„Mark, soll ich beim Krafttraining lieber freie Gewichte verwenden oder sind Geräte nicht sogar sicherer und effektiver?“
Spannende Frage.
Wenn ich auf Reisen bin und gutes Fitnessstudio in der Gegend ist, nutze ich gern die Gelegenheit für ein Training.
Es ist erstaunlich, wie viel Du über Kultur, Land und Leute erfährst, wenn Du sie trainieren siehst.
Sport ist eine Sprache.
Und Du wirst überrascht sein, wie viele Parallelen Du zu Deinem gewohnten Trainingsumfeld findest.
In den allermeisten Gyms findest Du Bereiche mit freien Gewichten und solche mit Maschinen.
Du siehst Menschen, die entweder nur mit Hanteln oder nur an Geräten trainieren, und andere, die während des Workouts zwischen freien Gewichten und Maschinen abwechseln.
In diesem Artikel erfährst Du:
- Die faszinierende Geschichte der Kraftmaschinen
- Welche Vor- und Nachteile Maschinen haben und wie Du sie Dir zu Nutze machst
- Welche Vorteile das Training mit freien Gewichten für Dich hat – und welche Nachteile
- Womit Du in Deiner jetzigen Situation besser Fortschritte machst: Hanteln vs. Geräte
Was besser also für Dich, Hanteln oder Geräte? Du wirst sehen: So ganz schwarz-weiß ist auch dieses Thema nicht …
Freie Gewichte vs. Geräte – Es war einmal …
Fitness Experten streiten sich schon seit langem, ob freie Gewichte oder Maschinen besser geeignet sind, um nackt gut auszusehen.
Vor gar nicht langer Zeit waren Geräte der letzte Schrei:
Wer Muskeln aufbauen wollte (und cool war), trainierte an Maschinen.
Dann stellte man fest, dass das Gerätetraining Muskelvolumen und Kraft zwar wachsen lässt, dabei aber die Rumpf- und Stabilisationsmuskulatur vernachlässigt.
Diese Erkenntnis bereitete dem „funktionellen“ Fitnesstraining den Weg – DEM Fitnesstrend der letzten Jahre, der sich weiter durchsetzt.
Heute glauben viele Menschen, Maschinen seien schlecht für Dich.
Genauso wie Diäten und gesundes Essen ist auch das Krafttraining durch Moden und Trends geprägt. Also wer weiß:
Vielleicht sind in zehn Jahren „revolutionär neue“ Maschinen wieder hip?
Wenn Du schon länger Dranbleiber bist, dann kannst Du meine Antwort auf die Frage „Was ist besser, Geräte oder Hanteln“ sicher erahnen.
Es kommt darauf an.
Es kommt darauf an, was Dein Ziel ist.
Ein Trainingsplan ist immer auf ein spezielles Ziel maßgeschneidert, da gibt es kein „Schema F“.
Wenn Du die jeweiligen Vor- und Nachteile von Maschinen und freien Gewichten kennst, kannst Du ganz bewusst entscheiden, welche Art des Krafttrainings Dich am schnellsten an Dein Ziel bringt – und welche nicht.
Also lass sie uns nacheinander durchgehen. Wir starten mit dem Maschinentraining.
Krafttraining mit Maschinen: Vor- und Nachteile
PRO Maschinen
- Für Einsteiger geeignet. An den meisten Maschinen findest Du eine Abbildung, die die Übung und trainierte Muskelgruppe(n) so beschreibt, dass die Sache fast selbsterklärend ist. Für die meisten Menschen genügt es, die Übung einmal von einem Trainer vorgeführt zu bekommen oder denjenigen zu beobachten, der das Gerät gerade verwendet. Wer nicht das Budget für einen Personal Trainer hat, kann sich leicht selbst einen Geräte-Zirkel zusammenstellen.
- Muskelgruppen isoliert trainieren. Üblicherweise bist Du so ins Gerät „eingespannt“, dass der betroffene Muskel fast alleine beansprucht und andere Muskelgruppen eher ausgeschaltet werden. Das kann besonders dann sinnvoll sein, wenn Du bereits ein starkes Kraftfundament gelegt hast und einzelne Muskeln weiter vergrößern möchtest. Bodybuilder integrieren Maschinen aus diesem Grund oft in ihren Trainingsplan.
- Mehr Gewicht (auch ohne Unterstützung). Wenn Du die richtige Technik mit freien Gewichten (noch) nicht beherrschst, werden Fortschritte im Muskelaufbau schwierig bis unmöglich. Bei Langhantel-Kniebeugen und -Bankdrücken ist es außerdem schwer, ohne Partner bis an die Grenze zu gehen. Die meisten Maschinen erlauben es, mit einem Handgriff mehr Gewicht aufzulegen, ohne dabei gleich eine Überlastung oder Verletzung zu riskieren und ohne Risiko bis zum Muskelversagen zu trainieren.
(Achtung: Ob an der Maschine oder mit freiem Gewicht – Technik geht vor! Du solltest in jedem Fall die Übung perfekt ausführen, bevor Du mehr Gewicht verwendest.) - Praktisch für ältere Menschen und nach Verletzungen. Wer gerade erst mit dem Muskelaufbau anfängt und lange Zeit gar kein Krafttraining gemacht hat, kann mit Maschinen schnell und sicher ein Kraftfundament aufbauen. Wer verletzt ist oder eine OP hatte, kann mit Maschinen sehr gut um die Verletzung „herumtrainieren“ und fit bleiben.
CONTRA Maschinen
- Oft wenig funktionell. Auch wenn Du an Geräten sehr gut Muskeln und Kraft aufbauen kannst, trainierst Du damit keine natürlichen – „funktionellen“ – Bewegungsmuster. Krafttraining lässt Dich stärker werden. Aber eben HAUPTSÄCHLICH in dem Bewegungsmuster, dass Du beim Muskelaufbautraining auch durchführst.
Viele der Bewegungsmuster, die Du an Geräten trainierst, findest Du im Alltag nicht wieder (z.B. Beinstrecker). Im Extremfall kannst Du Dir an den Maschinen zwar schöne „Discomuskeln“ antrainieren, damit aber funktionell wenig anfangen – weil diese Muskeln auf „künstliche“ Bewegungen optimiert sind. Im Gegenteil steigt das Risiko von Verletzungen und Überlastungen, z.B. bei einem Umzug, bei dem Du Deine „schönen“ Muskeln mal voll zu Geltung bringen möchtest. Dieser Schuss kann also auch nach hinten losgehen… - Stabilisierende Muskeln werden vernachlässigt. Da Du am Gerät eine Muskelgruppe isolierst, lässt Du wichtige kleinere Muskelgruppen außen vor, die Deine Gelenke stabilisieren. Wenn Du diese kleinen Muskelgruppen gänzlich vernachlässigst, riskierst Du nicht nur eine schlechte Körperhaltung, sondern auch Verletzungen.
- Risiko direkter oder indirekter Verletzung. Auch wenn Anfänger durch Gerätetraining sicher und einfach ins Krafttraining einsteigen können, schaffen es einige Menschen immer wieder, sich an Geräten zu verletzen, indem sie zu viel Gewicht verwenden und dabei „genug“ Technikfehler machen. Die geführte Bewegung am Gerät belastet die Muskeln, Sehnen und Gelenke stets auf die gleiche Weise. Überlastungen entstehen umso leichter, wenn Du eine Übung immer und immer wieder mit (zu) viel Gewicht ausführen würdest. Die Dosis macht auch hier das Gift!
- Zu Stoßzeiten gerne mal belegt. „Wo kann ich hier eine Nummer ziehen?“ Hast Du Dich das in Deinem Fitnessstudio um 18 Uhr beim Warten an der Beinpresse auch schon mal gefragt? Bestimmte Geräte sind zu Stoßzeiten oft wegen Überfüllung geschlossen. Anstelle zehn Minuten darauf zu warten, dass die Brustpresse frei wird, kannst Du zum „Luft schnappen“ lieber in den Freihantelbereich gehen.
Für wen sind Maschinen geeignet?
- Einsteiger – Wer gerade neu ins Fitnesstraining einsteigt und noch kein Gefühl für freie Gewichte hat, sollte in den ersten Wochen und Monaten auf Geräte setzen. Auch wenn die Übungen in der Regel an der Maschine gut illustriert sind, sollten Einsteiger sich immer von einem Personal Trainer einweisen lassen.
- Bodybuilder – Wenn es Dir in erster Linie um möglichst große Muskeln geht, kannst Du an Maschinen einen sehr guten Wachstumsreiz setzen und Deine Muskeln anständig „aufpumpen“. Allein mit Geräten wird das Gesamtbild aber noch lange nicht ästhetisch. Natürlich liegt Schönheit immer im Auge des Betrachters. Aber für die Figur eines griechischen Athleten (oder einer griechischen Göttin) empfehle ich wenigstens eine Kombination aus freien Gewichten und Geräten.
- Rehabilitation – Wenn Du keinen Physiotherapeuten an Deiner Seite hast, können Maschinen nach einer Verletzung eine gute Alternative zum regulären Training sein. Sobald Du wieder fit bist, solltest Du wieder aufs Training mit dem eigenen Körpergewicht oder freien Gewichten setzen und auch dadurch weiteren Verletzungen vorbeugen.
Krafttraining mit freien Gewichten: Vor- und Nachteile
PRO freie Gewichte
- Funktionelles Training. Über funktionelles Training lassen sich ganze Artikel und Bücher schreiben (oder Podcasts aufnehmen). In einem Satz: Freie Gewichte und Bodyweight Training kommen in ihrem Bewegungsablauf dem, was Du im Alltag und anderen Sportarten tust, wesentlich näher als das Training an vielen Geräten.
- Training mit voller Bewegungsamplitude. Hanteln, Kabelzüge und Körpergewicht-Übungen geben Dir die Freiheit, das mit Deinem Körper zu tun, wofür er erschaffen wurde: sich zu bewegen. Und zwar mit einer möglichst vollständigen Amplitude.
- Training der stabilisierenden Muskeln. Das Training mit freien Gewichten fordert auch die stabilisierenden Synergisten. Also diejenigen Muskeln, die an der funktionellen Bewegung mit beteiligt sind. Die Synergisten stabilisieren Deine Gelenke und beugen so Überlastungen und Verletzungen vor.
- Hervorragendes Zeit-/Leistungs-Verhältnis. Wenn Du wenig Zeit zum Trainieren hast und mit möglichst wenigen Übungen möglichst viel erreichen willst, dann geht an freien Gewichten fast kein Weg vorbei. Meine Favoriten sind Kreuzheben und Schulterdrücken. Alleine durch diese beiden Übungen trainierst Du jeden Muskel Deines Körpers.
- Deiner Phantasie sind keine Grenzen gesetzt. An den Maschinen bist Du auf das angewiesen, was Dein Fitnessstudio bietet (und welches Gerät gerade nicht belegt ist). Anders bei freien Gewichten: Du hast nur ein paar Kurzhanteln? Kein Problem. Alleine damit kannst Du hunderte von Übungen durchführen.Wie wäre es hiermit: Du nimmst Dir eine Kurzhantel und versuchst in einer gegebenen Zeit so viele Übungen wie möglich unterzubringen. Beispiel: Bankdrücken, Schulterpresse, Langhantelrudern, Sumo-Kniebeuge, Kreuzheben, Swing, …
- Dein eigenes Fitnessstudio. Sobald Du gelernt hast, wie Du mit Deinem Körpergewicht und Hanteln trainierst, bist Du frei! Frei überall zu trainieren, wo Du willst – selbst an Bord eines Flugzeugs. Wenn ich auf Reisen bin und kein Fitnessstudio weit und breit ist, habe ich wenigstens Widerstandsbänder oder ein TRX dabei, um bei Bedarf ein intensives Workout einschieben zu können.
- Preiswert. Wenn Du nicht im Fitnessstudio trainieren kannst oder willst, sind freie Gewichte um ein vielfaches günstiger als Maschinen. Mit einer Kettlebell, einer Klimmzugstange und einem guten Paar Kurzhanteln kannst Du auch mit schmalem Budget Dein eigenes HomeGym eröffnen.
CONTRA freie Gewichte
- Technisch anspruchsvoller. Kraftübungen mit freien Gewichten sind anspruchsvoller und die Lernkurve ist höher als beim Muskelaufbau Training mit Maschinen. Es ist eine gute Idee, wenn Du Dir jemanden suchst, der die Technik beherrscht und Dich coachen kann, bis die korrekte Ausführung auch bei Dir perfekt sitzt. Ein gutes Fitnessbuch, in dem die Übungen erklärt sind, ist eine sinnvolle Ergänzung. Nimm Dir ausreichend Zeit, die Übungen richtig zu erlernen und mach Dir vorab vor Deinem inneren Auge ein klares Bild von dem Bewegungsablauf der Übung. So vermeidest Du, dass Du falsche Bewegungsmuster erlernst.
- Höheres Verletzungsrisiko (bei falscher Technik). Wer mit falscher Technik trainiert, kann einen Muskel oder ein Gelenk überlasten und sich eine Zerrung oder eine Verletzung einhandeln. Eine saubere Technik ist auch hier das A und O!
- Unterstützung beim Bankdrücken mit schweren Gewichten sinnvoll. Ohne Trainingspartner solltest Du bei einigen freien Übungen wie dem Langhantel-Bankdrücken nie ans Limit gehen. Wenn Du alleine trainierst, fragst Du am besten einen Trainer oder einen fortgeschrittenen Studiogast, ob er Dir hilft. Ich hatte vor Jahren einmal die Langhantel mit Gewicht auf der Brust liegen. Das ist definitiv unangenehmer, als jemanden um Hilfe zu bitten. 😉
Wer sollte freie Gewichte verwenden?
- Fast jeder – So gut wie jeder profitiert davon, mit freien Gewichten einen schlanken, starken und definierten Körper aufzubauen. Wenn Du die für Dich passende Strategie noch suchst oder optimieren möchtest, helfen Jenny und ich Dir gerne als Fitness Coach dabei, das nächste Fitness-Level zu erreichen. Es ist wichtig, funktionelle Kraft und Muskeln aufzubauen, damit Du jetzt und später in Deinem Leben diejenigen Aktivitäten ausüben kannst, die Dir Spaß und Freude machen.
- Läufer und andere Athleten – Ambitionierte Athleten und Läufer, die auf einem hohen Niveau Leistung erbringen, brauchen ein solides und funktionelles Kraftfundament. Mein damaliger Marathon-Mentor Andreas Hünerberg nennt das „Karosseriepflege“. Übungen mit freien Gewichten und dem eigenen Körpergewicht sind perfektes Krafttraining für Läufer.
- Bodybuilder – Freie Gewichte sind auch im Natural Bodybuilding die allererste Adresse, wenn Du schnell stärker und muskulöser werden willst. Sobald das Kraftfundament steht, kannst Du zusätzlich Isolationsübungen in Deinen Trainingsplan aufnehmen, um bestimmten Muskelgruppen den Feinschliff zu geben. Auch für einen Bodybuilding Trainingsplan stellen allerdings freie Gewichte die Grundlage dar. Deswegen heißen sie auch Grundübungen.
- Rehabilitation – Nach einer verletzungsbedingten Auszeit und selbst nach einem Bandscheibenvorfall kann das Training mit freien Gewichten Deine Regeneration beschleunigen. Du mobilisierst Deine Gelenke durch funktionelle Bewegungen und fühlst Dich besser. Mit funktionellem Training kannst Du schneller wieder die Fitness erlangen, die Du vor Deiner Verletzung hattest, als beim Training an Maschinen.
Freie Gewichte vs. Maschinen: Fazit
Wahrscheinlich kannst Du Dir die Antwort auf die Eingangsfrage inzwischen denken:
Effektives Krafttraining basiert in den meisten Fällen auf Übungen mit freien Gewichten.
Für mich bedeutet das: Ich absolviere 90 % meines Krafttrainings mit Langhanteln, Kurzhanteln, am Kabelzug oder mit dem eigenen Körpergewicht. Das Bodyweight Training macht bei mir oft 1/3 bis 1/4 der Übungen aus.
Lang- und Kurzhantelübungen wie Kniebeugen, Kreuzheben, Bankdrücken, Schulterpressen und Langhantelrudern in ihren verschiedenen Variationen heißen eben nicht umsonst Grundübungen.
Mit dem eigenen Körpergewicht setze ich z.B. auf Dips am Barren, Liegestütze und Klimmzüge.
Die verbleibenden 10 % trainiere ich an Geräten – zum Beispiel die Waden und Beinstrecker. Weniger aus funktionellen, sondern eher aus ästhetischen Gründen.
Ich hoffe, dass Du anhand dieses Artikels die Trainingsform findest, die Dich am leichtesten an Dein Ziel bringt. Sei es mit freien Gewichten oder Maschinen.
Frage: Wie trainierst Du am liebsten? Verwendest Du lieber Maschinen oder freie Gewichte? Schreib einen Kommentar.
Bildquellen
Bildquellen im Artikel „freie Gewichte oder Maschinen“: Paul Mulligan (CC 3.0 via 500px), Tekniska museet, Brisbane City Council, midwestnerd (CC 2.0 via Flickr)