Training morgens oder abends? Wann trainieren – das ist hier die Frage.
„Der frühe Vogel fängt den Wurm“, sagen die einen.
„Der frühe Vogel kann mich mal“, die anderen.
Forscher kommen zu einem überraschenden Ergebnis.
Und darum geht’s in diesem Artikel: Finde eine smarte Lösung – mit wissenschaftlicher Rückendeckung.
Wann trainieren: Training morgens oder abends?
„Ich muss morgens trainieren – bevor mein Gehirn begreift, was ich da tue.“
—Marsha Doble
Eine Umfrage in meinem Bekanntenkreis brachte kein eindeutiges Ergebnis zutage.
Ich kenne fitte Menschen, die morgens trainieren. Andere schwören auf ihr Training am Abend.
Die richtige Tageszeit scheint es nicht zu geben.
Aber jeder wusste ad-hoc Vor- und Nachteile, sowohl für das Training am Morgen, als auch für das Late-Night-Workout.
Interessanterweise hat sich auch die Wissenschaft mit der Frage auseinandergesetzt.
Hier sind die wichtigsten Argumente:
- FÜR das Training am Morgen,
- GEGEN den Frühsport,
- FÜR das Training am Abend,
- GEGEN das Late-Night Workout.
Und meine persönliche Empfehlung. Let’s go.
Wann trainieren #1 – PRO Training morgens
[+] Training morgens gibt Dir den ganzen Tag Energie
Du bist auch ein Morgenmuffel? Dann willkommen an Bord.
Training ist der Stimmungsbooster schlechthin.
Dein Körper schüttet Endorphine und andere Hormone aus, die Dich energiegeladen, gutgelaunt und voller Tatendrang in den Tag starten lassen.
Nicht umsonst gehört Training zu den gesündesten Anti-Depressiva.1
[+] Du schläfst besser.
Es klingt vielleicht sonderbar, aber …
Wer morgens trainiert, schläft nachts noch besser.
Zu dem Ergebnis kommt eine Studie, bei der unter anderem die Schlafqualität von Probanden untersucht wurde, die entweder morgens um 7, mittags oder abends um 19 Uhr trainieren durften.2
[+] Dranbleiben fällt Dir leichter.
Auch, wenn Du einen noch so guten Plan hast: Im Laufe eines Tages können unvorhersehbare Dinge passieren.
Wenn es Dir geht wie mir, dann wird aus einem geplanten 18 Uhr Feierabend leicht mal 20 Uhr. Vielleicht kommt etwas Wichtiges dazwischen oder die Arbeit kostet doch mehr Zeit, als angenommen.
Wer morgens trainiert, umgeht das Thema:
Die ersten Stunden des Tages gehören Dir.
Dranbleiben ist oft leichter, wenn Du morgens trainierst.
Danach hast Du den Rücken frei (und viel Energie), um die Welt zu retten.
Wann trainieren #2 – CONTRA Training morgens
[-] Der Wecker klingelt früher.
Du wirst meist lange vor Sonnenaufgang wach und eigentlich brauchst Du gar keinen Wecker?
Glückwunsch! Für Dich gilt dieses Argument nicht.
Forscher würden Dich eine Lerche nennen. Lerchen werden ganz automatisch früh wach – auch, wenn sie ausschlafen können.
Wenn es Lerchen gibt, gibt’s auch Eulen. Die Eulen unter uns werden spät müde und wenn sie können, schlafen sie bis in die Puppen.
Die meisten von uns sind Normaltypen, deren Tag-Nacht-Rhytmus irgendwo dazwischen liegt.
Wissenschaftler nennen diese Veranlagung, die im Grundsatz genetisch bedingt ist, Chronotyp.3
Welcher Chronotyp bist Du? Dieser Test liefert Dir die Antwort.
Nach einer Untersuchung der Ludwig Maximilians Universität München gehört jeder 5. Deutsche zur Gruppe der Frühaufsteher, die ganz von selbst vor 7 Uhr wach werden.4
Der Rest von uns kennt den Trick mit den drei Weckalarmen oben wahrscheinlich besser, als ihm recht ist.
Die Sache ist die:
Wer sich morgens stets aus dem Bett quälen muss, wird sein Potenzial beim Frühsport wahrscheinlich nicht ausreizen.
Außerdem könnte die Schlafdauer darunter leiden. Und Schlaf ist eine Deiner potentesten Waffen, um nackt gut auszusehen.
[-] Du brauchst mehr Zeit fürs Warmup.
Morgens sind Deine Muskeln, Sehnen und Gelenke noch nicht auf Betriebstemperatur.
Tatsächlich erreicht eine Reihe Deiner Körperfunktionen erst in der zweiten Tageshälfte ihre maximale Leistungsfähigkeit:
- Am stärksten bist Du zwischen 14 – 18 Uhr. Deine Muskeln können um bis zu 6% mehr Kraft entfalten.5
- Deine Lungen sind gegen 17 Uhr am leistungsfähigsten. Jetzt arbeiten sie um bis zu 18% effizienter.6
- Deine Koordinationsfähigkeit ist am späten Nachmittag am höchsten.5
- Abends bist Du um bis zu 20% beweglicher als am Morgen.5
Das bedeutet im Umkehrschluss:
Wer morgens trainiert, darf mehr Zeit fürs Warmup veranschlagen.
Wann trainieren #3 – PRO Training am Abend
[+] Du hast morgens mehr Ruhe.
Wer abends trainiert, kann morgens länger schlafen – wenn das mal kein Argument ist.
Und wenn Du ausgeschlafen hast, ist Dein Morgen entspannter, weil Du Dir die folgenden Arbeitsschritte sparst:
- das zweite Mal umziehen,
- das zweite Frühstück zum Mitnehmen,
- das Duschen im Fitnessstudio.
Einigen macht das nichts aus. Für andere bedeutet es Stress – deswegen mögen sie das Training am Abend.
[+] Training am Abend hilft Dir den Tagesstress abzubauen.
Du kommst nach Hause.
„Schatz, wie war Dein Tag?“ – „Aaaaaaahhhh….!!!“
Kommt Dir bekannt vor? Dann ist ein After-Work-Workout eine gute Idee.
Du schwitzt den ganzen Frust einfach aus.
Das Training am Abend hilft Dir, den Kopf freizubekommen und Stress abzubauen. Ein schöner Übergang zwischen Büro und Feierabend, so dass Du für die Menschen präsent bist, die Dir wichtig sind.
Außerdem gibt das Workout Dir einen neuen Energieschub, den Du mit in den Abend nimmst:
„Schatz, wie war Dein Tag?“ – „Großartig! Komm‘ her…“
[+] Dein Körper ist besser fürs Training gewappnet.
Dieses Argument hatten wir eben schonmal zu fassen:
Abends bist Du schneller auf Betriebstemparatur.
Deine Muskeln und Gelenke sind beweglicher und Verletzungen noch unwahrscheinlicher.
[+] Du hast mehr Zeit zum Trainieren.
Abends liegen alle übrigen Termine des Tages bereits hinter Dir:
Kein Termindruck und mehr Zeit für Dich.
Nach einem anständigen Warmup ziehst Du in Ruhe Dein Krafttraining durch.
Danach bleibt Zeit für Kardiotraining, Faszienmassage oder Sauna.
Wann trainieren #4 – CONTRA Training am Abend
[-] „Wichtigeres“ (Happy Hour?), das Dich vom Training ablenkt.
Deine besten Freunde gönnen sich noch einen After-Work Drink oder Du bekommst eine spontane Einladung zum Dinner?
Die Wahrscheinlichkeit, dass eine „einmalige Gelegenheit“ dazwischen kommt, ist nach Feierabend einfach höher.
Abends gibt’s oft mehr Ausreden, das Training ausfallen zu lassen. („Ist ’ne Ausnahme. Wirklich.“)
Vielleicht kommt es Dir nach einem anstrengenden Tag vor, als würde Dir die nötige Energie fehlen.
Es gibt Menschen, die dann dem Ruf der Couch nachgeben würden, wo die nächste Staffel „House of Cards“ lockt. (Nicht, dass ich dafür kein Verständnis hätte …)
[-] Möglicherweise gibt’s Einschränkungen beim Training.
Wenn ich laufen gehe, dann draußen. Laufbänder? Für mich sind sie nichts.
Gerade im Winter, wenn es früh dunkel wird und friert, sind die Bedingungen fürs Outdoor-Training gerade abends nicht immer optimal.
Entweder Du bist gut ausgestattet – mit Stirnlampe und Spikes –, oder Du darfst Dein Outdoor-Training nach drinnen verlegen.
[-] Am Squat-Rack muss man eine Nummer ziehen.
In den meisten Fitnessstudios ist zwischen 18 und 21 Uhr Hochbetrieb.
Je flexibler Du während der Rush-Hour bist, desto besser.
Gut möglich, dass Du nicht der einzige bist, der am Squat-Rack wartet. Oder die Fitnesskurse sind überfüllt.
Wenn Du in der Situation bist, kannst Du die Reihenfolge Deiner Übungen tauschen. Aber die Effektivität Deines Trainings könnte leiden.
[-] Mögliche Schlafprobleme, falls Du zu spät trainierst.
Falls Du spät trainierst und danach recht bald ins Bett möchtest, könnte das Training Deine Schlafqualität beeinträchtigen.
Intensives Training triggert die Ausschüttung von Adrenalin und Stresshormonen.
Das ist nichts Schlimmes, ganz im Gegenteil.
Jeder von uns reagiert etwas anders. Ich komme mit einem Late-Night-Workout meist gut klar und schlafe schnell ein, einigen meiner Kunden geht es anders:
Wenn Du kurz darauf eine Reise ins Land der Träume geplant hast, könnte das Training Deine Fahrtzeit verlängern.
Gegen Yoga, Faszien- oder Beweglichkeitstraining ist allerdings nichts einzuwenden. Es hilft Dir dabei, zu entspannen.
Wann trainieren? – Fazit
Ist Training morgens oder abends am effektivsten? Eindeutige Antwort:
Es gibt keine eindeutige Antwort.
Und das sind gute Nachrichten. Denn es gibt Dir mehr Freiheit, einen Weg zu finden, der zu Deinem Lifestyle passt:
Du willst eine Routine finden, mit der Du Dich wohlfühlst und an der Du langfristig dranbleiben kannst.
Wie Du eine solche Routine ganz leicht aufbaust, erfährst Du hier (auch, wenn Du bisher Probleme mit dem Dranbleiben gehabt hättest).
Experimente sind immer eine gute Idee.
Es gibt Menschen, die denken, Frühsport wäre nichts für sie – dabei haben es noch nie ausprobiert.
Dein Leibgericht hast Du ja auch nur entdeckt, weil Du es irgendwann mal probiert hast.
Du willst flexibel genug sein, um Dir regelmäßiges Training zu ermöglichen.
Vielleicht geht es Dir dann so wie mir. Obwohl ich keine „Lerche“ bin, habe ich über Jahre morgens trainiert, bevor’s ins Büro ging.
Weil ich es liebe, mit diesem Gefühl in den Tag zu starten, das ein Workout Dir gibt.
Tja, und manchmal habe ich verschlafen oder es passte nicht. Dann hatte ich immer noch einen Plan B in der Tasche: Training am Abend.
Und Du? Training morgens oder abends – welches ist Dein Favorit? Womit fühlst Du Dich am besten? Beschreib‘ Deine Routine und wie sie Dir dabei hilft, dranzubleiben. Damit hilfst Du anderen Dranbleibern, neue Lösungen zu finden. Schreib einen Kommentar.
Fotos im Artikel „Wann trainieren: Training morgens oder abends?“: © Shutterstock.com: Lyashenko Egor ,© Depositphotos / Dirima
- Weir, K.: The exercise effect. Monitor on Psychology, December 2011, Vol 42, No. 11 [↩]
- Fairbrother, et al.: Effects of exercise timing on sleep architecture and nocturnal blood pressure in prehypertensives. Vasc Health Risk Manag. 2014; 10: 691–698 [↩]
- Wikipedia.de: Chronotyp. https://de.wikipedia.org/wiki/Chronotyp, Abruf: 10.11.2015 [↩]
- Ludwig Maximilians Universität, INSTITUT FÜR MEDIZINISCHE PSYCHOLOGIE, Zentrum für Chronobiologie [↩]
- Smolensky, Lamberg: The Body Clock Guide to Better Health. Smithsonian Institute Press, 2001 [↩] [↩] [↩]
- Medarov, et al.: Diurnal Variations in Human Pulmonary Function. Int J Clin Exp Med. 2008; 1(3): 267–273 [↩]