Solche Fragen zum Ausdauer und Krafttraining höre ich nicht nur im Fitness Coaching:
Soll ich Cardio vor oder nach dem Training durchführen?
Spielt die Reihenfolge überhaupt eine Rolle?
Und falls ja, wie beeinflusst sie mein Trainingsergebnis?
Wenn Du die Sache falsch angehst, ist das, als würdest Du Gas geben und gleichzeitig auf die Bremse treten. Außerdem riskierst Du Verletzungen.
Aber wenn Du die ideale Lösung kennst, hast Du im Training mehr Power und Du machst schnellere Fortschritte.
Egal, welches Ziel Du verfolgst.
Warum es mehr als eine Antwort gibt…
„Wer mehrere Hasen jagt, fängt keinen.“
– Sprichwort
Kraft- und Ausdauersport sind für mich seit über 16 Jahren ein wichtiger Teil meines Lebens.
Bis vor einigen Jahren lief ich mindestens einen Marathon im Jahr. Auch damals wollte ich peu a peu stärker werden, aber an erster Stelle stand für mich die Zielzeit beim Marathonwettkampf.
Die Marathonschuhe habe ich nach 17 Marathons und vielen weiteren Wettkämpfen inzwischen an den Nagel gehängt.
Seit einigen Jahren steht der Kraftsport für mich an erster Stelle. Cardio Training ist mir immer noch wichtig, aber es steht nicht mehr an erster Stelle.
Die Frage nach der richtigen Reihenfolge stellte sich mir mehr als einmal.
Wenn Du weiter liest, wirst Du verstehen, warum die Antwort für mich heute eine andere ist als früher.
Soviel vorweg: Wenn Dein oberstes Ziel „nackt gut aussehen“ ist, dann kannst Du die besten Ergebnisse erwarten, wenn das richtige Krafttraining für Dich an erste Stelle steht.
9 Fragen, die Du Dir stellen solltest, bevor Du mit dem Ausdauer und Krafttraining beginnst
Die Antwort auf die Frage, welches die optimale Reihenfolge von Kraft- und Ausdauertraining ist, ist so individuell wie unsere Zielsetzung im Training.
In der Tat spielt Dein Trainingsziel eine entscheidende Rolle.
Genauso gibt es ein paar generelle Einflussgrößen, die jeder Dranbleiber berücksichtigen sollte.
Ich gehe zunächst auf die individuellen Faktoren ein, bevor wir uns den generellen Punkten widmen.
Ausdauer und Krafttraining #A – Individuelle Faktoren
Die Antwort hängt von Deinen Zielen ab.
Daher solltest Du zuallererst die folgenden Fragen beantworten.
Am besten, Du notierst sie Dir auf einem separaten Zettel.
Damit verschaffst Du Dir nicht nur mehr Klarheit für Deinen Trainingsplan, sondern auch für Deine Prioritäten und Ziele.
- Trainingsintensität: Wie intensiv gestaltest Du Dein Ausdauer und
- ? Ein Beispiel für hochintensives Ausdauertraining ist HISS und HIIT Cardio, während eine ruhige kontinuierliche Belastung, etwa ein extensiver Dauerlauf eine niedrige Intensität besitzt. Ein Beispiel für hochintensives Muskelaufbautraining ist HIT (High Intensity Training). Die Art von Muskelaufbau Training, die ich empfehle, ist meist etwas weniger intensiv.
- Trainingsdauer: Wie lange dauert Deine Ausdauer und Krafttraining Session im Schnitt?
- Fitnesslevel und individuelle Stärke: Wie fit bist Du hinsichtlich Ausdauer und Krafttraining? In welcher der beiden Disziplinen siehst Du Deine Stärke? Bewerte beides – Kraft und Ausdauer – jeweils auf einer Skala von 1 bis 10.
Der höhere der beiden Werte stellt Deine aktuelle individuelle Stärke dar. - Motivation: Welche der beiden Disziplinen bringt Dir am meisten Spaß? Ausdauer oder Krafttraining?
- Zielsetzung: Was ist Dein persönliches Trainingsziel? Willst Du auf einen Wettkampf trainieren, Muskeln aufbauen oder schnell abnehmen?
- Priorisierung: Wenn Du mehrere Ziele verfolgst, dann triff eine klare Entscheidung. Welches Deiner Ziele ist am Wichtigsten, welches auf Platz 2 und so weiter. Es ist wirklich wichtig, dass Du eine Rangfolge festlegst!
Hast Du alle Fragen beantwortet?
Prima.
Neben Deinem individuellen Profil gibt es auch ganz allgemeine Faktoren, die die Antwort beeinflussen.
Ausdauer und Krafttraining #B – Grundsätzliche Faktoren
Drei Faktoren beeinflussen die richtige Reihenfolge Deines Ausdauer und Krafttrainings:
- Die Energie, die Du für das Training aufbringen kannst
- Die Ursachen der muskulären Ermüdung
- Das Verletzungsrisiko während des Trainings
Du kannst Dein Training intensiver, fokussierter und effizienter ausführen, wenn Du noch frisch und ausgeruht bist.
Wenn Deine Batterien leer sind, wirst Du auch im Training weniger effektiv sein und Dich eher verletzen.
Die Reihenfolge der Trainingseinheiten ist besonders dann entscheidend, wenn Du ein klares Ziel hast.
Vielleicht willst Du Muskeln aufbauen, Deine Technik verfeinern oder einfach abnehmen.
Selbstverständlich spielt es auch eine Rolle, ob Du heute schon extrem fit bist oder es erst noch werden willst.
Cardio vor oder nach dem Training: So findest Du die ideale Reihenfolge
Viele von uns können die Frage nach der optimalen Reihenfolge umgehen, indem sie das Ausdauer und Krafttraining einfach an verschiedenen Tagen durchführen.
Zirkel- und Supersatz-Training stellt ist eine Alternative dar, mit der wir beim Krafttraining auch unseren Stoffwechsel auf Hochtouren bringen können.
Das reicht für allgemeine Fitness.
Aber es ist nicht der schnellste Weg, um nackt gut auszusehen.
Hier sind 5 mögliche Trainingsziele. Wo ordnest Du Dich ein?
- Allegemeine Fitness.
- Mehr Ausdauer.
- Fettabbau oder Muskelaufbau.
- Mehr Leistung in einer Sportart.
- Einfach Spaß haben.
Die eine magische Lösung gibt es nicht! Für jedes Ziel wird die perfekte Reihenfolge etwas anders aussehen, in einigen Fällen spielt sie eine größere Rolle als in anderen.
Wir gehen die verschiedenen Lösungen der Reihe nach durch.
1. Du möchtest Deine allgemeine Fitness verbessern?
Wenn Du ganz allgemein Deine Fitness verbessern möchtest ist es nicht entscheidend, ob Du mit dem Krafttraining beginnst oder zuerst eine Ausdauereinheit durchziehst.
In der Tat kannst Du auch beide Elemente verbinden, indem Du Dir einen Trainingsplan mit Intervallen oder Zirkeltraining erstellst.
Genauso gut könntest Du das Kraft- und Cardiotraining jeweils abwechseln, wenn Dir danach ist.
Vorteil: Du kannst nach Lust und Laune trainieren, der Spaß steht im Vordergrund.
2. Du möchtest Deine Ausdauer ausbauen?
Um Deine Ausdauer auszubauen, solltest Du auch mit dem Cardio- bzw. Ausdauertraining beginnen.
Nur so hast Du die nötige Energie, die Du für eine harte und lange Trainingseinheit benötigst.
Hänge 2-3x pro Woche ein Krafttraining an Deine Ausdauereinheit, um Deine Muskeln zu kräftigen und damit einerseits Muskelmasse aufzubauen und andererseits Dein Verletzungsrisiko im Ausdauersport zu senken.
Wenn Du vor einer fordernden Langstrecken-Einheit Kraftübungen machst, riskierst Du Überlastungen und Verletzungen in der Ausdauereinheit.
Wenn Du 8 Stunden Zeit zur Regeneration zwischen der Kraft- und Ausdauereinheit haben solltest, wird die Sache einfacher.
Mit der richtigen Ernährung nach dem Sport füllst Du Deine Energiespeicher wieder auf.
Dann spielt die Reihenfolge auch nur noch eine untergeordnete Rolle – hier kannst Du beides ausprobieren: Morgens Kraft, abends Ausdauer oder umgekehrt.
Vorteil: Du erzielst optimale Ergebnisse beim Ausbau Deiner Ausdauer und minimierst das Verletzungsrisiko.
3. Du möchtest Fett abbauen oder Muskeln aufbauen?
Wenn Du Fett ab- oder Muskeln aufbauen möchtest, dann solltest Du die Priorität auf das Krafttraining legen.
Am besten führst Du es dann durch, wenn die Energiequelle in Deinen Muskeln – das Glykogen – noch hoch ist.
Wenn Du eine harte Ausdauereinheit angehst bevor Du Gewichte stemmst, verschießt Du Dein Pulver zu früh – und Dein Krafttraining wird weniger effektiv.
Wenn Du schon einmal versucht hast, vorermüdet ein Training auf sarkoplasmatischen Muskelaufbau durchzuziehen, weißt Du wovon ich rede.
Du bringst die PS nicht auf die Straße und verletzt Dich leichter.
Ein leichtes Ausdauertraining im Anschluss an ein intensives Muskelaufbau-Training ist dagegen unproblematisch umsetzbar.
Vorteil: Du erzielst optimale Trainingsergebnisse bei Muskelaufbau und Fettabbau.
4. Du möchtest in einer speziellen Sportart besser werden?
Wenn Du für eine spezifische Sportart trainierst, musst Du Deinen Trainingsplan so stricken, dass er den Erfordernissen Deines Sports gerecht wird.
Ob Du dann zuerst Kraft- oder Ausdauertraining absolvierst, hängt wie Du Dir wahrscheinlich schon denken kannst, von der Sportart ab, aber auch von Deiner Fitness und Deinen übergeordneten Zielen.
Wenn Du Dir nicht sicher bist, welcher Trainingsplan der richtige für Deine Sportart ist, solltest Du Dir einen personal Trainer oder Sport Coach suchen, dem Du vertraust.
Leistungssportler trainieren nach einem Schema, das in tägliche, wöchentliche und monatliche Perioden aufgeteilt ist und sie dem von ihnen gewünschten Zeitpunkt – üblicherweise in der Wettkampfsaison – auf ihr Leistungshoch katapultiert.
Sie absolvieren zu Beginn ihres Zyklus ein allgemeines Grundlagentraining.
Im Laufe der Zeit fokussieren sie sich immer mehr auf bestimmte sportartenspezifische Schwerpunkte, Techniken und kümmern sich auch um die psychologische Komponente ihres Trainings, um zum Wettkampf punktgenau auf dem Leistungshoch zu landen.
Ihr Programm ist pyramidal aufgebaut und beinhaltet alle Fitness-Faktoren: Kraft, Ausdauer, Flexibilität, Beweglichkeit, Psychologie, usw…
Vorteil: Du erbringst Höchstleistungen in Deiner Sportart.
5. Du möchtest einfach regelmäßig Sport treiben?
Wenn Du am Ball bleiben möchtest und Sport Teil Deines Lebens bleiben soll, dann möchtest Du Deine Trainingseinheiten in Deinen Tagesablauf einbinden und mit anderen Dingen die Dir wichtig sind in Einklang bringen (Beruf, Familie, Freunde, …).
Dann ist es am besten, wenn Du Dir Deinen Trainingsplan auch genau so zusammenstellst, dass er für Deinen Körper unter diesen Rahmenbedingungen funktioniert.
Vielleicht fühlst Du Dich am besten, wenn Du mit dem Cardiotraining beginnst und dann Krafttraining machst.
Vielleicht reagiert Dein Körper auch besser, wenn Du an einem Tag laufen gehst, und am nächsten Tag ein Hanteltraining im Fitnessstudio absolvierst.
Es ist völlig okay, wenn Du Dich nach Deinem Körpergefühl richtest, wenn Du Dir Deinen Trainingsplan zusammenstellst.
Vorteil: Du kannst Dein Training Deiner Stimmung und Deinem Umfeld anpassen, der Spaß steht im Vordergrund.
Das kritische Element im Ausdauer und Krafttraining
Es ist ziemlich leicht, sich von all den verschiedenen Erfahrungen, Meinungen, Trainingstipps und wissenschaftlichen Studien verwirren zu lassen, die wir tagtäglich im Internet und Zeitschriftenregal finden können.
Wie so oft, widersprechen sich viele der Dinge, die wir dort lesen.
Gelassenheit ist eine gute Idee.
Ich empfehle Dir, dass Du ausprobierst und feststellst, was für Dich am besten funktioniert. Orientiere Dich dazu zuerst an den oben genannten Grundsätzen.
Probiere dann aber verschiedene Ansätze aus, und stell (messbar) fest, womit Du die besten Resultate erzielst.
Fazit
„Soll ich Cardio vor oder nach dem Training machen?“
Ich hoffe, ich konnte Dir helfen, diese Frage zu beantworten und mehr Klarheit in Deine Ziele und Deinen Trainingsplan zu bringen.
Wir sehen nicht nur äußerlich alle anders aus, unser Körper reagiert auch auf Trainingsreize unterschiedlich. Was für Peter funktioniert, muss nicht für Clarissa gelten – jeder Mensch ist anders.
Also probiere es aus, wähle eine der Varianten – passend zu Deinem Trainingsziel – aus und mach Deine eigenen „wissenschaftlichen“ Experimente.
Wenn Du Deine Fortschritte misst – ein Trainingstagebuch empfehle ich jedem Dranbleiber – , solltest Du den Effekt der Trainingsreihenfolge auf Deine Ergebnisse (Energie, Körperbau, Trainingsleistung, Stimmung, Ernährung, …) ziemlich genau bestimmen können.
Frage: Was ist Dein Ziel? Wie trainierst Du? Welche Erfahrungen hast Du mit der Reihenfolge von Ausdauer und Krafttraining gemacht? Schreib einen Kommentar.
Bildquellen
Bildnachweis im Artikel “Ausdauer und Krafttraining – Cardio vor oder nach dem Training?”: „Good Luck Hannah!“ von Phil Roeder (CC BY 2.0) via Flickr, © iStock/NejroN, mattjeacock, MichaelSvoboda, John Sommer, artJazz