Alles beisammen fürs Muskelaufbautraining? Du brauchst einen Luftballon, Wasser und Wechselklamotten.
Okay, die zweite Garnitur ist freiwillig. Aber sag‘ nicht ich hätte Dich nicht gewarnt.
Was Du jetzt lesen wirst, kannst Du im Handumdrehen in einen „unfairen Trainingsvorteil“ verwandeln:
- Warum viele Menschen beim Muskelaufbautraining keine Erfolge sehen
- 2 wenig bekannte Muskelaufbau-Arten, die Du kennen solltest
- Wie Du trainierst, um Deine Muskeln richtig zu fordern
- Was eine Wasserbombe mit Muskelaufbautraining zu tun hat …
… willst Du nicht doch lieber Wechselklamotten besorgen?
Außerdem tragen wir einen populären Muskelaufbau-Mythos zu Grabe. Rest in peace.
Die Fabel vom Fitness-Fuchs
Ein hungriger Fuchs sah ein paar unglaublich leckere Trauben von einem hohen Strauch hängen. Er sprang so hoch er konnte und tat sein bestes, um die Trauben zu schnappen.
So sehr er sich anstrengte, er kam einfach nicht ran. Schließlich gab er auf. Er stolzierte mit gleichgültiger Miene von dannen und sagte: „Ich dachte, diese Trauben wären reif. Aber nun bin ich sicher, sie sind sauer.“1
Vielen geht es beim Training ähnlich. Sie strengen sich unglaublich an und stellen irgendwann fest, dass sie ihrem Ziel nicht näher kommen. Anstelle nach einer anderen Lösung zu suchen oder jemanden zu fragen, der den Weg kennt, geben sie auf.
Natürlich sagen sie nicht „ich gebe auf“, sondern so etwas wie „die Gene sind schuld.„
Das kann Dir nicht passieren. Zumindest fehlen Dir hoffentlich immer mehr die Argumente. Ich möchte Dir helfen, die Trauben möglichst leicht zu erreichen.
Dazu tragen wir zuerst einen Muskelaufbau-Mythos zu Grabe:
Größere Muskeln bedeuten nicht zwangsläufig mehr Kraft.
Anders formuliert: Wenn Du schnell größere Muskeln haben willst, ist „stärker werden“ nicht Dein oberstes Ziel.
Beim Muskelaufbautraining lautet das Zauberwort „kumulative Ermüdung„.
Besonders Männer sind oft frustriert, weil sie sichtbar Muskeln aufbauen wollen, aber mehr schlecht als recht vorankommen. Sie versteifen sich darauf, stärker zu werden.
Wenn Du Muskelmasse aufbauen willst, geht es nicht darum, möglichst schnell das Gewicht zu steigern.
Natürlich solltest Du mit der Zeit auch das Gewicht erhöhen, um Deine Muskeln gleichbleibend zu ermüden.
Der Trick dabei ist, dass Du das Gewicht erst dann erhöhst, wenn es sich zu leicht anfühlt. NICHT, weil Du Dir ein bestimmtes Steigerungsziel vorgenommen hast.
Wie Dein Ego Deine Fortschritte im Muskelaufbautraining blockiert
Kumulative Ermüdung erreichst Du, indem Du die Pause zwischen Deinen Trainingssätzen verkürzt.
Jeder Satz baut dabei auf dem vorherigen auf.
Das Ziel ist es, den jeweiligen Muskel kontinuierlich zu ermüden.
Das ist ein anderer Ansatz als beim Training auf Kraft.
Wenn Du Deinen Muskel ermüden und so zum wachsen bringen willst, musst Du weniger Gewicht nehmen.
Damit erweckst Du im Fitnessstudio den Eindruck, „schwächer“ zu sein als diejenigen, die zwar mehr Gewicht verwenden, dafür aber 2-3 Minuten zwischen den Trainingssätzen pausieren.
Das täuscht.
Die Idee im Muskelaufbautraining ist, dass Du zuerst die Masse aufbaust, die Du haben möchtest.
Sobald Du dieses Ziel erreicht hast, wechselst Du zum Krafttraining, um stärker zu werden und Deine Muskeln zu verdichten.
Harte Muskeln vs. weiche Muskeln: Was ist Muskelaufbau?
Wie entsteht Muskeldefinition? Die meisten Trainer werden Dir sagen, dass Du dazu sichtbare Muskeln und einen niedrigen Körperfettanteil brauchst.
Und sie haben recht: Dein Körperfettanteil spielt tatsächlich eine große Rolle. Aber er ist nur ein Teil des Ganzen.
Was die Wenigsten wissen, ist, dass es zwei Arten von Muskelwachstum gibt.
Sie können einen Einfluss darauf haben, wie „definiert“ Du mit einem niedrigen Körperfettanteil wirklich bist.
Die Begriffe sind zwar etwas unhandlich, aber das Konzept dahinter ist wirklich simpel. Außerdem gehst Du locker als Experte durch, wenn Du die beiden Begriffe kennst. Sie lauten sarkoplasmatische und myofibrilläre Hypertrophie.
Was heißt das?
Hypertrophie ist schlicht und einfach Fachjargon für „Muskelaufbau“. Der kann in diesem Modell auf zwei Arten stattfinden:234
- Sarkoplasmatische Hypertrophie:5 Hierbei nimmt die Menge an Flüssigkeit in der Muskelzelle (Sarkoplasma) zu. Sarkoplasmatische Hypertrophie ist die schnellste Möglichkeit, um Muskelvolumen aufzubauen. Aber Sarkoplasma ist eine Flüssigkeit. Und weil Flüssigkeiten nicht kontrahieren können, macht diese Art des Muskelwachstums Dich nicht stärker. Aus diesem Grund kann ein imposanter Bodybuilder schwächer sein als ein „schwächer“ wirkender Gewichtheber.
- Myofibrilläre Hypertrophie:67 Hier wächst tatsächlich die Muskelfaser. Die Muskelfaser ist das kontrahierende Element. Sie wird nicht nur in der Struktur stärker, sie kann damit auch dramatisch mehr Kraft erzeugen. Myofibrillärer Muskelaufbau lässt den Muskel dafür nur unwesentlich größer werden.
Jetzt kommt die Wasserbombe ins Spiel: Denn so kannst Du Dir Deinen Muskel vorstellen. Nun gibt es zwei Möglichkeiten, den Ballon zu vergrößern:
- Möglichkeit: Du füllst ihn mit mehr Wasser (Jetzt könntest Du die Wechselklamotten brauchen…).
- Möglichkeit: Du machst die Gummihaut dicker. Wenn die Haut dicker ist, ist auch der ganze Ballon widerstandsfähiger.
Dieser Vergleich hat seine Grenzen. Aber ich hoffe, die Idee wird klar.
Hinweis: Kraftaufbau ist mehr, als nur Muskelaufbau. Hier spielen z.B. auch neuronale Anpassungen eine Rolle.8 Im verlinkten Artikel erfährst Du mehr, wenn Du in erster Line stärker werden willst.
So funktioniert Muskelaufbautraining: Was für ein Muskel-Typ willst Du sein?
Welche Art von Muskelaufbau willst Du triggern?
Du kannst Dein Training entweder auf den einen oder den anderen Hypertrophie-Typ ausrichten.
Natürlich kannst Du auch einen Mittelweg wählen.
Das meiner Meinung nach praktikabelste Trainingsmodell unterscheidet nach Wiederholungen pro Trainingssatz.
Mit der Anzahl Wiederholungen beeinflusst Du die Art des Muskelaufbautrainings:
- 1-3 Wiederholungen: Du trainierst Kraft und myofibrilläre Hypertrophie. Wer mit seiner Muskelmasse zufrieden ist und stattdessen definiertere und dichtere Muskeln erreichen möchte, würde so trainieren.
- 4-5 Wiederholungen: Nun trainierst Du zwar noch auf Kraft, aber auch schon etwas auf Muskelvolumen. Der Schwerpunkt liegt dabei immer noch darauf, dass Du stärker werden willst. Es gibt eine Reihe beliebter „5 x 5“ Trainingsprogramme, bei denen Du 5 Sätze á 5 Wiederholungen einer Übung absolvierst. Dieser Ansatz ist für diejenigen optimal, die in erster Linie stärker werden wollen, dabei aber auch etwas Muskelvolumen aufbauen wollen.
- 6-11 Wiederholungen: Hier liegt ein gutes Mittelmaß zwischen Kraft- und Volumenaufbau. Je weiter Du am unteren Ende des Spektrums liegst, desto weiter setzt Du den Schwerpunkt auf Stärke, während Du in Richtung 11 Wiederholungen immer mehr auf Muskelvolumen trainierst.
- 12-15 Wiederholungen: Wenn Du dickere Muskeln willst, hier bist Du richtig. Du wirst zwar nicht unbedingt stärker, aber Du wirkst so. Wenn Du nach dem Pyramiden-Prinzip trainierst, kann es Sinn machen, ein oder zwei dieser Sätze einzubauen.
…und was ist mit über 15 Wiederholungen?
Das liegt außerhalb dessen, was wir als Muskelaufbautraining bezeichnen. Einerseits rutschst Du mehr und mehr in den Bereich des Kardiotrainings. Das merkst Du daran, dass Dein Herz mehr und mehr am Pumpen ist.
Andererseits trainierst Du in erster Linie Deine Typ-1 Muskelfasern. Und die hypertrophieren bei weitem nicht so stark, wie die hier betrachteten Typ-2 Muskelfasern.
Typ-1 Muskelfasertraining ist nicht notwendig, um nackt gut auszusehen.
Um in einer bestimmten Sportart besser zu werden, kann es allerdings Sinn machen, die Typ-1 Muskelfasern zu trainieren.
So gestaltest Du Dein Muskelaufbautraining: 3 praktische Beispiele
Welche Art von Muskelwachstum ist optimal? Welches Muskelaufbautraining ist optimal?
Die Antwort ist wie so oft: Es kommt darauf an.
Richtiges Krafttraining berücksichtigt Deine Ausgangssituation und Deine Zielsetzung.
Ich gebe Dir zwei Fallbeispiele, anhand derer Du entscheiden kannst, wie Du Dein Training optimal gestaltest.
Muskelaufbautraining Beispiel #1 – Mehr Volumen
Vielleicht hast Du schon einmal jemanden gesehen, der eher schlaksig gebaut ist, praktisch keinen sichtbaren Brustmuskel hat und – schwupps- auf der Flachbank locker 100 Kilo wegdrückt.
Sportkletterer sind beispielsweise oft sehr stark, aber nicht sehr schwer – ihre Sportart erfordert es.
Wenn dieser Typ seinen Brustmuskel aufbauen wollte, müsste er das Gewicht deutlich reduzieren und mehrere Sätze á 10-15 Wiederholungen absolvieren. Und zwar so lange, bis sein Brustmuskel ungefähr das Volumen hat, das er sich wünscht.
Danach würde er die Wiederholungszahl wieder in den mittleren Bereich absenken und das Gewicht entsprechend erhöhen.
Muskelaufbautraining Beispiel #2: Mehr Härte und Definition
Hast Du „Pain & Gain“ gesehen?
Mark Wahlberg bringt in diesem Film eine beachtliche Muskelmasse an den Start. Obwohl er nicht übermäßig viel Körperfett hat, wirkt er eher fleischig und massig als definiert.
Ihm würde ich jetzt mehr Gewicht empfehlen und Trainingssätze im 3-5 Wiederholungs-Spektrum.
Damit verdichtet er seine Muskeln und erarbeitet sich mehr Härte und Struktur. Bei vielen Athleten macht auch ein anderes Ernährungsmodell Sinn, um den Körperfettanteil soweit zu senken, dass die gewünschte Definition überhaupt erst möglich wird.
Die Lösung lautet hier also Muskelaufbautraining für myofibrilläre Hypertrophie und – flankierend – eine Ernährung, die auf Fettabbau abzielt.
Muskelaufbautraining Beispiel #3: Optimale Definition
Hier ist ein gutes Beispiel für gute Muskeldichte.
Siehst Du, wie detailliert die Struktur seiner Arme und Schultern ist? Das liegt daran, dass er nicht nur ein gutes Muskelvolumen aufgebaut hat, sondern auch stark ist.
Sein niedriger Körperfettanteil hilft natürlich.
Er hat schon eine gute Basis an Muskelmasse aufgebaut, viel weiter würde ich an seiner Stelle nicht gehen.
Wahrscheinlich wäre er gut beraten, nun ein kraftbasiertes Muskelaufbautraining beizubehalten, um seine Struktur zu festigen und eventuell weiter zu verbessern.
Sobald Du die für Dich optimale Muskelmasse erreicht hast, kannst Du Deinen Trainingsschwerpunkt auf myofibrilläre Hypertrophie verlagern.
Artikelserie: 7 Geheimnisse über Muskelaufbautraining
Dieser Artikel ist Teil einer Serie über Muskelaufbautraining. Bereits erschienene Artikel sind verlinkt:
- 2 seltsame Mechanismen im Muskelaufbautraining, die Du kennen solltest. Mit diesem Wissen verschaffst Du Dir einen „unfairen“ Trainingsvorteil gegenüber anderen Sportlern.
- So funktioniert Muskelwachstum – Teil 1: Das Prinzip der kumulativen Ermüdung.
- So funktioniert Muskelwachstum – Teil 2: Warum einige Muskeln nicht stärker werden (und was dagegen hilft).
- Hybrider Muskelaufbau: Wie Du die Trainingsprinzipien optimal auf Dein Ziel abstimmst. Diesen Artikel solltest Du lesen, wenn Du mehr willst, als bloße Muskelmasse.
- Wie schnell kannst Du Muskeln aufbauen? Du willst knackiger werden und Dir einen Körper erschaffen, nach dem andere sich umdrehen? Hier erfährst Du, wieviel Zeit Du mitbringen solltest.
- Wie viel Muskelaufbau ist möglich? Du willst nackt gut aussehen und nicht zum Monster-Hulk werden, schon klar. Ohne verbotene Substanzen ist das ohnehin nicht möglich. In diesem Artikel erfährst Du, wo die natürliche Grenze liegt.
- Warum schlanke und sexy Frauen schwere Gewichte heben. Sollten Frauen und Männer anders trainieren? Warum ich für „nein“ plädiere, erfährst Du hier.
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Fazit
Muskelaufbautraining ist nicht gleich Muskelaufbautraining und mehr Muskeln bedeuten nicht automatisch mehr Kraft.
So, wie Du eine Wasserbombe auf zwei Arten vergrößern kannst, verhält es sich auch mit Deinem Muskel.
Im nächsten Schritt kannst Du Dein Muskelaufbautraining auf den Prüfstand stellen: Wo stehst Du derzeit?
Dann legst Du Dein Ziel fest: Hast Du bereits genügend Muskelmasse aufgebaut und möchtest nun an der Definition arbeiten? Oder willst Du zuerst Muskelvolumen aufbauen?
Sobald Dein Ziel steht, kannst Du Deine Trainingssätze und das Gewicht entsprechend danach ausrichten.
Ich hoffe, Du bist nun etwas dichter an Deinem Ziel als der Fitness-Fuchs an seinen Trauben.
Frage: Wo stehst Du derzeit, wie sehen Deine Ziele aus? Richtest Du Dein Muskelaufbautraining eher auf sarkoplasmatische oder myofibrilläre Hypertrophie aus? Schreib einen Kommentar.
Bildquellen
Fotos im Artikel „Muskelaufbautraining“: Lauris Rubenis, Xurble, ammai2010, Hollywood_PR, kargaltsev, Muscle Dominator (CC BY 2.0), Steve Wilhelm (CC BY-NC-SA 2.0) via Flickr.
- Nach: Aesop. Der Fuchs und die Trauben. [↩]
- Kraemer, William J.; Zatsiorsky, Vladimir M. (2006). Science and practice of strength training. Champaign, IL: Human Kinetics. p. 50. ISBN 0-7360-5628-9. [↩]
- MacDougall JD, Sale DG, Elder GC, Sutton JR. Muscle ultrastructural characteristics of elite powerlifters and bodybuilders. Eur J Appl Physiol Occup Physiol. 1982;48(1):117-26. [↩]
- Ribeiro AS, Avelar A, Schoenfeld BJ, Ritti Dias RM, Altimari LR, Cyrino ES. Resistance training promotes increase in intracellular hydration in men and women. Eur J Sport Sci. 2014;14(6):578-85. [↩]
- Haun, Cody T et al. “Muscle fiber hypertrophy in response to 6 weeks of high-volume resistance training in trained young men is largely attributed to sarcoplasmic hypertrophy.” PloS one vol. 14,6 e0215267. 5 Jun. 2019, doi:10.1371/journal.pone.0215267 [↩]
- Cribb PJ, Hayes A. Effects of supplement timing and resistance exercise on skeletal muscle hypertrophy. Med Sci Sports Exerc. 2006 Nov;38(11):1918-25. [↩]
- Burd NA, West DW, Staples AW, Atherton PJ, Baker JM, Moore DR, Holwerda AM, Parise G, Rennie MJ, Baker SK, Phillips SM. Low-load high volume resistance exercise stimulates muscle protein synthesis more than high-load low volume resistance exercise in young men. PLoS One. 2010 Aug 9;5(8):e12033. [↩]
- Dankel SJ, Kang M, Abe T, Loenneke JP. Resistance training induced changes in strength and specific force at the fiber and whole muscle level: a meta-analysis. Eur J Appl Physiol. 2019 Jan;119(1):265-278. [↩]