Was macht ein Osteopath eigentlich?
Wie kann er Dir helfen, verletzungsfrei am Kraft- und Ausdauertraining dranzubleiben?
Diese und andere Fragen stellte ich Steffen Grasalewski – dem Osteopathen und Physiotherapeuten unserer Profisportler am Olympiastützpunkt Niedersachsen.
Unser Gespräch ist vor einigen Tagen bei Fitness mit M.A.R.K. erschienen. Dieser Artikel ist das vollständige Transkript der Folge.
Falls Du das Gespräch lieber hören möchtest, kommst Du hier zum Podcast mit Steffen Grasalewski und den Shownotes.
Viel Spaß beim Lesen!
Wie Du Sportverletzungen ein Ende setzt: Ein Gespärch mit Olympia-Osteopath Steffen Grasalewski
Mark Maslow: Moin Steffen, herzlich willkommen bei Fitness mit M.A.R.K.!
Steffen Grasalewski: Hallo Mark, vielen Dank, dass ich hier sein darf. Große Ehre für mich, und einen schönen Gruß raus an Deine Community.
Mark: Für die Hörer, die Dich noch nicht kennen: Wer bist Du, und was machst Du?
Steffen: Ich bin Steffen Grasalewski und lebe zurzeit in Hannover, wo ich auch mit meiner Praxis am Olympiastützpunkt arbeite. Und was mache ich? Ich würde sagen, ich repariere Menschen.
Mark: Das klingt nach einem tollen Job. Du bist ehemaliger Leistungssportler. Bevor wir jetzt gleich über Physiotherapie und diese „Reparaturarbeit“ sprechen, was bedeutet für Dich Fitness? Wie bist Du dazu gekommen, das zu tun, was Du heute machst?
Steffen: Als Jugendlicher bin ich mit der Ruderei gestartet. Und das hat mich irgendwann gepackt, dieses Flow Erlebnis – im Boot in die Auslage zu gehen, schnell zu fassen, das Boot durchlaufen zu lassen, das Plätschern des Wassers am Bootrand zu hören. Den eigenen Atem zu spüren und die eigene Leistungsfähigkeit im internationalen Vergleich auszutesten, das Brennen der Muskeln, das war irgendwann ein richtiges Suchtpotential.
Jetzt bin ich ein bisschen älter geworden. Und ich finde es wichtig, mit meinem Wissen aus der Physiotherapie, der Osteopathie und natürlich auch dem Coaching die jetzige Generation von Kaderathleten darin zu unterstützen, ihre Bestleistung abrufen zu können. Also das weiterzugeben, was ich damals selbst erfahren habe.
Mark: Was brachte Dich damals selbst zum Leistungssport? Leistungssportler, das wollen viele werden. Aber nur wenige schaffen es. Wie gelang es Dir?
Steffen: Es kam wirklich so, dass ich dachte: „Du könntest das Rudern mal ausprobieren, das wäre eine ganz coole Geschichte“. Das Rudern hat mich gepackt, und dann war es einfach mein Sport. In der Natur sein, auf dem Wasser sein, das Boot über den See oder den Fluss peitschen, das gefällt mir. Irgendwann habe ich gemerkt, dass ich dafür Talent habe. Auch wenn es nicht so aussieht, aber das Rudern ist eine technisch sehr anspruchsvolle Sportart. Dann hat es mich gepackt und ich war gar nicht mal so schlecht darin. (lacht)
Mark: Wann war das?
Steffen: Da muss ich zurückrechnen. Meine Karriere als Profi begann mit 16. Mit 20 hatte ich eine Knieverletzung und musste meine Karriere leider beenden. Meine Teamkameraden sind später Weltmeister und Olympiasieger geworden.
Mark: Das muss in den 1990ern gewesen sein…?
Steffen: Ja, das war in den Neunzigern. Genau.
Mark: Du unterstützt Leistungssportler beim Dranbleiben. Was fasziniert Dich daran? Was unterscheidet die Arbeit mit Leistungssportlern von der Arbeit mit Hobbysportlern?
Steffen: Der Leistungssportler bewegt sich in einem Umfeld von Profis. Außerdem ist der Körper bereits in einem extrem gut trainierten Zustand. Der ambitionierte Breitensportler erreicht dieses Niveau in der Regel nicht. Zum Beispiel, wenn wir testen, wie viel relative Kraft – also Kraft pro Kilogramm Körpergewicht – er entwickeln kann.
Profis haben eine klare Zieldefinition. Und innerhalb eines solchen Teams, in das ich mich einbringen darf, ist das eine ganz tolle Geschichte: Wir haben ein Ziel, das wir gemeinsam verfolgen, um dann die Medaille zu holen.
Mark: Das kann ich gut nachvollziehen. Im Vorgespräch sprachen wir über die Anforderungen im Leistungssport. Die Leistung steht an erster Stelle. Ich glaube, die Prioritäten werden im Hobbybereich anders gesetzt.
Steffen: Ganz klar: Profisport hat nichts mit Gesundheitssport und Fitness zu tun, da gibt es einen ganz klaren Unterschied. Wenn ein Profi sich kurz vor der Deutschen, Europa- oder gar Weltmeisterschaft verletzt, kannst er sich nicht wie ein Breitensportler sechs Wochen rausnehmen und ordentlich regenerieren. Dann geht es darum, den Sportler so schnell wie möglich in die Lage zu bringen, dennoch am Wettkampf teilzunehmen. Und zwar so, dass er seine beste Performance an diesem Tag abliefern kann. Erst danach bekommt er eine Rekonvaleszenzzeit.
Mark: Was genau bedeutet das?
Steffen: Wenn ein Breitensportler verletzt ist, liegt der Fokus auf nachhaltiger Gesundung. Er kann nicht einfach weitermachen, weil es unsinnig wäre. Schließlich verdient er damit kein Geld und steht bei keinen Sponsoren in der Pflicht. Aber er muss beispielsweise als Kraftfahrzeugmechaniker arbeiten oder verdient sein Geld als Einzelhandelskaufmann. Im Breitensport sind die Prioritäten also ganz anders gesetzt. Nach einer Verletzung steht der natürliche Heilungsprozess im Vordergrund. Im Profisport jedoch werden manchmal Sachen gemacht, die so halb legal sind. (Lacht)
Mark: Halb legal? (Lacht) Wie zum Beispiel … ?
Steffen: Wir fragen uns: „Was können wir tun, damit Du am Tag X tatsächlich Deine Leistung abrufen kannst?“ Das heißt, es wird geschaut, was gut und teuer ist. Auch Dinge, die nicht immer offiziell über die Schreibtische laufen.
Mark: Okay … kannst Du das konkretisieren?
Steffen: Lass uns den Fußballsport als Beispiel nehmen. Da wird bei Muskelverletzungen zum Beispiel Kälberblut gespritzt. Kälberblut hat eine Konsistenz, die sehr schnell Muskelfasern verklebt. Das heißt nicht, dass der Muskel selbst dadurch geheilt wäre. Aber man spritzt das Kälberblut hinein und es verklebt die Muskelfasern. Der Spieler hat dann zwar nicht mehr seine maximale Kraft, kann aber trotzdem weiterspielen.
Wenn ein Lothar Matthäus sich beispielsweise links verletzt hätte, würde er nach einer solchen Behandlung linksherum nicht mehr so gut spielen und weniger Druck machen können. Aber er ist in der Lage, rechtsherum weiter mitzuspielen. Natürlich müssen er und sein Team ihre Spielweise dann an die veränderte Situation anpassen und Rücksicht nehmen.
Solche Sachen meine ich. Es ist also nichts Illegales, was in den Bereich Doping fällt. Da sind die Kontrollen der Nada viel zu intensiv. So etwas wird natürlich weder gemacht, noch ist es gewollt.
Mark: Also eher solche Dinge, die man im Amateur- und Breitensport nicht machen würde, weil sie in dem Kontext kontraproduktiv wären.
Steffen: Genau, ja.
Was macht ein Osteopath?
Mark: Du bist Physiotherapeut UND Du bist Osteopath. Wo ist eigentlich der Unterschied zwischen diesen beiden Disziplinen?
Steffen: Der Osteopath ist Kunstphilosoph und Wissenschaftler. Das heißt, er befasst sich mit übergeordneten Fragen. Zum Beispiel:
- Wie funktioniert der Körper in allen seinen Strukturen?
- Was hat beispielsweise die Niere mit dem Knie zu tun?
- Was hat eine verringerte Außenrotationsfähigkeit der linken Schulter mit dem Gaster, also dem Magen, zu tun?
- Warum kann eine Ballerina links und rechts nicht gleichmäßig gut in den Spagat gehen?
- Was hat das mit dem Dickdarm zu tun?
Solche Sachen zu erkennen und zu verstehen, das ist die Wissenschaft der Osteopathie. Man benötigt ein sehr tiefes Verständnis vom Körper und seinen Funktionen.
Dazu hat Andrew Taylor Still, der Begründer der Osteopathie, eine Philosophie entwickelt. Wenn ein Osteopath seine Hände auf Deinen Körper legt, dann fühlt er sehr viel und bekommt einen ganz tiefen Eindruck. Er fühlt Sachen, die Du selbst vielleicht längst vergessen hast. Ich kann Dir dazu gerne gleich ein Beispiel geben, wenn Du magst.
Ein Osteopath will die primäre Fehlfunktion im Körper finden und auflösen. Meist löst er dadurch eine Kaskade aus wie mit Dominosteinen. Dann funktioniert der Körper auf einmal wieder. Dysbalancen können korrigiert werden, und andere Strukturen heilen.
Mark: Das heißt, irgendwo gibt es eine Art Flaschenhals. Und sobald der aufgelöst ist, funktioniert die ganze Maschine wieder?
Steffen: Ganz genau. Die Physiotherapie beschäftigt sich viel mit Massagen, mit Übungen und Dehnungen. Natürlich gibt es im Bereich der Physiotherapie die Manualtherapie, in der die Gelenke auch gegeneinander verschoben werden. Aber das Einrenken ist einem Physiotherapeuten beispielsweise nicht gestattet, das macht der Chiropraktiker oder Osteopath.
Mark: Eben hattest Du ein Beispiel erwähnt. Erzähl es uns.
Steffen: Ich musste an eine bestimmte Patientin denken. Die Dame kommt zu mir und kann den linken Arm nicht heben. Als ich den den Arm anfasse, weiß ich, das irgendetwas nicht stimmt. Ihre Schulter fühlt sich sonderbar an.
Wenn ich einen Befund mache, dann frage ich auch nach Operationen, Vorerkrankungen und natürlich auch nach Sachen wie Metastasen im Körper und so weiter. Diese Patientin sagt mir, sie sei gesund und habe keine OPs gehabt.
Normalerweise passiert es bei mir nie, dass nach einer Behandlung gar keine Verbesserung eintritt. In diesem Fall ist es anders. Sie kommt zur zweiten Behandlung und ich frage sie: „Wie ist es nach der Behandlung gewesen?“ Sie sagt, nichts habe sich verändert.
Also nehme ich ihre Schulter wieder in die Hand und frage: „Sorry, darf ich bitte mal an Ihren Bauch?“
Sie antwortet: „Okay. Und warum?“ Als sie ihr Top hochzieht, sehe ich die Narbe auf ihrem Bauch.
Ich frage sie nach dieser Narbe, und sie sagt: „Ach, das habe ich ganz vergessen zu erzählen. Ich habe dort einen kindskopfgroßen Tumor gehabt.“
So stellte sich heraus, dass diese Narbe Verwachsungen und Verklebungen im Körper hervorgerufen hat, die dazu beitrugen, dass die linke Schulter nicht funktioniert hat. Ich habe dann direkt an der Narbe gearbeitet und dann ging es auch wieder mit der Schulter.
Mit einem rein physiotherapeutischen Ansatz hätte ich diese Schulter nicht hinbekommen.
Mark: Gibt es eine wissenschaftliche Begründung für solche Zusammenhänge?
Steffen: Ja, absolut. Wie genau die Narbe im Körper der Patientin verlief, kann nicht sagen. Aber der Magen hängt am Zwerchfell. Und das Zwerchfell ist der Abschluss des oberen Thorax. Darüber befinden sich nur noch die Lungen, die Bronchien und das Herz. Dann die Arterie, die Vene und ein Nerv, die durch das Zwerchfell verlaufen.
Wenn beispielsweise der Magen verklebt, der unterhalb des Zwerchfells verläuft, dann kann das Irritationen hervorrufen, die bewirken, dass die Schulter nicht vernünftig funktioniert.
Mark: Empfiehlst Du, bei Beschwerden zuerst immer einen Arzt aufzusuchen? Oder ist es sinnvoll, direkt einen Osteopathen aufzusuchen?
Steffen: Es ist absolut sinnvoll, zuerst eine Diagnose zu bekommen. Die kann in Deutschland durch einen Arzt oder einen zugelassenen Heilpraktiker erstellt werden. Bei einem Allgemeinmediziner bekommen wir in Deutschland glücklicherweise recht schnell einen Termin. Bei einem guten Orthopäden oder Sportmediziner kann die Wartezeit allerdings lang sein. Die meisten Osteopathen sind allerdings auch zugelassene Heilpraktiker. In dem Fall kann man auch direkt zum Osteopathen gehen.
Wie findest Du einen guten Osteopathen?
Mark: Vor unserem Gespräch habe ich Fragen von Dranbleibern eingesammelt. Die folgende Frage kommt von Susi: „Wie finde ich einen guten Osteopathen oder Physiotherapeuten?“ Was macht einen guten Osteopathen, was einen guten Physiotherapeuten aus?
Steffen: Das ist eine großartige Frage! Da muss ich selbst einen Moment nachdenken. (Lacht)
Bei einem Physiotherapeuten ist es meiner Meinung nach ganz wichtig, dass er eine abgeschlossene manualtherapeutische Ausbildung hat. Schön wäre dann noch eine orthopädische manualtherapeutische Ausbildung. So etwas kannst Du im Leistungsspektrum jeder Praxis abfragen und dementsprechend auswählen.
Bei den Osteopathen gibt es Unterschiede. Zum Beispiel dürfte ich als Osteopath zwar auch Kinder behandeln, aber in der Behandlung von Kinden habe ich nur begrenzte Erfahrungen. Mein Spezialgebiet sind eher chronische oder chirurgisch-orthopädische Erkrankungen bei Erwachsenen.
Wenn Du einen Osteopathen suchst, dann fragst Du ihn am besten, ob er sich mit Deiner Symptomatik auskennt: „Haben Sie Erfahrung mit Läuferknien, Sprunggelenkverletzungen, Schulter-Arm-Syndrom, Wirbelsäulen- und Rückenschmerzen, etc.?“
Wenn dann ein „Ja“ kommt, ist das ein gutes Zeichen.
Mark: Das heißt, man sollte am besten bei der ersten Kontaktaufnahme nach der Spezialisierung fragen, sofern das auf der Webseite nicht angegeben ist?
Steffen: Absolut. Und das ist für viele Physiotherapeuten ein Thema. Denn der Verdienst in der Physiotherapie ist leider nicht so hoch. Daher versuchen viele Physiotherapeuten, möglichst alle Themengebiete zu bedienen. So kann es sein, dass ein Physiotherapeut neurologische Erkrankungen wie Schlaganfälle und Querschnittslähmungen auf der einen Seite, auf der anderen Seite aber auch Kinder und chirurgisch-orthopädische Themen behandelt.
Bei Ärzten ist die Sache einfacher: Jeder weiß, er geht zum Allgemeinmediziner. Und wenn es nötig ist, geht er beispielsweise zum Kniespezialisten. Oder zum Herzchirurgen.
Darum habe ich mich als mündiger Bürger zu kümmern. Und ich finde, das ist auch nicht weiter schlimm.
Früher, als ich noch meine eigene Praxis hatte, habe ich Menschen an andere Physiotherapeuten und Osteopathen überwiesen, wenn ich der Meinung war, dass sie dort besser aufgehoben wären. Wenn jemand zum Beispiel mit einer neurologischen Erkrankung zu mir kommt, dann will ich das gar nicht behandeln. Denn es ist nicht mein Spezialgebiet.
Dehnen: Sinnvoll oder überflüssig?
Mark: Die nächste Frage ist von Franz: „Wie wichtig ist regelmäßiges Dehnen für den Trainingserfolg?“
Steffen: Das ist sportartspezifisch. Und Dehnen ist meiner Meinung nach Pflicht. Ohne Dehnen kannst Du Deinen Körper nicht elastisch halten. Das ist einerseits extrem bei Leichtathleten, die sich ein bisschen warm machen, und dann dehnen sie sich, bevor sie in die harten Intervalle gehen. Und danach dehnen sie sich nochmal eine Dreiviertelstunde auf dem Boden mit Blackroll und sonstigen Hilfsmitteln. Im Fitnessstudio denkst Du dann, sie machen die Fläche eng. (Lacht). Und in anderen Disziplinen dehnen die Athleten sich auch, ganz klar. Ich halte Dehnen für unverzichtbar.
Mark: Wann sollte man sich im Kraftsport dehnen: Vor dem Training oder nach dem Training?
Steffen: Beim Krafttraining eher nach der Belastung. In Abhängigkeit von der Intensität des Trainings sollte man sehr sensibel mit den Muskelfasern umgehen.
Mark: Was heißt „sensibel“?
Steffen: Wenn Du richtig hart trainiert hast, dann ist der Muskel müde. Ein müder Muskel hat nicht mehr die Energie, dem Dehnungsreiz einen Widerstand zu geben. Daher darf es dann schon ein „liebevolles Dehnen“ sein. Mach es bitte vorsichtig: Höre in Deinen Körper hinein. Schau, was geht und achte auf das Feedback Deines Körpers.
Mark: Bis zum leichten Dehnschmerz, nicht weiter.
Steffen: Genau.
Mark: Welche Dehnübungen empfiehlst Du? Klar, man könnte mit dem Thema „Dehnen“ locker noch eine zweite Trainingseinheit füllen und damit vielleicht eine halbe oder eine Dreiviertelstunde verbringen. Viele von uns sind vermutlich froh, überhaupt Zeit fürs Workout zu finden. Ich frage Dich nach einer 80-20 Lösung.
Steffen: Kombinationsdehnübungen. Was die meisten von uns brauchen, das ist auf jeden Fall eine Dehnung des Haupthüftbeugers, des Quadrizeps sowie der Bauchmuskulatur. Diese drei Bereiche sind ganz wichtig. Außerdem haben viele Menschen hierzulande eine eingeschränkte Sprunggelenksbeweglichkeit.
Hier sind zwei effektive Dehnübungen, die auf alle der genannten Schwachstellen abzielen:
- Der Fersensitz. Du kniest Dich hin und bringst Deinen Popo auf die Fersen. Zwischen Po und Fersen sollte kein Abstand mehr sein. Wer es schafft, darf dann die Arme hinter sich bringen an seinen Rücken, und dann kann er sich nach hinten weiter überdehnen. Mit dieser Übung beziehst Du auch Quadrizeps und Haupthüftbeuger mit ein.
- Der Kniestand. Du kniest Dich hin, kommst mit dem Oberkörper hoch, und dann legst Du die Hände hinten auf den Popo. Richte Dich auf. Brust raus, Schultern zurück. Dann gehst Du in eine Überstreckung, so dass der Hüftbeuger gedehnt wird.
Das sind zwei schöne Dehnungsübungen, bei denen die meisten, die sonst im Stehen dehnen, auf einmal merken, wie viel Ausweichbewegungen sie dabei gemacht hatten.
Was hilft bei Achillessehnenbeschwerden?
Mark: Die folgende Frage von Florian passt gut zum Thema Beweglichkeit: „Wie kann eine Achillessehnenentzündung entstehen? Angenommen, ich würde nicht laufen gehen, sondern nur einmal pro Woche Bodyweight-Kniebeugen machen, was hilft dagegen?“ Auch bei Läufern ist eine Achillessehnenentzündung nicht ungewöhnlich. Kannst Du dazu generell etwas sagen?
Steffen: Die Achillessehnenentzündungen entstehen durch verschiedene Fehlfunktionen des Körpers. Wichtig ist auf jeden Fall, immer wieder die Faszienrolle zu benutzen und den Gastrocnemius, den Wadenmuskel, damit ausgiebig zu bearbeiten.
Auch das Dehnen auf einer Treppe ist sinnvoll. Das heißt, der Vorfuß steht auf einer Treppenstufe, so dass Du die Ferse deutlich weiter nach unten bringst, um die Achillessehne zu dehnen.
Um jedoch eine konkrete Lösung zu bieten, stellt sich auch die Frage, wodurch die Achillessehnenentzündung überhaupt entstanden ist? Was genau war die Fehlfunktion?
Bei Läufern stellen sich folgende Fragen: Funktioniert der Fuß vernünftig? Ist die Hüfte in Ordnung? Wo sind Muskeln verkürzt? Wie kommt der Fuß beim Laufen auf? Wurden die Laufsteigerungen, die Kilometerzahlen oder die Zeitintervalle vernünftig aufgebaut? Oder wurde der Laufumfang in kurzer Zeit von acht auf dreißig Kilometer pro Woche gesteigert? Dann ist es eine Überlastungssituation.
Ebenfalls spannend ist die Frage, wo die Entzündung auftritt – links oder rechts? Unsere Psyche beeinflusst auch unseren Körper. Es ist faszinierend, wenn ein Profi mit einem körperlichen Symptom zu mir kommt wir im Gespräch feststellen, dass der eigentliche Stressor emotionaler Natur ist.
Wenn jemand beispielsweise umknickt und ich dann so frage: „Na, Schluss gemacht mit der Freundin?“ – „Ja, woher weißt Du das?“ (Lacht) „Ich habe da so eine Eingebung gehabt!“ Dann ist das einerseits etwas, über das wir lachen können. Aber ich denke auch, es ist auch ein schönes Beispiel für alle Dranbleiber.
Mentale Themen schlagen sich eben auch im Körper nieder. Wir dürfen sie berücksichtigen. Und wenn wir das tun, dann begünstigt das die Heilung. Um das Thema rund zu machen mit der Achillessehne: Wenn die Ursache im mentalen liegt, geht es oft mehr um Coachingsitzungen, als um manuelle Therapie.
Mark: Vermutlich kennt jeder von uns solche Situationen, in denen psychischer Stress sich auch körperlich manifestiert. Simples Beispiel: Jemand nimmt Dir im Straßenverkehr die Vorfahrt. Häufig nehmen wir gar nicht bewusst wahr, wie wir unsere Muskeln in solchen Momenten anspannen. Es leuchtet ein, dass manuelle Therapie in solchen Situationen eher Symptom- als Ursachenbekämpfung ist. Weil die Ursache auf einer anderen Ebene liegt.
Steffen: Und da ist es sehr spannend zu hören, was wir bereits von Michael Schumacher lernen konnten, den ich sehr verehre. Nämlich, in sämtlichen brenzlichen Verkehrssituationen auszuatmen, die Schultern fallen zu lassen, das Herz groß zu machen und sich bewusst zu machen, warum jemand vorgezogen ist. Dann kann man sich meist schon erklären, was passiert ist.
Mark: Laufen und psychische Ursachen für eine Achillessehnenentzündung hast Du nun bereits angesprochen. Wie sieht es mit Krafttraining aus?
Steffen: Auch hier kommt eine Überlastung infrage. Dann braucht die Sehne erst einmal eine gewisse Zeitlang Ruhe. Meist ist die Ursache auch hier eine Dysbalance. Die gilt es zu finden und abzustellen. Ansonsten wird es schwierig. Dann können Achillessehnenbeschwerden ein Dreivierteljahr oder länger bestehen bleiben. In so einem Fall kann Dir ein Profi am besten dabei helfen, die Ursache zu finden und das Problem zu lösen. Und dann geht es auch schnell.
Mark: Im letzten Jahr habe ich eine ähnliche Erfahrung gemacht. Damals hatte ich selbst ein Thema mit meiner Achillessehne. Auf Empfehlung meiner Kollegin Jenny ließ ich mich erstmals bei einer Osteopathin behandeln. Zwei Sitzungen haben gereicht. Zuvor habe ich bestimmt ein halbes Jahr damit laboriert – und dann war die Sache innerhalb weniger Wochen überwunden. Es war tatsächlich eine Dysbalance, die die Osteopathin im Gegensatz zu zwei Orthopäden, sofort erkannte. Soweit ich weiß, übernehmen selbst gesetzliche Krankenkassen die Kosten eines Osteopathen oft zum Teil, die Privaten meist ganz. So oder so war es eine sinnvolle Investition.
Steffen: Absolut. In der Osteopathie gehen wir davon aus, dass drei, maximal sechs Behandlungen in der Regel genügen. Es sei denn, es handelt sich um eine chronische Erkrankung. Dann sind es natürlich mehr. Ansonsten reichen drei bis sechs Behandlungen – dann ist es gut, und man ist geheilt.
Fördert kaltes Duschen die Regeneration?
Mark: Tobias stellt eine interessante Frage zum Thema „Eisbäder“ und „kaltes Duschen“. Wie sinnvoll ist Kälte, beispielsweise zur Förderung der Muskelregeneration?
Steffen: Wenn solche Mittel der Regeneration benutzt werden, sollten sie auf jeden Fall in der Vorbereitung eingeführt werden. Im Wettkampf möchtest Du Deinen Körper nicht mit ungewohnten Reizen konfrontieren, auf die er im schlimmsten Fall mit einer Verletzung reagieren könnte.
Wer also in der Vorbereitung damit beginnt, kann davon durchaus profitieren. Das Eisbad ist ein erprobtes Mittel, schon seit längerer Zeit. Und wer sich morgens nach der langen heißen Dusche einmal kalt abduscht, tut sich in jedem Fall etwas Gutes.
Mark: Wie sieht es mit Eisbädern nach den Trainingseinheiten aus?
Steffen: Auch die helfen. Denn durch die Belastung entstehen Stoffwechselabbauprodukte in den Muskeln, die durch die Vasokonstriktion, die kältebedingte Gefäßverengung und die spätere Erweiterung der Gefäße schneller abgebaut werden können. Die Regeneration funktioniert dadurch besser.
Was hilft bei Sehnenscheidenentzündung und Läuferknie?
Mark: Alexandra fragt: „Was empfiehlst Du bei chronischer Sehnenscheidenentzündung der Handgelenke im Krafttraining? Hilft es, hier spezielles Krafttraining zu machen – oder schadet es eher?“
Steffen: Liebe Alexandra, wenn ich davon ausgehe, dass Deine Handwurzelknochen völlig in Ordnung sind und Dein Handgelenks frei beweglich ist, dann sollte ein Krafttraining völlig ausreichen und Linderung schaffen.
Mark: Worin kann die Ursache einer Sehnenscheidenentzündung im Krafttraining liegen?
Steffen: In den meisten Fällen liegt es daran, dass die Unterarmmuskulatur nicht ausreichend trainiert und der Bewegungsapparat dadurch überlastet ist. In dem Fall hilft es, Übungen, die Schmerzen verursachen, wegzulassen und die Unterarmmuskulatur mittelfristig aufzubauen.
Mark: Übungen und Trainingspläne zum Thema „Unterarme trainieren“ findest Du auch in Episode 45.
Andrea und Doreen fragen: „Was hilft bei einem Läuferknie?“
Steffen: Der Begriff „Läuferknie“ wird nicht immer ganz trennscharf verwendet. Der medizinische Fachbegriff lautet eigentlich „Patellasehnen-Spitzensyndrom“. Teilweise wird aber auch ein Schmerz an der Außenseite des Knies, am Tractus Iliotibialis als Läuferknie bezeichnet, der von unterhalb des Knies nach innen strahlt.
In meiner Praxis ist es sogar schon vorgekommen, dass jemand auf der Innenseite am Pes anserinus Probleme hat. Das ist der Krähenfuß, der sich aus den drei Muskeln Sartorius, Gracilis und Semitendinosus auf der Oberfläche zusammensetzt. Und dann gibt es noch einen tieferen Sehnenansatz am Knie, der ebenfalls Schmerzen verursachen kann.
Ich nehme jetzt mal an, dass es ein klassisches Patellaspitzensyndrom ist. Auch hier spielt der Trainingsumfang eine Rolle: Wurde das Training in wenigen Wochen drastisch im Umfang gesteigert? Gibt es Verkürzungen, Dysbalancen, einen Beckenschiefstand oder Probleme mit der Fußmuskulatur? Wie ist die Stützfunktion des Fußes? Ist der hintere Oberschenkelmuskel stark genug, um das Knie zu halten? Falls nein, kann das dazu führen, dass das Knie vorne an der Patellaspitze überlastet wird.
Mark: Lass uns den Begriff noch einmal klären: „Patella“ ist die Kniescheibe.
Steffen: Genau, ja.
Mark: Unter „Patellaspitzensyndrom“ verstehe ich einen stechenden Schmerz unter der Kniescheibe. Während das Tractus Iliotibialis-Syndrom am Außenband, das ebenfalls als „Läuferknie“ firmiert, eher ein dumpfer Schmerz an der Seite ist, der schwerer zu lokalisieren ist. Dann könnt ihr das für Euch einmal nachprüfen, Andrea und Doreen.
Steffen: Der Unterschenkel besteht aus Schienbein und Wadenbein.
Das Wadenbein ist der äußere Unterschenkelknochen, und der kann über die Fehlbelastung verrutschen. Und wenn dieser Knochen verrutscht ist, dann funktioniert das Band außen, das Mark gerade genannt hat, der Tractus Iliotibialis nicht mehr richtig. Dann muss das Wadenbeinköpfchen quasi mobilisiert und dann natürlich auch die Oberschenkelaußenseite dementsprechend gedehnt und ausgerollt werden, um eine Linderung zu erfahren.
Mark: Kann man dem vorbeugen? Ich kenne das aus eigener Erfahrung, mit dem Tractus hatte ich häufiger zu tun, als ich noch Marathon gelaufen bin. Damals hat mir auch die Faszienrolle geholfen. Zum Thema „Einlagen“ komme ich gleich noch, dazu haben wir auch eine Frage. Was würdest Du generell empfehlen, um beidem, also Patellaspitzensyndrom und Tractus Iliotibialis-Syndrom, vorzubeugen?
Steffen: Ganz wichtig sind hier auf jeden Fall Laufübungen: Lauf-ABC, akzentuiertes Laufen, Fußgelenkarbeit, kurze Kontraktzeiten am Boden. Darauf solltest Du gerade in der Vorbereitungsphase genug Zeit verwenden. Wenn es hinterher darum geht, schneller zu werden, wenn zum Beispiel 400-Meter-Intervalle gelaufen werden, dann sollte man sich auf jeden Fall mit Hilfe des Lauf-ABCs aufwärmen. Das Lauf-ABC bietet viele Übungen, die guttun. Im Nachgang sollte man sich auf jeden Fall auch hier dehnen. Ganz klar: Die Faszienrolle hilft dabei ebenfalls.
Chiropraktik vs. Physiotherapie vs. Osteopathie?
Mark: Karo fragt: „was hältst Du von Chiropraktik im Vergleich zu Physiotherapie und Osteopathie?“
Steffen: Was ich jetzt sage, hören einige Chiropraktiker vermutlich nicht so gerne. Historisch wird davon ausgegangen, dass sich die Chiropraktik aus der Osteopathie entwickelt hat.
Das Einrenken, die Chiropraktik, kann wirklich sehr gut helfen. Sie muss aber auch sehr gut ausgeführt werden, weil ansonsten tatsächlich Schädigungen im Kapsel-Band-Apparat entstehen können. Es können sogar Nervenproblematiken entstehen, wenn man falsch einrenkt.
Ein Osteopath hat das ebenfalls gelernt, und er berücksichtigt auch noch andere Strukturen der inneren Organe und der Muskulatur und behandelt diese dann auch noch mal mit. Oftmals ist es nicht nur damit getan, jemanden einzurenken, einen Becken- oder Lendenwirbel einzurenken oder ein Knie. Es ist also kein Allheilmittel.
Ein ganzheitlicher Ansatz, der die Funktionsweise des gesamten Körpers einbezieht, ist dann zielführender.
Ausfallschritte: Welche knieschonenden Alternativen gibt es?
Mark: Christina fragt: „Welches sind die besten knieschonenden Ersatzübungen für Ausfallschritte und Kniebeugen? Was würdest Du empfehlen?“
Steffen: Geführte Übungen am Gerät. Das heißt Beinpresse, Beinbeuger, und auf jeden Fall Wadenmuskel und Gesäßmuskel trainieren.
Angenommen, Du wiegst 60 Kilogramm. Dann solltest Du mit Hilfe der Geräte langsam dorthin kommen, dass Du Dein Körpergewicht wegdrücken kannst – zum Beispiel in der Beinpresse. Im nächsten Schritt kannst Du das Bewegungsmuster der Beinpresse im dreidimensionalen Raum ausführen – zum Beispiel in Form von Kniebeugen. Und sobald das funktioniert, würde ich auf jeden Fall sehr viel Koordination trainieren.
Der Ausfallschritt kann sowohl nach vorne als auch nach hinten durchgeführt werden. Das sind unterschiedliche Herangehensweisen mit unterschiedlichen Anforderungen an Nerven hinsichtlich der Umsetzung. Hinzu kommt, dass es beim Ausfallschritt schwieriger ist, das Gleichgewicht zu halten als bei der Kniebeuge.
Nach einer einbeinigen Kniebeuge fragst Du zwar nicht, Christina, aber das wäre nochmal eine Klasse besser.
Mark: Und ein schönes Ziel! Ausfallschritt nach vorne oder nach hinten: Was ist Deine Präferenz?
Steffen: Es sollte beides trainiert werden und auch gut ausgeführt werden. Da gibt es ganz tolle, funktionale Übungen, auch im Einbeinstand, quasi als Waage, die man zum Aufwärmen nutzen kann.
Mark: Genau, die Standwaage. Also Hüftbeugung mit einem Bein?
Steffen: Genau. Und daraus resultieren dann der Ausfallschritt nach hinten: Tief runtergehen, die Kniebeuge machen, und dann mit dem vorderen Bein so abstoßen, dass die Füße wieder zusammenstehen. Dann sammelst Du Dich kurz, um darauf mit dem anderen Bein so nach hinten zu gehen, die Standwaage zu machen, Ausfallschritt, tief runtergehen, die Kniebeuge machen, und dann mit dem vornestehenden Bein wieder zurückstoßen.
(Anm. Mark: In diesem Video siehst Du eine Variation der Übung mit Oberkörperrotation)
Kann die myofasziale Selbstmassage einen Masseur ersetzen?
Mark: Die nächste Frage kommt von Julia: „Auf der einen Seite kann ich natürlich zum Masseur gehen und mich massieren lassen, auf der anderen Seite kann ich mich mit Blackrolls und Lacrosse Bällen selbst massieren. Ersetzt das eine das andere? Tragen diese myofaszialen Selbstmassagen zur Regeneration bei oder schaden sie eher?“
Steffen: Das Schöne bei diesen Blackrolls oder Trigger Point Grids, die es zu kaufen gibt, ist folgendes: Du kannst die Intensität selbst bestimmen.
Nehmen wir an, Du rollst die Wade aus. Dann befindest Du Dich im Langsitz (Anm. Mark: gerader Rücken, gestreckten Beine, Gewicht ist gleichmäßig auf beide Seiten verteilt.). Nun kannst Dich mit Deinen Händen hinter Deinem Körper abstützen und kannst nur ein Bein auf die Rolle legen, um dann die komplette Länge des Muskels auszurollen.
Natürlich solltest Du – und viele tun das nicht – unterschiedliche Anteile des Muskels mit ausrollen. Also nicht einfach nur das Bein so auf die Rolle legen, dass der Fuß senkrecht zur Decke zeigt. Sondern dann auch mal den Fuß nach innen oder nach außen drehen, um alle Anteile des Muskels auszurollen.
Sobald sich das angenehm anfühlt, gehst Du den nächsten Schritt: schlage das nicht auf der Rolle liegende Bein über das andere und rolle die Wade weiter aus. In dieser Position kannst Du den Fuß des unteren Beins nach innen oder außen bringen, um den gesamten Muskel auszurollen.
Keine Sorge: Schaden kannst Du Dir damit nicht. Denn unser Körper kann sich auf diese Weise nicht selbst schaden.
Übrigens gibt es bei Entzündungen der Achillessehne oder anderer Sehnen auch etwas Positives: Wenn die Achillessehne wehtut, wird sie nicht reißen. Ein Achillessehnenriss passiert spontan. Das heißt: Erst merkst Du nichts und im nächsten Schritt macht es „Peng!“
Es knallt wie eine Peitsche – und beim nächsten Schritt fällst Du auf die Nase.
Die Frage ging ja noch weiter: Die Selbstmassage ersetzt natürlich keine Massage. Denn so, wie der Masseur oder der Physiotherapeut die Finger einsetzen kann, so exakt, so fein und so gezielt er auf die einzelnen Muskeln eingehen kann, das bekommst Du mit einer Rolle oder mit einem Ball nicht hin.
Mark: Die Selbstmassage ist also gut, die Kombination noch besser?
Steffen: Auf jeden Fall. Die Sportler im Trainingslager haben alle ihre Blackroll und Lacrosse Bälle dabei. Und nach dem Training behandeln sie sich damit selbst, eine halbe bis Dreiviertelstunde lang. Spanned ist auch: Die Profis kommen zu mir nicht zur Massage! Sie kommen, weil sie etwas Konkretes haben. Und dann wollen sie wirklich Hilfe erfahren im Sinne von Lösen von Verklebungen und so weiter. Eine klassische Standard-Massage gibt’s hier am Olympiastützpunkt nicht!
Mark: Es geht also nicht um Wellness, sondern darum, die Funktion wiederherzustellen.
Steffen: Absolut, genau.
Wann sind Sporteinlagen sinnvoll?
Mark: Die nächste Frage kommt von Roxann: „Was ist Deine Einschätzung bezüglich der Wirksamkeit von orthopädischen Einlagen? Gibt es eine sinnvolle physiotherapeutische Maßnahme gegen Senk-, Spreiz- oder Knickfüße?“ Und weiter: „Danke und viel Spaß beim Interview!“ Danke, Roxann, haben wir!
Steffen: Hey Roxann, danke für die schöne Frage! Übungen gegen Senk-, Spreiz- und Knickfüße gibt es. Und die darfst Du sehr regelmäßig durchführen. Hier sind also Dranbleiberqualitäten gefragt.
Mark: Welche Art von Übungen sind das?
Steffen: Es gibt verschiedenste Möglichkeiten. Hier sind ein paar Beispiele:
- Du kannst abends vor dem Fernseher sitzend mit einem Golfball barfuß die Fußunterseite ausrollen. Die Muskulatur unter dem Fuß heißt Plantaraponeurose. Diese Plantaraponeurose ist oft sehr, sehr fest. Sie mit dem Golfball durchzurollen, das bringt Spaß – und bringt Freude ins Gesicht.
- Dann gibt es den so genannten „kurzen Fuß nach Janda„. Wenn Du von oben auf den Fuß schaust, willst Du die Strecke zwischen Hacke und großem Zeh verkürzen. Das ist die zweite Übung, die Dir hilft.
- Drittens sind Greifübungen mit den Fußfingern empfehlenswert. Du nimmst Dir eine Tageszeitung oder ein Blatt Papier und fängst an, mit Deinen Füßen Papierflieger zu falten. (Lacht) Das ist eine Möglichkeit.
Mark: Das würde ich gerne mal sehen! (Lacht)
Steffen: Angenehm ist auch Folgendes: Wenn Du Deinen linken Fuß behandeln willst, bringst Du die Handfinger der rechten Hand zwischen die Fußfinger. Dann dehnst und mobilisierst Du mit der Hand die Beweglichkeit Deiner Fußfinger. Das sind vier effektive Übungen, in die Du sinnvoll investieren kannst.
Mark: Das sollte man alles täglich machen?
Steffen: Auf jeden Fall. Zur Frage nach den Einlagen: Meine Erfahrung mit orthopädischen Einlagen ist leider, dass das Sanitätshaus an der Ecke in den allermeisten Fällen keine adäquate Einlage produzieren kann.
Es reicht als Einlage zum Spazierengehen. Aber wenn Du tatsächlich Probleme beim Training hast, solltest Du schon zum Spezialisten gehen.
Falls Du nicht sicher bist, wo es jemanden in Deiner Stadt gibt, kannst Du mich gerne fragen und ich schaue mal, wo es einen Spezi in Deiner Nähe gibt, der so etwas kann.
Das High End-Produkt der Einlage ist eine sensomotorische Einlage. Das Paar kostet 300 bis 400 Euro – je nach Stadt und je nachdem, wer sie produziert. Allerdings bringen solche sensomotorischen Einlagen Dich wirklich nach vorne. Hier ist noch ein kleines Geheimnis für alle Dranbleiber: Alle unsere Athleten verwenden sensomotorische Einlagen.
Mark: In meinen Laufschuhen trage ich auch sensomotorische Einlagen und kann das bestätigen. Wenn ich mich richtig erinnere, habe ich für ein Paar ca. 250 Euro bezahlt. Der beste Einlagenmacher, den ich hier in Hamburg kenne, ist Holger Lütz. Dort lasse ich seit mindestens zehn Jahren meine Sporteinlagen fertigen. Er ist auf Leistungs- und Breitensportler spezialisiert.
Im Gegensatz zu den Einlagen aus dem Sanitätshaus stützen diese gar nicht so sehr. Sie triggern Deine Fußmuskeln so, dass der Fuß sich selbst stützt. Fühlt sich gut an. Ich trage diese Einlagen gerne.
Was hilft bei Taubheitsgefühlen?
Mark: Wolfram hat ein Taubheitsgefühl auf seiner linken Seite, weil er dort eine Lähmung manifestiert hat. Gibt es etwas, was in solchen Fällen hilft?
Steffen: Hier wüsste ich gerne mehr Details. Ist es der Arm, ist es das Bein, was kann er generell nicht, wenn eine Lähmung da war? Wodurch ist die Lähmung gekommen? Das sind die Fragen, die ich mir gerade stelle, um Wolfram zu helfen.
Ist es tatsächlich eine Nervenläsion gewesen, ist es ein Bandscheibenvorfall gewesen? Ist es eine zentrale Geschichte gewesen mit der Lähmung? Ist die Lähmung vielleicht durch eine Operation entstanden? Was sind die Schmerzen, sind es Missempfindungen, Kribbelparästhesien? Da gibt es verschiedene Symptome und Ursachen.
Ganz generell: Wenn der Nerv erst einmal richtig geschädigt ist, dann gibt es nur wenig Aussicht auf Erfolg. Was Du ansonsten machen kannst, ist, die tauben Areale mit einem Igelball zu massieren. Eiskalte Bäder können ebenfalls helfen.
Macht Barfuß laufen schneller?
Mark: Sibylle fragt: „was hältst Du von Barfußschuhen. Helfen sie, schneller zu joggen?“
Steffen: (Lacht) Geile Frage! Nein. Ich habe selbst Barfußschuhe, und ich trage sie auch ganz gerne. Es ist ein schönes Gefühl an den Füßen. Aber dass sie Dich schneller machen, nein, das nicht.
Mark: Was hältst Du generell davon? Einige Menschen raten davon ab, weil sie der Meinung sind, Barfußschuhe führten zu Überlastungen. Andere sagen, es sei ganz im Gegenteil sehr gut für die Fuß- und Wadenmuskulatur. Dann sehen wir bei Sportschuhen einen Trend in Richtung Barfußgefühl – der „Nike Free“ ist ein Beispiel. Fast jeder Sportschuhhersteller hat inzwischen Modelle im Programm, die weniger stützen. Außerdem sehen wir viele Spitzensportler im Langstreckenlauf, allen voran die Kenianer, viel Barfuß trainieren. Im Wettkampf tragen sie natürlich die Schuhe ihrer Sponsoren. Was empfiehlst Du dem Freizeitsportler?
Steffen: Der Barfußschuh ist sinnvoll, wenn Du ihn zu Hause, beim Spazierengehen oder beim Einkaufen anziehst.
Im Vordergrund steht immer die Frage nach der körperlichen Konstitution und des Körperbaus. Wenn ich mir die Kenianer beim Hannover Marathon anschaue, dann bringen die vielleicht gerade mal 50 Kilo auf die Waage. Ihre Wadenmuskeln sind quasi nicht vorhanden. Es ist nachgewiesen, dass die kenianische Wade circa 120 Gramm leichter ist als die Wade eines normalen Europäers. Wenn Deine Muskeln beim Marathon auf jeder Seite für 20.000 Schritte 120 Gramm weniger Gewicht stemmen müssen, dann führt das zu einem anderen Laufergebnis, als bei einem klassisch weißen Läufer.
Es gibt es wissenschaftliche Untersuchungen, die darauf hindeuten, dass der Hackenknochen bei den afrikanischen Menschen ausgeprägter ist. Das heißt, die Sehne hat einen anderen Hebel. Dieser Hebel ist größer und deshalb können sie schneller laufen. Die Kenianer, die ich schon unter meinen Händen hatte, sind vom Körperbau her tatsächlich ganz anders als die Europäer.
Mark: Ist das eine reine Frage der Veranlagung, oder spielt das Training auch eine Rolle?
Steffen: Das ist sicherlich eine genetische Prädisposition. Ein Kenianer hat vielleicht eine Beckenbreite von 35-40 Zentimetern. Da kommen wir beide nicht hin. Ich sowieso nicht, denn ich bin groß gewachsen. Je schmaler das Becken, desto effizienter die Laufbewegung – da kann ich einfach nicht mithalten. Das sollte im Hinterkopf behalten, wer seine Marathonzeit verbessern will.
Um auf die Barfußschuhe zurückzukommen: Für die meisten ist es nicht sinnvoll, lange Läufe in einem Barfußschuh zu absolvieren. Es ist sicherlich erstrebenswert, auf dem Vor- oder Mittelfuß zu landen und damit möglichst kurze Kontaktzeiten zu haben. Auch der Körperschwerpunkt sollte möglichst gerade und das Becken aufrecht bleiben. Wenn ich meine Läufer am Maschsee beobachte, dann sind die meisten damit schon gut damit beschäftigt.
Mark: Du empfiehlst also, vor allem an der Lauftechnik zu arbeiten?
Steffen: Absolut.
Mark: Barfußlaufen ja, aber nicht unbedingt auf der Langstrecke, sondern eher bei kurzen Läufen oder in der Freizeit?
Steffen: Genau.
Mark: Vieles davon deckt sich mit meinen Barfußlauf-Erfahrungen. Ich liebe meine Barfußschuhe und bewege mich im Alltag möglichst viel barfuß. Auch mit längeren Läufen habe ich experimentiert, was in meinem Fall auch zu Überlastungen des Bewegungsapparates geführt hat. Daher empfehle ich auch, Barfußschuhe im Lauftraining vorsichtig einzusetzen.
Cranio-Sacral-Therapie: Was ist das, was bringt es?
Mark: Aljoscha fragt: „Was ist eine Cranio-Sacral-Therapie, und was hältst Du davon?“
Steffen: Die Cranio-Sacral-Therapie setzt sich zusammen aus dem Wort „Cranio“ – „Kopf“ und „Sacral“ – „Kreuzbein„. Es ist also eine Kopf-Kreuzbein-Therapie. Der Kopf, das Cranium, setzt sich aus 22 teils paarig angelegten Knochen zusammen und hat über das Rückenmark und die rückenmarksumgebende Haut eine Verbindung zum Kreuzbein.
Man geht davon aus, dass eine Behandlung der Kopfknochen eine Auswirkung auf den ganzen Körper hat. Denn im Kopf gibt es verschiedene Strukturen und Ströme. Mit Strömen meine ich übrigens keine elektrischen Impulse, sondern Bewegungen.
Über die Therapie kann man die einzelnen Schädelknochen voneinander lösen, so dass es zu einem so genannten „Aufatmen“ der Schädelknochen gegeneinander kommt. Das hat eine Auswirkung auf das Kreuzbein. Ich kann auch über das Kreuzbein arbeiten, um dann das Rückenmark so zu aktivieren, dass sich auch am Kopf etwas verändert.
Es ist eine sehr sanfte Therapie, die viel Einfühlungsvermögen in den Patienten bedarf. Es ist eine schöne Therapieform, die – je nach Problematik – gut helfen kann.
Mark: In welchen Fällen hast Du mit der Cranio-Sacral-Therapie gute Erfahrungen gemacht?
Steffen: Generell, wenn ein Körper sehr gestresst ist. Migräne, Kopfschmerzen, Augenprobleme, Hörprobleme, Kiefergelenksbeschwerden – für solche Symptome ist die Cranio-Sacral-Therapie geradezu prädestiniert. Aber auch, um einfach nur Stress abzubauen.
Mark: Diese Therapieform dient also dazu, das Nervensystem runterzufahren?
Steffen: Ja, das ist eines der beeinflussten Systeme. Der Nerv sitzt in einer Nervenscheide und ist von Nervenflüssigkeit umgeben. Innerhalb des Kopfes befindet sich eine Art „Stausee“ der Nervenflüssigkeit. Wenn ich diesen craniosacral behandle, dann bewirke ich einen schnelleren Austausch des „Nervenwassers“.
Was tust Du, wenn Du ungewöhnliche Symptome bemerkst?
Mark: Martin hat eine generelle Frage: „Was sollte man tun, wenn man eine Auffälligkeit bemerkt?“ Als Beispiel nennt er eine Instabilität im Knie oder Schmerzen in der Schulter.
Es gibt einen Unterschied zwischen dem Muskelbrennen, das ich beim Krafttraining und anderen intensiven Belastungen fühlen will und Schmerz-Signalen meines Körpers. Ich meine den Unterschied zwischen Be- und Überlastung. Woran erkennt man, dass diese Grenze überschritten ist – und was ist dann zu tun?
Steffen: Wenn tatsächlich eine Schädigung des Körpers vorliegt, ist das Gefühl oder gar der Schmerz so groß, dass Du definitiv nicht weitermachen willst.
Angenommen, Du trainierst Deine Arme mit hoher Intensität, meinetwegen mit Pyramidensätzen. Auf dem Heimweg fasst Du das Lenkrad nur noch unten an. Du freust Dich, wenn Du die Arme einfach runterhängen lassen kannst. Und wenn Du Dich am nächsten Morgen fragst, ob Du Deine Kaffeetasse anheben kannst oder damit doch besser bis zum Mittag wartest, dann ist es eine Überlastungssituation. Dann machst Du einfach ein bisschen Pause. Dann bist Du wahrscheinlich einfach so übersäuert, dass Du am besten über Muskelregeneration arbeitest. Und sobald Du Dich erholt fühlst, machst Du weiter. Ich hoffe, meine Antwort ist so in Ordnung.
Mark: Hier ist noch ein Tipp. Wenn ein Schmerz im Training mit jedem Satz, jeder Übung und jedem Training kontinuierlich zunimmt, dann ist auch das ein Indiz für eine Über- oder Fehlbelastung. Und wertvolles Feedback, zu entlasten und das Training anzupassen.
Steffen: Genau.
Harte oder weiche Matratze: Worauf schläft es sich gesünder?
Mark: Die letzte Frage ist von Sascha: „Muskeln wachsen im Schlaf. Doch was ist der perfekte Untergrund zum Schlafen, eine weiche Matratze oder lieber ein harter Boden?“
Steffen: Ich mache mir das wirklich einfach. Die meisten, die früher zu mir in die Praxis gekommen sind, haben einen so weichen Körper, dass sie einfach mehr trainieren könnten und sollten. Was heißt das? Wir leben in einem Zeitalter, in dem es viel Schlafkultur gibt. Andererseits bewegen wir uns im Alltag sehr wenig.
Wenn wir 300 Jahre in der Zeit zurückreisen, dann gab es das alles nicht. Wenn überhaupt, hast Du in einem Heubett geschlafen. Und die Menschen haben trotzdem gelebt. Zugegeben, mir sind keine Aufzeichnungen darüber bekannt, ob sie Rückenschmerzen hatten oder nicht.
Am besten hörst Du in Deinen Körper hinein, Sascha: Was fühlt sich für Dich gut an? Viele Menschen geben die Verantwortung für ihren Körper an der Stelle ab, ob an ihren Arzt oder das Bettenhaus. Am besten ist es, wenn Du die Verantwortung für einen gesunden, starken Körper übernimmst und lernst, auf seine Signale zu hören. Und da Du Mark folgst, tust Du das schon ganz gut. Nimm die Matratze, mit der Du Dich wirklich wohlfühlst. Das ist meine Empfehlung.
Welche Gesundheits- und Fitnessprinzipien gelten heute genauso, wie vor 20 Jahren?
Mark: Vermutlich hast Du in den letzten zwei Jahrzehnten viele Gesundheitstrends kommen und gehen sehen, Steffen. Was gilt heute immer noch genauso wie damals, als Du damals mit dem Leistungssport gestartet bist?
Steffen: „No Pain, No Gain!“ Damit meine ich: Wenn Du Fortschritte machen und einen definierten Körper haben möchtest, dann dürfen die Muskeln auch mal brennen.
Damals, als ich noch in der Reha gearbeitet habe, fragten Patienten mich oft: „Aber nicht, dass ich dann hinterher solche dicken Oberarme mit Adern habe, Herr Grasalewski. Das möchte ich nicht!“ Wer wirklich stark werden will, darf Schweiß und Energie in sein Training investieren. Und es ist okay, wenn die Muskeln dabei ordentlich brennen. Dieses Prinzip gilt nach wie vor.
Heute weiß ich – und das haut mich immer wieder vom Hocker – wie sehr die Ernährung mit einer guten Figur zusammenhängt. Ein weiterer Faktor, der mich fasziniert und begeistert, ist das mentale Training.
Wie sieht mentales Training im Profisport aus?
Mark: Lass uns beim mentalen Training bleiben. Welche mentale Hürden beobachtest Du typischerweise in Deiner Arbeit mit Leistungssportlern? Wie entwickeln sie die mentale Stärke, die sie im Wettkampf und im Training erfolgreich macht?
Steffen: Hier ist ein Faktor, den ich bei allen erfolgreichen Athleten beobachte: Sie meditieren täglich. In der Arbeit mit den Sportlern, die ich unterstütze, nutze ich häufig Trancen und Regenerationsgeschichten.
Ich arbeite viel mit Bildern. Das heißt, ich lasse den Sportler sehen, wie er auf dem Treppchen steht. Er sieht, wie er Erfolg hat. Ein Ruderer visualisiert, wie sein Boot eine Länge oder eine Luftkastenlänge Vorsprung hat. Eine Judoka, wie sie erfolgreich von der Matte geht.
Ein weitere Herausforderung ist, die Nervosität im Wettkampf zwar zu überwinden, dabei aber dennoch den Fokus zu behalten. Beim Judo gibt es einige Athleten, die immer erst dann „wach“ sind, wenn es einmal wehtut und sie auf der Matte landen. Erst dann funktionieren sie richtig. Mentales Training heißt hier, ihnen diesen Glaubenssatz zu nehmen: „Du kannst von der ersten Sekunde an 100% präsent sein.“
Oft geht es darum, den Fokus immer wiederzufinden, bestimmte Situation in Gedanken wieder und wieder durchzugehen, den 100-Meter- oder 400-Meter-Lauf auch in Gedanken immer wieder zu trainieren. Oder den Ball im Tennis in Gedanken zu vergrößern, so dass Du ihn leichter und besser triffst.
Wie gehst Du mit Rückschlägen und Niederlagen um?
Mark: Auf der Matte landen ist eine schöne Metapher. Vermutlich hat sich jeder von uns schon einmal etwas vorgenommen, und dann klappte es nicht so, wie geplant. Wie hilfst Du Deinen Athleten dabei, mit Rückschlägen umzugehen?
Steffen: Du musst immer einmal mehr aufstehen, als Du hinfällst. Dieser Spruch ist schon so platt, den will keiner mehr hören. Wir leben in einer schnelllebigen Zeit, in der es um schnellen Erfolg, schnellen Konsum und schnelle Bedürfnisbefriedigung geht. Das Motto lautet: „Jetzt, sofort, gleich, ich!“
Das sind keine langfristigen Erfolgsrezepte, auf lange Sicht funktionieren sie einfach nicht. Gerade im Trainingsbereich darf man auch einmal eine Niederlage haben. Ich denke, für jeden Menschen ist es dann eine Stärke, sich selbst in Liebe anzunehmen und zu schauen, was ist mir denn da gerade passiert?
In solchen Situationen hilft es, die einzelnen Gefühle zu durchleben. So kann ein Gefühl der Wut, zum Beispiel über eine Verletzung, zu einer Kraftquelle werden. Der nächste Schritt ist dann nämlich, bildlich gesehen, das Aufstehen.
Vielleicht hast Du eine Pinnwand oder ein Visionboard, auf dem Du Deine Ziele visualisierst. Und wenn Du dort Deinen „perfekten Körper“ siehst und feststellst: „Okay, im Moment kann ich meine Beine nicht trainieren. Aber ich kann trotzdem meinen Bauch trainieren. Und ich kann meinen Rücken trainieren.“ Dann machst Du weiter und bleibst an Deinem Ziel dran.
Den Rückschlag kannst Du akzeptieren und vielleicht sogar einen Weg finden, dankbar dafür zu sein. Natürlich ist das manchmal eine absolute Herausforderung. Auch, wenn ich es so leicht dahin sage: Auch der Umgang mit Rückschlägen ist Training. In einigen Fällen hartes, aber notwendiges Training.
Gibt es Erfolge, die Du mit uns teilen willst?
Mark: Gibt es ein oder zwei besondere Erfolge aus Deiner Laufbahn, die Du mit uns teilen kannst? Was fällt Dir dazu als Erstes ein?
Steffen: Da tue ich mich immer schwer, Mark. Ich bin sehr zurückhaltend … (überlegt) Okay, dazu fällt mir eine Begebenheit ein. Es ging um eine Kanusportlerin.
Sie kam aus Berlin zu mir, nachdem sie dort bereits acht, neun Wochen vergeblich behandelt wurde. Zuvor hatte ich ihren Vater in Behandlung und er empfahl ihr meine Unterstützung. Sie hatte Probleme dabei, in ihr Boot zu kommen – das war ihr Thema. Wir mussten nur eine halbe Stunde zusammenarbeiten, dann konnte sie diese Bewegung wieder ausführen.
Sie ist mir in der Behandlung völlig entgleist, und bei dem Gedanken daran bekomme ich heute noch eine Gänsehaut. Sie hat so sehr geweint, weil sie es überhaupt nicht begreifen konnte, dass sie mehrere Wochen in Berlin behandelt wurde und keiner konnte ihr helfen. Dann kam sie zu mir, und in kurzer Zeit war alles gut. Es geht mir dabei nicht um mich, sondern es geht mir darum, dass ich helfen durfte.
Das war ein solch berührendes Erlebnis. Und jetzt ist sie Weltmeisterin. Das sind einfach Sachen, die mir nicht täglich passieren. Für solche Erlebnisse lohnt es sich, jeden Morgen aufzustehen, da zu sein für die Athleten, immer wieder neugierig zu sein und zu hinterfragen: Was ist das jetzt, was hat derjenige, und wie kann ich ihm helfen? Wie kann ich das Werkzeug sein, um ihm zu helfen, damit er seine Leistung entfalten kann? Dafür bin ich sehr dankbar.
Die Glaubensfrage …
Mark: Gibt es etwas, von dem Du glaubst, was nur wenige Menschen glauben?
Steffen: Es gibt mehr zwischen Himmel und Erde als das, was wir sehen.
Mark: Wo findet man Dich am leichtesten, um mit Dir in Kontakt zu treten?
Steffen: Meine Internetseite ist mysportcoach.eu, da findest Du mich und alle Kontaktdaten. Anfragen erreichen mich am besten per WhatsApp oder SMS – das ist für mich am leichtesten zu beantworten. Oder auch per Email. Denn wenn ich behandle und bei den Sportlern bin, kann ich nicht ans Telefon gehen.
Vielen Dank, dass ich hier sein durfte! Es ist mir ein großes Vergnügen, Deine Community kennenzulernen und Fragen beantworten zu dürfen.
Mark: Ich habe zu danken, Steffen. Schön, dass Du hier warst! Weitere Infos zu unserem Gespräch – wie auch ein paar Buchempfehlungen von Steffen findest Du wie immer in den Shownotes zum Gespräch. Vielen Dank fürs Zuhören!
Frage der Woche: Welche Erfahrungen hast Du mit osteopathischen Behandlungen gemacht? Was hilft Dir dabei, verletzungsfrei zu trainieren? Teile Deine Erfahrungen und schreib einen Kommentar.
Bildquellen
Fotos im Artikel „Was macht ein Osteopath“: © Steffen Grasalewski.