Fettabbau, Muskelaufbau – wie legst Du den Schalter von “abnehmen” auf “Muskeln aufbauen” um?
Dass Fettabbau und Muskelaufbau gleichzeitig nicht möglich sind, hatten wir an anderer Stelle bereits geklärt.
Aber wie steuerst Du eigentlich, ob Du Fett ab- oder Muskeln aufbaust?
Viele Menschen glauben, das Training mache den Unterschied. Training ist eine gute Idee, aber das kritische Element ist ein anderes…
Also los.
Themenübersicht
- Woran liegt es wirklich, ob Du Muskeln auf- oder Fett abbaust?
- So findest Du Dein Optimum, ohne Deine Figur zu ruinieren
👈👈👈 Tipp: Diesen Artikel gibt’s auch als Podcast
Woran liegt es, ob Du Muskeln auf- oder Fett abbaust?
“Ich baue keine Muskeln auf, ich muss härter trainieren.” Tatsächlich glauben gerade Männer oft, sie würden den falschen Trainingsplan verfolgen, wenn es am Muskelaufbau hapert.
Natürlich, ein Trainingsreiz ist wichtig, wenn Du stärker werden willst. Aber Muskeln sind Luxus für Deinen Körper. Er wird sie nur dann aufbauen, wenn ihm Energie und Baustoffe zur Verfügung stehen. Beides Dinge, die Du über die Ernährung zuführen musst.
Egal, ob Du Muskeln auf- oder Fett abbauen willst: In beiden Fällen hilft Dir richtiges Krafttraining.
Aber den Unterschied macht die Ernährung.
Erinnerst Du Dich an das Modell der Kalorienbilanz aus dem letzten Artikel? Wir haben uns Deinen Körper wie eine Bank vorgestellt, die nur eine einzige Währung akzeptiert: Energie in Form von Kalorien.
Du kannst Kalorien einzahlen und Du kannst sie abheben. Jetzt gibt es drei mögliche Szenarien:
- Form halten: Wenn Du genauso viele Kalorien abhebst (verbrauchst), wie Du einzahlst (isst), hältst Du Dein Gewicht und damit auch Deine Form. Lediglich Einsteiger können unter diesen Bedingungen in den Genuss kommen, gleichzeitig Muskeln aufzubauen. (Fortgeschrittene beneiden sie um diesen Bonus!).
- Fett abbauen: Wenn Du mehr Kalorien ausgibst (verbrennst) als einnimmst (isst), musst Du etwas von Deinem Guthaben “abheben”. Dein Körperfettanteil sinkt. Muskelaufbau ist unter diesen Bedingungen kein realistisches Ziel. Stattdessen solltest Du versuchen, Deine Kraftwerte und damit Deine Muskelmasse zu erhalten, während Du Fett abbaust.
Vorsicht: Wenn das Kaloriendefizit zu groß ist, kann der Schuss nach hinten losgehen! Dazu gleich mehr. - Muskeln aufbauen: Wenn Dein Energiebedarf niedriger ist, als Deine Einnahmen, zahlst Du Kalorien ein. Dein Körpergewicht steigt. Bei einem leichten Kalorienüberschuss und genügend Proteinzufuhr wird Dein Körper die überschüssige Energie hauptsächlich in den Muskelaufbau stecken. Du kannst stärker werden und dabei schlank bleiben.
Vorsicht: Du willst nicht zu hoch ins Kalorienplus gehen, um unnötigen Fettansatz zu vermeiden! Dazu gleich mehr.
Das Prinzip ist also simpel: Wenn Du mehr Kalorien verbrennst, als Du aufnimmst, kannst Du Fett abbauen. Krafttraining verhindert dann, dass Du Muskeln abbaust.
Wenn Du weniger Kalorien verbrennst, als Du aufnimmst, nimmst Du zu. Progressiv schwerer werdendes Krafttraining ist dann Pflicht, wenn Du schlank bleiben willst.
Wieviel Kalorien pro Tag: So findest Du Dein Optimum, ohne Deine Figur zu ruinieren
Die Kalorienbilanz sind tatsächlich nur einer der Bausteine für Deine Nackt-Gut-Aussehen-Lösung. Sie ist ein entscheidend wichtiges Feedbacksystem, das Dir hilft, schlank und stark zu werden.
Die folgenden drei Schritte garantieren, dass Du erfolgreich bist:
- Etabliere ein Feedbacksystem
- Definiere Deine Marschrichtung
- Nutze Feedback, um auf Kurs zu bleiben
Was das konkret bedeutet, erfährst Du jetzt. Lass’ uns die einzelnen Punkte schrittweise durchgehen.
Schritt 1: Etabliere ein Feedbacksystem
Damit Du überhaupt erst feststellen kannst, ob Du Fortschritte machst, brauchst Du ein Feedbacksystem. Dazu gehört auch, dass Du Deinen Körperbau misst (Gewicht, Körperfettanteil, Fotos, etc.).
Für das Thema dieses Artikels ist die Energiebilanz entscheidend. Dazu brauchst Du ein Bild über Deinen Kalorienverbrauch und Deine Kalorienaufnahme.
Verwende eine der hier genannten Formeln, um Deinen aktuellen Kalorienverbrauch abzuschätzen. Ich arbeite meist mit der Mifflin-StJeor Formel. Dieser Wert ist die “Baseline”, mit der Du loslegst.
Danach brauchst Du Deinen Kalorienverbrauch übrigens nicht ständig neu zu kalkulieren. Am einfachsten ist es, wenn Du Deine Kalorienaufnahme anhand Deiner wöchentlichen Fortschritte nachjustierst.
Neu berechnen brauchst Du den Kalorienverbrauch erst, wenn Du Deine Marschrichtung änderst – zum Beispiel, wenn Du vom Fettabbau auf Muskelaufbau wechselst (oder umgekehrt).
Indem Du ein Ernährungstagebuch führst, verschaffst Du Dir einen Überblick über Deine Kalorienaufnahme. Ich weiß, es klingt lästig, die Ernährung zu protokollieren, aber glaub’ mir: Was Du über Lebensmittel und über Dich selbst lernen wirst, hilft Dir nicht nur jetzt, sondern für ein ganzes Leben.
Mit einer Smartphone App und etwas Übung schaffst Du das Ernährungsprotokoll in wenigen Minuten am Tag.
Schritt 2: Definiere Deine Marschrichtung – Fettabbau oder Muskelaufbau?
Jetzt kommt es darauf an, was Dich ans Ziel führt: Willst Du abnehmen oder Muskeln aufbauen? Falls Du jetzt sagst “beides!”, lies bitte hier weiter und komm’ danach an diesen Punkt zurück.
Wie bereits erwähnt, entscheidet in erster Linie die Kalorienbilanz, ob Du Muskeln auf- oder Fett abbaust. Dazu gehst Du wie folgt vor.
Schritt 2.1: Du willst Fett abbauen
Die Prozesse, die in Deinem Körper ablaufen, um Deine Fettdepots zu plündern, sind komplex. Aber die Voraussetzung dafür ist simpel:
Indem Du mehr Energie verbrauchst, als Du aufnimmst, stellst Du ein Kaloriendefizit her.
In der Theorie bedeutet ein Defizit von etwa 3.500 Kalorien pro Woche, dass Du bis zu 0,5 kg Körperfett abbaust. Das erreichst Du idealerweise über eine sinnvolle Kombination aus Training (erhöhter Verbrauch) und Ernährung (reduzierte Aufnahme).
Wie hoch Dein Kaloriendefizit sein sollte, ist relativ.
Je nach Zielsetzung, sollte das Defizit etwa 10-30 % betragen. Dabei sind 10-15% ein konservativer Ansatz. Wenn Du aggressiv vorgehen willst, kannst Du ein Defizit von 25-30% wählen.
Frauen dürfen hier etwas vorsichtiger sein (10 bis max. 20%).
Der Vorteil an einem aggressiven Defizit liegt auf der Hand: Dein Körperfettanteil sinkt schneller. Der Nachteil ist, dass Du dabei riskierst, auch kostbare Muskulatur abzubauen. Außerdem ist mehr Disziplin erforderlich.
Der Vorteil eines konservativen Defizits ist, dass Du vor Muskelabbau geschützt bist, der Prozess angenehmer ist und Dir mehr Spielraum lässt. Andererseits darfst Du etwas mehr Geduld mitbringen. Je niedriger Dein Körperfettanteil liegt, desto konservativer solltest Du jedoch vorgehen.
Beispiel: Konservatives Kaloriendefizit (15%)
- Dein täglicher Kalorienbedarf beträgt 1.979 Kalorien.
- Dein Kaloriendefizit beträgt 15% (0,15 x 1979 = 297 Kalorien).
- Dein optimale Kalorienaufnahme für Fettabbau: 1682 Kalorien.
- Gewichtsabnahme (Prognose): ca. 0,3 kg pro Woche.
Beispiel: Aggressives Kaloriendefizit (30%)
- Dein täglicher Kalorienbedarf beträgt 1.979 Kalorien.
- Dein Kaloriendefizit beträgt 30% (0,3 x 1979 = 594 Kalorien).
- Dein optimale Kalorienaufnahme für Fettabbau: 1385 Kalorien.
- Gewichtsabnahme (Prognose): ca. 0,6 kg pro Woche.
Risiko Hungerstoffwechsel: Wann ist das Kaloriendefizit zu groß?
Ein größeres Kaloriendefizit beschleunigt den Fettabbau. Aber wenn das Kaloriendefizit zu hoch ist, interpretiert Dein Körper das als Hungersnot. Er versucht Dich zu schützen, indem er ein uraltes Überlebensprogramm aktiviert: Stoffwechselrate, Sexdrive, Bewegungsdrang und Kalorienverbrauch sinken ab und Dein Hungergefühl steigt.
Beim Kaloriendefizit gibt es einen Grenzwert, den Du nicht überschreiten willst.
Männer sollten ein Defizit von 30% unter Kalorienbedarf nicht überschreiten. Frauen dürfen etwas vorsichtiger sein: Sie sollten maximal 20% anstreben.
Schritt 2.2: Du willst Muskeln aufbauen
Wenn Du Dich fragst, ob zu zuerst Muskeln aufbauen oder Fett abbauen solltest, dann ist die Antwort simpel:
Fettabbau kommt vor Muskelaufbau.
Sobald Du den für Dich idealen Körperfettanteil erreicht hast, kannst Du Dein Ziel anpassen und stärker werden – wenn Du das möchtest.
Wenn dieser Zeitpunkt gekommen ist, gehst Du wie folgt vor:
- Du trainierst weiterhin mit schweren Gewichten und versuchst, Deine eigenen Rekorde im Training (Gewicht bzw. Wiederholungen bei einer Übung) regelmäßig zu brechen.
- Du erhöhst Deine Kalorienaufnahme langsam und schrittweise, bis Du einen Kalorienüberschuss von etwa 15% erreichst.
Wenn Du bisher mit einem Kaloriendefizit von 20% Fett abgebaut hast, musst Du jetzt deutlich mehr essen!
Beispiel: Kalorienüberschuss für Muskelaufbau (15%)
- Dein täglicher Kalorienbedarf beträgt 1.979 Kalorien.
- Dein Kalorienplus beträgt 15% (0,15 x 1979 = 297 Kalorien).
- Dein optimale Kalorienaufnahme für Muskelaufbau: 2276 Kalorien.
Praxistipp: Warum Du Deine Kalorienaufnahme schrittweise anpassen solltest
Es kann sinnvoll sein, wenn Du Deine Kalorienaufnahme nicht schlagartig, sondern schrittweise erhöhst oder absenkst.
Sobald Du Dir einen Überblick über Deine aktuelle Kalorienaufnahme verschafft und Deinen optimalen Kalorienbedarf berechnet hast, vergleiche die beiden Zahlen. Liegen sie sehr weit auseinander, solltest Du die Anpassung lieber schrittweise vollziehen.
Dadurch fällt es Dir nicht nur leichter, Dich an die neuen Rahmenbedingungen zu gewöhnen. Auch Dein Stoffwechsel passt sich leichter an.
Wenn Du beispielsweise gerade aus einer Fettabbau-Phase in den Muskelaufbau schwenkst, könnte eine zu abrupte Erhöhung der Kalorienzufuhr dazu führen, dass Du unnötiges Fett ansetzt.
In der Arbeit mit meinen Klienten habe ich die besten Erfahrungen damit gemacht, die Energiezufuhr schrittweise um 100-200 Kalorien pro Woche anzuheben bzw. abzusenken.
Mehr zum Thema in diesem Artikel.
Schritt 3: Nutze Feedback, um auf Kurs zu bleiben
Die hier vorgestellten Formeln eignen sich erstaunlich gut, um Deinen Kalorienverbrauch zu berechnen. Dennoch solltest Du bedenken, dass es lediglich Abschätzungen sind, die Dir einen Anfangspunkt liefern.
Und der folgende Punkt gilt für diese Werte ganz genauso wie für alle Empfehlungen, die Du hier von mir bekommst:
Reales Feedback steht an erster Stelle – vor Formeln und Faustregeln.
Es gibt nur eine einzige Möglichkeit, um herauszufinden, ob Deine Abschätzung korrekt ist: Du legst los, nutzt es als “Baseline” und nutzt Dein wöchentliches Feedback, um Anpassungen zu machen.
Wenn Du nicht die Resultate bekommst, die Du Dir erhofft hattest, korrigierst Du Deine Kalorienaufnahme und/oder Dein Trainingspensum.
Diese Feedback-Schleife wiederholst Du, bis Du wieder auf Kurs bist.
Dazu solltest Du Dir auch ein möglichst gutes Bild über Deine Kalorienaufnahme verschaffen. Nimm’ einen typischen Tag und notiere in einem Notizbuch oder einer Ernährungs-App all’ das, was Du an diesem Tag gegessen hast – auch die Kleinen Dinge: Saucen, Hustenbonbons, die Milch im Kaffee, den Workout-Drink…einfach alles.
Nun notierst Du die Nährwerte der Lebensmittel daneben, indem Du Nährwerttabellen wie diese hier verwendest. Eine Smartphone App nimmt Dir diese Arbeit ab. Summiere die Werte auf und Du hast ein gutes Bild von Deiner Kalorienaufnahme.
Tipp: Falls Du Dich jeden Tag anders ernährst, nimm bitte drei Tage und bilde einen Durchschnitt.
Jetzt justierst Du Deine Ernährung nach, so dass Du das angestrebte Defizit oder den Überschuss erreichst.
Praxistipp: Nutze alle Elemente der M.A.R.K. Formel, um dranzubleiben
Egal, ob Du Dich auf dem Fettabbau- oder Muskelaufbau-Pfad befindest: Die besten Ergebnisse kannst Du erwarten, wenn Du alle vier Bausteine der M.A.R.K. Formel im Griff hast.
Hier ist eine Checkliste mit den wichtigsten Punkten und Artikeln, in denen Du die Themen weiter vertiefen kannst:
- Mentales Training: Hast Du Dein Ziel klar? Begeistert es Dich? Programmierst Du Dein Unterbewusstsein damit?
- Ausgewogene Ernährung: Isst Du genügend Eiweiß? Setzt Du auf die richtige Qualität und Menge an Kohlenhydraten und 10 Portionen Obst und Gemüse am Tag?
- Richtiges Krafttraining: Nimmst Du Dir etwa 3 Stunden pro Woche Zeit fürs Training mit schweren Gewichten? Setzt Du auf die richtigen Übungen? Nutzt Du die Überlastungsmethode, um Trainingsreize zu setzen?
- Kardiotraining: Wendest Du die Grundlagen des Cardiotrainings an? Gezieltes Ausdauertraining ist Dein Fettverbrennungs-Joker. Aber auch im Muskelaufbau hilft Dir ein trainiertes Herz-Kreislauf-System. Um Zeit zu sparen, kannst Du diesen und diesen Ansatz nutzen.
Fazit
Krafttraining ist in beiden Fällen wichtig: Wenn Du Fett abbauen willst UND wenn Du Muskeln aufbauen willst.
Doch die Ernährung macht den Unterschied zwischen Muskelaufbau und Abnehmen. Besonders, wieviel Kalorien pro Tag Du isst.
Daher solltest Du Deine Kalorienbilanz kennen und sie an Dein Ziel anpassen. Regelmäßige Feedbackschleifen helfen Dir, kontinuierlich auf Kurs zu bleiben.
Jedoch solltest Du es weder mit dem Kaloriendefizit beim Abnehmen noch mit dem Überschuss beim Muskelaufbau zu sehr übertreiben. Im einen Fall riskierst Du, in den Hungerstoffwechsel abzurutschen, im anderen Fall würdest Du unnötig Fett ansetzen.
Eine gute Möglichkeit, wie Du den “Sweet-Spot” findest, kennst Du nun. Der Rest ist Experimentieren, was mit der richtigen Einstellung und etwas Geduld viel Spaß machen kann.
Frage: Kennst Du Deine Kalorienbilanz? Mit wieviel Kalorien pro Tag gelang es Dir, Fett ab- oder Muskeln aufzubauen? Mit welcher Vorgehensweise hast Du die besten Erfahrungen gemacht? Schreib einen Kommentar.
Bildnachweis
Fotos im Artikel “Wieviel Kalorien pro Tag zum Abnehmen bzw. Muskelaufbau”: © FXQuadro/Shutterstock.com.