfülle.
Heute war auch wieder so ein Tag, der optimaler hätte laufen können, zumindest der Start. Aber das ist einfach das Leben. Wenn man Kinder hat, dann läuft es nicht mehr so wie vorher.
Man muss improvisieren. Das heißt, dass ich manchmal vielleicht ein bisschen länger schlafe, weil die Nacht nicht so gut war. Dafür habe ich jedoch morgens ein bisschen Zeit gemeinsam mit den Kids.
Gegen 9:30 Uhr gehe ich zur Arbeit, und dann wird geplant und geschaut, was ansteht. Anschließend werden die verschiedenen Projekte abgearbeitet, zum Beispiel ein YouTube-Video oder eine Besprechung.
Gegen 18:00 Uhr geht es dann zum Training. In letzter Zeit meist schnell und hastig, damit ich um 19:30 Uhr bei meiner Familie bin. Dann gibt es Abendessen, und danach gehen die Kids schon wieder ins Bett.
Das Wichtigste ist, dass man am Ende des Tages dankbar ist für das, was man hat. Und auch für die Möglichkeiten, die einem gegeben sind.
Im Urlaub treffe ich am Strand meinen Brillenverkäufer, das ist ein älterer Herr, der aus Afrika kommt.
Wir reden dann über das Leben, und ich fragte ihn nach seinen Gedanken. Er antwortet, dass er das Leben unfair findet.
Da muss ich ihm zustimmen, denn was kann ich dafür, dass ich in Bayern geboren bin und er in Afrika?
Ich hatte vielleicht schlechte Startbedingungen in den ersten 20 Jahren meines Lebens, aber trotzdem habe ich insgesamt sehr gute Möglichkeiten.
Er hingegen muss gucken, wie er alleine in Italien lebt und über die Runden kommt, um seine Familie zu ernähren.
Und da kann ich einfach nur dankbar sein, egal, ob ich heute einen guten oder einen schlechten Tag hatte. Es gibt einfach Milliarden von Menschen, denen es schlechter geht als uns.
Was glaubst Du, was nur wenige glauben?
Mark: Gibt es etwas, das Du glaubst, was nur wenige andere Menschen glauben?
Flavio: Ich bin überzeugt davon, dass man mehr geben sollte, als man bekommt.
Man sollte in seinem ganzen Wesen großzügig sein.
Ich bin kein Fan des Spruches „eine Hand wäscht die andere“.
Ich erwarte keine Gegenleistung.
Wenn ich gebe, dann vertraue ich darauf, dass es gut wird und habe keine Angst, zu kurz zu kommen.
Was hättest Du gerne viel früher über Fitness gewusst?
Mark: Gibt es etwas, was Du gerne schon vor zehn Jahren über Fitness oder Muskelaufbau gewusst hättest?
Flavio: Bezüglich Diäten hätte ich gerne gewusst, dass ich viel mehr essen kann, als ich dachte.
Ich habe kürzlich einen Test gemacht, bei dem herauskam, dass ich einen Grundumsatz von 2.000 Kalorien habe – das ist ganz schön viel.
Das heißt, wenn ich mich überhaupt nicht bewege und einfach nur herumliege, dann müsste ich 2.000 Kalorien essen, damit meine Organe gut funktionieren.
Bei einer Diät, bei der man viel zu wenig Kalorien zu sich nimmt, kann man seinen Stoffwechsel ganz schön durcheinanderbringen.
Das hätte ich gerne früher gewusst.
Mark: Das ging mir auch so. Vor gut 15 Jahren habe ich mir die ersten Fitnessbücher mit Ernährungsplänen gekauft und mich an den dortigen Kalorienempfehlungen orientiert. Dabei war ich die ganze Zeit hungrig und ich dachte, das gehöre dazu.
Später habe ich herausgefunden, dass mein persönlicher Bedarf einfach viel höher ist. Erst da fiel bei mir der Groschen. Ich vermute, wir haben da ähnliche Erfahrungen gemacht.
Flavio: Und es passiert leider immer noch häufig. Die Leute hungern viel zu sehr, vor allem Frauen.
Wie motivierst Du Dich?

Mark: Du sagtest, Du verlässt beim Krafttraining Deine Komfortzone und gehst gern an Deine Grenzen. Wie motivierst Du Dich dazu?
Flavio: Es gibt verschiedene Methoden. Früher war es tatsächlich ein innerer Dialog.
Der Körper sagt: „Es tut weh, ich sollte aufhören.“ Und ich antworte: „Halt den Mund, weiter gehts!“
Ich bin kein Fan davon, immer ans Limit zu gehen, weil das die Sehnen und Bänder gefährdet. Aber ab und zu muss man seine Grenzen ausloten.
Heutzutage trainiere ich mit meiner App Coach Carter, die übernimmt für mich einen lustigen Teil dieses Dialogs.
Ich sehe auf meinem iPhone, was ich beim vorherigen Training erreicht habe und meine Ergebnisse werden ausgewertet.
Ich bekomme mein persönliches Ranking und weiß, wo ich stehe.
Das pusht mich, das nächste Level erreichen zu wollen.
Ich versuche, alle sechs Wochen eine Steigerung meiner persönlichen Leistung hinzukriegen. Das ist meine Motivation.
Was würdest Du an Dir ändern?
Mark: Wenn Du könntest, was würdest Du an Dir ändern?
Flavio: Eine Sache durchzuziehen, auch wenn sie keinen Spaß macht – das würde ich gern können.
Ich langweile mich schnell, wenn etwas länger dauert.
Ich bin ein Typ, der Abwechslung, Freiheit und Spaß braucht. Aber es ist eben nicht immer alles nur Spaß.
Das oberste Ziel kann man nur erreichen, wenn man eine Sache durchzieht – und das muss ich noch lernen.
Bei beruflichen Projekten war ich in der Vergangenheit oft genervt, wenn sie länger als ein halbes Jahr dauerten.
Wobei das gar keine lange Zeit ist.
Wenn eine Firma jedes halbe Jahr ihr Konzept ändern würde, dann würde gar nichts mehr laufen.
Deshalb muss ich mich immer wieder motivieren, dranzubleiben.
Wo fängt man an, wenn man nackt gut aussehen will?
Mark: Was würdest Du jemandem empfehlen, seinen Körper transformieren will und gerade erst anfängt?
Flavio: Ich werde oft gefragt: „Ich habe keine Motivation mehr, was soll ich machen?“
Der erste Schritt ist extrem wichtig, es ist die Frage nach Deinem „Warum?“
Diese Frage verstehen viele Anfänger noch nicht: Warum will ich überhaupt durchstarten?
Gestern hat mir jemand geschrieben, dass er mit dem Training angefangen hat, weil er eine Freundin suchte.
Als er dann in einer Partnerschaft war, war seine Motivation plötzlich weg. Sein „Warum“ war weg, weil dieses „Warum“ nämlich ein Mädchen war.
Es ist wichtig, dass Dein Warum größer ist, als eine kurz- oder mittelfristige Belohnung, die in Dein Leben kommen wird.
Mein Warum ist, mir jeden Tag zu sagen: „Flavio, wir kriegen den Arsch wieder hoch. Wir geben gemeinsam Gas und werden jede Ausrede niederknüppeln“.
Das hört sich vielleicht ein bisschen lapidar an, aber ich merke, dass es mir schon seit langem hilft.
Mir ist auch wichtig, abends mit klarem Kopf nach Hause zu kommen, denn dann bin ich der Ruhepol der Familie. Mein Training gibt mir diesen Ausgleich.
Dein „Warum“ ist vielleicht ein anderes. Aber der Punkt ist:
Wer das wirklich verstanden hat, bleibt langfristig am Ball und fühlt sich gut.
Die andere Sache ist die der Selbstannahme:
Man muss irgendwann auch mit seinem Körper zufrieden sein.
Es gibt Phasen, in denen ich ein bisschen mehr Speck habe.
In den Medien sieht man nur perfekte Körper. Aber die Wahrheit ist, dass die meisten einfach diese Figur nicht lange halten können, weil der Körper biologisch nicht so tickt.
Er kann nicht langfristig ein Minumum an Körperfett bei einem Maxiumum an Muskelmasse halten.
Wenn Du an Dir arbeitest, dann kommt irgendwann diese Zufriedenheit.
Weil Du weißt, was Du für Dich tust und das wertschätzt.
Es sind eben verschiedene Aspekte. Und ich glaube, es geht uns doch eigentlich mehr um die Ausgeglichenheit und um das persönliche Wohlbefinden, als um die typischen Fragen á la „wie oft sollte man trainieren“ oder „welches Eiweißpulver ist das beste“.
Mark: Ein schönes Schlusswort, Flavio. Wie kommen meine Zuhörer und Leser am besten in Kontakt mit Dir, wenn sie wollen?
Flavio: Am besten erreichst Du mich über Instagram. Sag, dass Du mich über den Podcast von Mark Maslow gehört oder dieses Interview gelesen hast, und dann kommen wir ins Gespräch.
Mark: Gibt es zum Schluss noch etwas, was Du unseren Hörern mitteilen möchtest?
Flavio: Ja, ich möchte Dir einen Gedanken mit auf den Weg geben:
Was willst Du, was die Leute über Dich erzählen, wenn Du unter der Erde liegst?
Das ist eine herausfordernde Frage, aber sie definiert, was wirklich wichtig ist.
Manchmal sehen wir den Wald vor lauter Bäumen nicht und wir meinen, all die kleinen Probleme des Alltags würden uns auffressen. Dann hilft die Frage:
Um was geht es Dir eigentlich?
Es bringt uns immer wieder zurück zu dem Punkt, den ich eben schon erwähnte: Dass Du mehr gibst, als Du bekommst.
Wenn Du nach dieser Devise lebst, werden Dich die Leute wertschätzen. Sie werden gut über Dich reden, und Du wirst ihnen in guter Erinnerung bleiben.
Mark: Vielen Dank für das Gespräch, Flavio!
- Uwe, Flying(Autor)
Frage: Was ist Dein „Warum“? Warum möchtest Du, gesund, fit, muskulös, schlank – was auch immer es für Dich ist – werden oder bleiben? Schreib‘ einen Kommentar.
Bildquellen
Fotos im Artikel: © Flavio Simonetti und Coach Carter. © Vaynermedia.