Wer stärker werden will, fokussiert sich meist auf Training und Ernährung. Zweifellos ist beides wichtig, wenn Du nackt gut aussehen willst. Ein Faktor, der erheblichen Einfluss nimmt, wird dabei meist übersehen. Es ist die Macht Deiner Gedanken.
Tauche ein in das Mysterium der Mind Muscle Connection – einer unsichtbaren Verbindung zwischen Körper und Geist, die Du ganz bewusst trainieren darfst, wenn Du stärker werden willst.
Dies ist ein Gastbeitrag von Philipp Lehmann, dem Autor von „Project Body“ und „Adonis-Guide“. Der Artikel gehört zu dem umfassendsten, was Du im Netz zu diesem wichtigen Thema finden wirst.
Okay, nun zu den Details – damit übergebe ich das Wort an Philipp.
Viel Spaß beim Lesen und viel Erfolg beim Umsetzen!
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Was ist die Mind Muscle Connection?
Wenn Du schwere Gewichte bewegst, um stärker zu werden und dabei kalorien- und eiweißreich isst, machst Du bereits einiges richtig.
Viele Menschen vergessen dabei aber, was Muskelkraft eigentlich ist. Unter Sportlern gibt es nämlich eine ganz einfache Rechnung:
Mehr Muskelmasse = mehr Kraft
Diese Gleichung ist nicht ganz falsch. Wenn Du Muskelmasse aufbaust, vergrößerst Du damit das Kraftpotenzial Deines Körpers.
Den Kern der Sache entdeckst Du allerdings, wenn Du Dir die Frage stellst, wie Du dieses Potenzial nutzt. Die Antwort ist simpel: durch Deinen Willen!
Du bist es, der die Muskelfasern koordiniert, der den Spannungsaufbau anordnet, reguliert und somit über die Kraftentfaltung entscheidet.
Das heißt, Muskelkraft ist in erster Linie eine Fähigkeit.
Es ist die Fähigkeit Deines Geistes, das bereits vorhandene Potenzial zu nutzen und den beteiligten Strukturen die entsprechenden Anweisungen zu erteilen.
Die Mind Muscle Connection ist das Bindeglied zwischen Geist und Muskel.
Sie ist es, die den entscheidenden Unterschied zwischen Anfänger und Fortgeschrittenem ausmacht.
Warum Du Deine Mind Muscle Connection trainieren solltest
Wenn Du die Verbindung zwischen Geist und Muskulatur trainierst und bewusst förderst, profitierst Du von einer ganzen Palette an Vorteilen. Einige davon dürften Dich überraschen.
Hier sind die 5 wesentlichen Vorteile einer guten Mind Muscle Connection im Überblick (Erläuterungen folgen):
- Verbesserte Muskelkoordination
- Verbesserte Eigenwahrnehmung und Steuerung
- Ausgleich von Asymmetrien
- Stärkere Ausnutzung des Hyperirradiationseffektes
- Mehr Spaß, Leidenschaft und Motivation im Training
Unter dem Strich bedeutet das: Du wirst in kürzester Zeit deutlich stärker werden und gleichzeitig mehr Lust aufs Training bekommen.
Sehen wir uns zunächst die einzelnen Vorteile einmal genauer an.
Vorteil #1 – Bessere Muskelkoordination
Jede Bewegung des Körpers folgt den Anweisungen Deines Geistes.
Von der Steuerzentrale, dem Gehirn, werden die Anweisungen über das zentrale Nervensystem (ZNS) an die Muskeln gesendet. Diese Verbindung von Geist und Körper wird ebenso wie alle anderen Strukturen unseres Körpers durch Nutzung gestärkt und durch Vernachlässigung geschwächt.
Eine schlecht ausgebildete Mind Muscle Connection führt dazu, dass einzelne Muskeln nicht richtig koordiniert werden können, wodurch eine Bewegung schlampig ausgeführt und haufenweise Kraftpotenzial verschwendet wird. Außerdem „weigern“ schlecht angebundene Muskeln sich zu wachsen.
Ein durchschnittlicher Mensch nutzt gerade einmal 20–25 % des Kraftpotenzials seiner Muskulatur, weil die an der jeweiligen Bewegung beteiligten Muskeln nicht sauber koordiniert werden können.
Grundsätzlich gibt es zwei verschiedene Arten der Muskelkoordination:
- Intramuskuläre Koordination: die Zusammenarbeit der Muskelfasern innerhalb eines Muskels.
- Intermuskuläre Koordination: die Zusammenarbeit der Muskeln untereinander.
Beide Koordinationsarten sind wichtig, um eine Bewegung einerseits sauber ausführen und dabei andererseits möglichst viel Kraft entfalten zu können.
Eine mangelhafte Koordination sieht man beispielsweise oft bei Kniebeugen, wenn die Knie eines Trainingsanfängers nach innen schlackern oder der Oberkörper instabil ist.
Zwischenbewegungen, wie in diesem Beispiel das Ausscheren der Knie, sind ein Zeichen dafür, dass die einzelnen Muskelfasern und Muskelgruppen nicht an einem Strang ziehen und somit nicht sauber koordiniert werden können.
Dadurch gehen sowohl Kraft- als auch Wachstumspotenzial verloren.
Wenn Du stärker wirst, dann sind dafür zwei Faktoren verantwortlich:
- Du baust Muskelmasse auf und/oder
- Du verbesserst Deine Koordination.
Der Aufbau von Muskelmasse ist ein energetisch sehr kostspieliger Prozess. Evolutionsbedingt versucht Dein Körper Energie eher zu speichern, als sie unnötig zu vergeuden, denn genau das war dafür entscheidend, dass unsere Vorfahren überleben konnten.
Dein Körper bevorzugt daher stets die Verbesserung der Koordination. Erst, wenn das Koordinationspotenzial allmählich ausgeschöpft ist, baut er nennenswert Muskelmasse auf.
Je häufiger eine bestimmte Bewegung ausgeführt wird, desto besser werden die beteiligten Muskeln koordiniert, wodurch eine flüssigere, kraftvollere und gesündere Bewegung zustande kommt.
Bei einer unsauber koordinierten Bewegung übernehmen teilweise Unterstützungs- oder Stabilisationsmuskeln den Part der Hauptmuskeln, wodurch es wesentlich schneller zu Überlastungen kommen kann.
Daher solltest Du bei jeder Übung zunächst den Bewegungsablauf perfekt beherrschen, bevor Du größere Zusatzgewichte verwendest.
Bruce Lee brachte es auf den Punkt, als er sagte:
Ein hilfreiches Tool für Trainingsanfänger ist ein simpler Besenstil, der ein Gefühl für die Hantelbewegung gibt, ohne dabei ein nennenswertes Zusatzgewicht zu besitzen.
Eine verbesserte Mind Muscle Connection führt dazu, dass Du die Muskeln besser koordinieren und so mehr Kraft entfalten kannst.
Vorteil #2 – Bessere Eigenwahrnehmung und Steuerung
Je häufiger Körper und Geist zusammenarbeiten, desto besser entwickelt sich auch die Eigenwahrnehmung.
Arnold Schwarzenegger sagte einst:
Frei übersetzt heißt das: „Du musst Dich in die Muskeln einfühlen“.
Gerade Trainingsanfänger haben oftmals Probleme damit, die Zielmuskeln einer Bewegung zu fühlen. Sie spüren nicht, wie sie ausgereizt werden. Sie sitzen im Studio an der Latzug-Maschine und spüren höchsten die Arme, nicht aber die Rückenmuskeln.
Als Grundregel gilt:
Wenn Du einen Muskel nicht spürst, wird er auch nicht ausreichend gereizt.
Diese Regel gilt umso mehr, je weiter die Trainingserfahrung zunimmt.
Beim Anfänger werden die Muskeln aufgrund des großen ungenutzten Potenzials zwar dennoch wachsen. Aber es wird rasch der Punkt kommen, an dem es gar nicht mehr oder nur noch sehr langsam voran geht. Es sei denn, Du trainierst die Mind Muscle Connection und lernst, Dich in Deine Muskeln einzufühlen.
Du musst sie spüren, sie bewusst anspannen können.
Eine verbesserte Mind Muscle Connection führt dazu, dass Du einzelne Muskeln gezielter ansprechen und damit intensiver trainieren kannst.
Vorteil #3 – Mehr Muskel-Symmetrie
Beinahe jeder Mensch hat mit Asymmetrien zu kämpfen. Meist ist eine Seite stärker und muskulöser als die andere.
Das liegt daran, dass Du eine Seite im Alltag häufiger einsetzt und diese Seite dadurch eine stärker ausgeprägte Mind Muscle Connection besitzt.
So gleichst Du Asymmetrien aus:
- Trainiere einseitige Übungen, trainiere mit freien Gewichten, vorzugsweise mit Kurz- anstelle von Langhanteln. Beim Kurzhantel-Bankdrücken sind beide Körperhälften gegenüber der Langhantel-Variante stärker entkoppelt. Du vermeidest, dass die stärkere Seite die schwächere unterstützt. Achte bei solchen Übungen immer darauf, mit der stärkeren Seite stets nur so viele Wiederholungen auszuführen wie auf der schwächeren Seite. („Die stärkere Seite wartet auf die schwächere Seite.“)
- Setze die schwächere Seite im Alltag ganz bewusst häufiger ein. Wirkliche Fortschritte auf dem Weg zu einem ausbalancierten Körper wirst Du nur machen können, wenn Du Deinen Alltag – also der Großteil Deines Tages – ausgeglichen gestaltest. Versuche also bei alltäglichen Tätigkeiten wie dem Anheben einer Kiste, Halten einer Tüte oder Öffnen einer Tür Deinen schwächeren Arm zu nutzen. Dadurch verbesserst Du die Mind Muscle Connection auf dieser Seite, sodass Du sie auch im Training stärker beanspruchen kannst. Langfristig gleicht sich auf diesem Weg die Asymmetrie näherungsweise aus.
Eine verbesserte Mind Muscle Connection hilft, Asymmetrien auszugleichen.
Vorteil #4 – Du nutzt den Hyperirradiationseffekt
Hyperirradiation? Ich weiß, es klingt nach Raketenwissenschaft, ist aber ganz einfach verständlich:
Je mehr Muskeln an einer Bewegung beteiligt sind, desto mehr Kraft kannst Du entfalten.
Den Hyperirradiationseffekt kannst Du wunderbar zu Hause selbst einmal austesten. Lass uns ein Experiment machen:
Schritt 1:
- Greife eine stabile Stange mit einer Hand und drücke so fest wie möglich zu.
- Konzentriere dich ganz bewusst nur darauf, die Unterarmmuskeln anzuspannen und nimm bewusst jegliche Spannung aus allen anderen Muskeln. Versuche Beine, Bauch, Rücken, Schultern und Oberarme möglichst entspannt zu lassen und nur mit der Kraft der Unterarme zuzudrücken.
Schritt 2:
- Führe jetzt das gleiche Experiment noch einmal durch, aber nimm diesmal eine aufrechte Position ein.
- Spanne bewusst so viele Muskeln wie möglich an. („maximale Körperspannung“)
- Spanne Beine, Hintern und Bauch fest an, um einen stabilen, starken Stand zu haben und benutze beim Zudrücken bewusst auch die Rückenmuskeln, die Schultern und die Oberarmmuskeln.
- Leite die Energie aus dem gesamten Körper über die Unterarme in die Hände und greife so fest zu, wie Du kannst.
Du wirst sofort spüren, dass Du wesentlich mehr Kraft entfalten kannst. Dieser Effekt nennt sich Hyperirradiation.
Dabei wird die Kraft (also die Spannung) von anderen Muskeln auf die eigentlichen Hauptmuskeln übertragen. Das heißt, sämtliche bewusst angespannte Muskeln unterstützen einander.
Je besser die Mind Muscle Connection ausgeprägt ist, desto mehr Muskeln kannst Du in eine Bewegung einbeziehen und desto größer ist die aufgebaute Spannung. Mehr Spannung ist gleichbedeutend mit mehr Kraft.
Gleichzeitig verbesserst Du durch die zusätzlich angespannten Muskeln die Stabilität bei einer Bewegung, wodurch Du Dich besser vor Verletzungen schützt. Beispielsweise bleibt der Rücken durch die bewusste Kontraktion beim Kreuzheben stabil in einer neutralen Position, statt rund zu werden.
Eine verbesserte Mind Muscle Connection führt zu einer stärkeren Ausnutzung des Hyperirrdationseffektes und somit zu mehr Kraft und Stabilität.
Vorteil #5 – Du bist mit Spaß, Leidenschaft und Motivation beim Training
Das sind schon eine ganze Reihe von Vorteilen, die eine verbesserte Mind Muscle Connection Dir für die Entwicklung von Kraft und Muskulatur beschert. In meinen Augen ist dieser Punkt allerdings der wichtigste:
Durch das Training der Verbindung zwischen Geist und Muskeln fokussierst Du Dich zwangsläufig uneingeschränkt auf Dein Workout.
Es ist unmöglich, an den Besuch Deiner Schwiegermutter zu denken, während Du Deine Aufmerksamkeit auf die Bewegung und die Kontraktion einzelner Muskeln lenkst.
Wenn Du vollends bei der Sache bist und versuchst, so viele Muskeln wie möglich anzuspannen, die Bewegung zu fühlen – dann sind deine Gedanken vollständig im Hier und Jetzt. Das Einzige, woran Du denkst, ist die Bewältigung der Herausforderungen, die Du Dir im Training setzt.
Das ist der Moment, in dem Du Dich im Flow befindest und alle Sorgen und Probleme des Alltags vergisst.
Damit machst Du das Training zu einer erfüllenden und reinigenden Erfahrung, mit der Du Dein Bewusstsein ordnest.
Meine These ist folgende:
Wer den Flow im Training findet, wird auch langfristig hoch motiviert und mit Freude dranbleiben.
Einige Menschen hören hingegen schon nach wenigen Monaten wieder auf zu trainieren, weil ihnen die Motivation fehlt und sie beginnen, das Training eher als Qual statt als Freude zu empfinden.
Das liegt in vielen Fällen daran, dass sie sich nie wirklich auf das Training eingelassen haben: Sie waren nicht bereit, Energie in die Fokussierung der eigenen Gedanken zu investieren.
Das gehört zu dem, was Mark „mentales Training“ nennt.
Es kostet Energie, die eigenen Gedanken auf die Erledigung einer bestimmten Aufgabe zu fokussieren. Unkontrollierte Gedanken springen hin und her. Es erscheint leichter, dem sprunghaften Geist alle Freiräume und die Gedanken unkontrolliert laufen zu lassen.
Allerdings führt das auch dazu, dass Du mit dem Fokus auch die Leidenschaft verlierst, wenn Du Deine Gedanken in die Vergangenheit oder Zukunft schweifen lässt:
- Wie willst Du Dein Training genießen, wenn Du in Gedanken ganz woanders bist?
- Wie willst Du die Spannung im Körper pulsieren fühlen, wenn Du daran denkst, welchen Film Du Dir am Abend anschauen könntest?
- Wie willst Du leidenschaftlich für die Bewältigung eines Widerstandes im Studio kämpfen können, wenn Du gedanklich schon wieder auf der Arbeit bist?
- Wie willst Du Schritt für Schritt stärker werden, wenn Deine Gedanken beim Training überall sind – aber nicht im Hier und Jetzt?
Um Dein Training zu einer erfüllenden Erfahrung gestalten zu können, darfst Du Dich konzentrieren – und genau diese Art von Konzentration erfordert die Vertiefung der Mind Muscle Connection.
Das Training der Mind Muscle Connection hilft dabei, den Flow im Training zu finden und somit Leidenschaft, Spaß und Motivation zu steigern.
Key Facts - Warum Du die Mind Muscle Connection trainieren solltest
Das Training der Mind Muscle Connection hilft Dir, …
- die Muskeln besser zu koordinieren und damit mehr Kraft zu entfalten.
- einzelne Muskeln gezielter anzusprechen und damit intensiver zu trainieren.
- bestehende Asymmetrien auszugleichen.
- den Hyperirrdationseffekt besser auszunutzen und somit mehr Kraft und Stabilität zu erlangen.
- den Flow im Training zu finden und somit Leidenschaft, Spaß und Motivation zu steigern.
Nachdem Du die wesentlichen Vorteile einer gut ausgeprägten Mind Muscle Connection nun kennst, wird es Zeit, zur Tat zu schreiten.
So trainierst Du die Mind Muscle Connection
Den wichtigsten Aspekt, mit dem Du Deine Geist-Muskel-Verbindung verbesserst, hast Du bereits kennengelernt: Du bist im Training voll bei der Sache, indem Du Bewegung und Kontraktion der einzelnen Muskeln bewusst fühlst.
Versuche, dabei sowohl den Zielmuskel als auch die Unterstützungsmuskeln bewusst fest anzuspannen und sie in die Bewegung einzubeziehen.
Das ist hauptsächlich eine Frage der Übung.
Je häufiger Du Dich konzentrierst, einzelne Muskeln bewusst anspannst und so viele Muskeln wie möglich in eine Übung einbeziehst, desto leistungsfähiger wird auch Deine Mind Muscle Connection.
Ich hatte es eingangs schon erwähnt: Es handelt sich um eine Fähigkeit. Trainiere sie und Du wirst Dich automatisch verbessern.
Zusätzlich zeige ich Dir jetzt vier Werkzeuge, mit denen Du die Mind Muscle Connection ganz gezielt trainieren kannst:
- Spitzenkontraktion
- Statische Übungen
- Isolationsübungen
- Posing
Lass sie uns eins nach dem anderen durchgehen.
Training #1 – Spitzenkontraktion
Die Methode der Spitzenkontraktion hilft Dir, das Zusammenspiel der einzelnen Muskeln zu verbessern.
Stoppe eine Bewegung am obersten Punkt kurz, um dann sämtliche Muskeln so fest wie möglich anzuspannen.
Eine Spitzenkontraktion beim Klimmzug sieht folgendermaßen aus: Du stoppst die Bewegung kurz, nachdem Dein Kinn die Stange passiert hat und spannst dann alle Muskeln bewusst an. Beim Kreuzheben und Kniebeugen entspricht dieser Punkt dem aufrechten Stand.
Durch die bewusste Kontraktion aller Muskeln verbesserst Du Deine Fähigkeit, so viele Muskeln wie möglich in eine Bewegung einzubeziehen. Du trainierst also, den oben beschriebenen Effekt der Hyperirradiation noch besser auszunutzen.
Spitzenkontraktion: So wendest Du sie richtig an.
Der Einsatz der Spitzenkontraktion kostet viel Energie. Das führt dazu, dass Du insgesamt weniger Wiederholungen schaffst. Deswegen ist es ratsam, diese Technik gut dosiert einzusetzen.
Zwei Sätze pro Trainingseinheit sind ausreichend, um gute Erfolge damit erzielen zu können. Ganz besonders sinnvoll ist der Einsatz bei Verbundübungen und am Ende einer Übung.
Wenn Du also z. B. ein Beinworkout bestehend aus Kniebeugen, Beinpressen und Beinstrecken an der Maschine ausführst, kannst Du jeweils den letzten Satz Kniebeugen und Beinpressen mit Spitzenkontraktion ausführen.
Training #2 – Statische Übungen
Statische Übungen, allen voran der Unterarmstütz (auch „Planke“ oder „Brett“ genannt), haben bei richtiger Ausführung einen ähnlichen Trainingseffekt wie die Spitzenkontraktion.
Auch bei statischen Übungen trainierst Du die Muskeln durch bewusste Kontraktion dazu, an einem Strang zu ziehen. Damit förderst Du das Zusammenspiel der einzelnen Muskelgruppen.
Allerdings sehe ich oft, wie statische Übungen falsch ausgeführt werden: Viele Menschen versuchen, die Übung so kraftsparend wie möglich durchzuführen, um die Position länger halten zu können. Dadurch verliert eine statische Übung allerdings ihren eigentlichen Sinn.
Sehen wir uns die richtige Ausführung einmal am Beispiel des Unterarmstütz an.
Statische Übungen – Technik-Beispiel: Unterarmstütz (Planke)
- Setze die Ellbogen unter den Schultern ab.
- Presse die geballten Fäuste so fest wie möglich in den Boden.
- Spanne den gesamten „Core“-Bereich (Körperzentrum) so fest wie möglich an.
- Hebe den Körper in eine gerade Ebene, bei der nur die Füße, die Unterarme und die Fäuste Bodenkontakt haben.
Hinweise:
- Dein Rücken befindet sich dabei in einer stabilen, neutralen Position. Das heißt, Du rundest ihn weder, noch fällst Du ins Hohlkreuz.
- Dein Kopf befindet sich in der geraden Verlängerung des Körpers.
- Du presst Deine Beine fest zusammen, spannst den Hintern an und baust im gesamten Körper die größtmögliche Spannung auf.
- Tipp: Versuche dabei, die Zehen und Ellbogen aufeinander zuzubewegen (jedoch, ohne sie tatsächlich zu bewegen) – damit erhöhst Du Deine Körperspannung.
Das folgende Video verdeutlicht die Technik:
Effizienz steht hier also nicht im Fokus:
Du führst eine statische Übung also nicht so kraftsparend wie möglich aus, sondern – ganz im Gegenteil – mit so viel Körperspannung wie möglich.
Auf diese Weise trainierst Du die Mind Muscle Connection (speziell das Zusammenspiel der Muskelgruppen) und die gesamte Stabilisationsmuskulatur Deines Körpers.
Statische Übungen – Wie Du die richtige Übung auswählst und anwendest
Neben dem Unterarmstütz gibt es weitere effektive statische Bodyweight-Übungen, mit denen Du einen ähnlichen Trainingseffekt erzielst.
Dazu gehören:
- Seitlicher Unterarmstütz
- L-Sit
- Squat Hold (Kniebeuge am untersten Punkt halten)
- Frontlever
- Backlever
- Handstand
- Human Flag
- Planche
Die meisten dieser Übungen sind sehr anspruchsvoll und daher für Anfänger ungeeignet. Es gibt allerdings viele einfachere Varianten und damit Progressionsstufen, mit deren Hilfe Du diese Übungen erlernen kannst.
Tipp: Wenn Du die schwereren Bodyweight Übungen Schritt für Schritt erlernen und beherrschen willst, lege ich Dir das Buch „Complete Calisthenics“ von Ashley Kalym ans Herz. Dort werden alle diese Übungen und viele weitere Körpergewichtsübungen mit den einzelnen Progressionsstufen ausführlich beschrieben.
Wenn Du Deine Mind Muscle Connection gezielt trainieren willst, reichen jedoch auch einfachere Übungen wie der Unterarmstütz, der seitlicher Unterarmstütz, der L-Sit oder der Squat Hold aus:
- Führe dazu eine dieser Übungen am Ende Deines Workouts für insgesamt drei Sätze aus.
- Halte dabei so lange wie möglich maximale Körperspannung.
- Notiere Dir die Dauer, für die Du eine Übung sauber halten konntest. Das gibt Dir Orientierung über Deine Fortschritte.
- Sobald Du eine Übung länger als 30 Sekunden halten kannst, kannst Du auf eine schwierigere Variante umsteigen. Das geht beispielsweise, indem Du beim Unterarmstütz einen Arm oder ein Bein hebst.
Training #3 – Isolationsübungen
Jetzt wird es etwas paradox, denn die bisher erwähnten Techniken zielen darauf ab, das Zusammenspiel der Muskeln zu fördern und den Hyperirradiationseffekt besser auszunutzen. Es sind sozusagen Anti-Isolationstechniken.
Warum können Dir nun ausgerechnet Isolationsübungen helfen, die Mind Muscle Connection zu stärken?
Ganz einfach: Jeder von uns hat muskuläre Schwachpunkte. Bei einigen wollen die Arme nicht stärker werden, andere bekommen den Rücken nicht so richtig zum Wachsen. Isolationsübungen sind eine Möglichkeit, wie Du Deinen Schwachstellen begegnen kannst.
Isolationsübungen wirken auf zwei Arten:
- Sie trainieren den betroffenen Muskel direkt.
- Sie trainieren die Mind Muscle Connection des isolierten Muskels, sodass Du ihn auch bei Verbundübungen zukünftig leichter einbeziehen kannst.
Dazu ein Beispiel.
Isolationsübungen-Beispiel: Wie sie Dir helfen, Schwachstellen zu beseitigen
Nehmen wir an, Du hättest Probleme gehabt, Deine Rückenbreite zu verbessern.
Die beste Übung für einen starken, breiten Rücken ist der Klimmzug.
Viele Menschen, speziell Anfänger, stehen beim Klimmzug vor dem Problem, dass sie ihren Rücken nicht richtig spüren und daher mehr mit den Armen ziehen. Übrigens tritt das gleiche Problem oft auch beim Latzug auf.
An dieser Stelle möchte ich erneut an die Grundregel von oben erinnern: Wenn Du einen Muskel nicht spürst, wird er auch nicht ausreichend gereizt.
Um das Problem zu lösen, kannst Du Deinen Rücken isoliert trainieren, zum Beispiel mit der Übung „Latzug mit gestreckten Armen“. Konzentriere Dich dabei bewusst auf die Kontraktion Deines Latissimus (breiter Rückenmuskel). Führe die Übung langsam und konzentriert aus und fühle, wie sich die Kontraktion des Latissimus anfühlt.
Die Mind Muscle Connection zu Deinen Rückenmuskeln wird sich allmählich verbessern, sodass Du sie auch beim Klimmzug stärker anspannen kannst und dieser Schwachpunkt behoben ist.
Bei der Ausführung einer Isolationsübung ist also eine sehr hohe Konzentration der Schlüssel zum Erfolg.
Isolationsübungen – So wendest Du sie richtig an
Wenn Du Schwachpunkte mittels Isolationsübungen beheben willst, kannst Du am Ende eines Workouts zielgerichtete Übungen einbauen.
Eine gute Methode ist es, nach dem eigentlichen Workout (bei dem der Fokus auf Verbundübungen liegen sollte) 5–10 zusätzliche Minuten „Freestyle“ einzuplanen.
Diesen Zeitraum kannst Du für allerlei Spielereien nutzen, die Dir Spaß machen oder du arbeitest an Deinen Schwachpunkten. Dann kannst Du zielgerichtet Isolationsübungen trainieren.
Hinweise zum „Freestyle“-Block:
- Es gibt keine festen Trainingsparameter, hier steht absolut der Spaß im Vordergrund.
- Du musst keine Wiederholungen zählen und keine Pausen stoppen.
- Trainiere in diesem Zeitfenster einfach nach Lust und Laune.
- Auch Isolationsübungen unterliegen in diesem Abschnitt keinen festen Parametern.
- Konzentriere Dich auf die Kontraktion der trainierten Muskulatur – alles andere ist hier sekundär.
Training #4 – Posing
Zugegeben: Es gibt schon mehr als genug Kraftsportler, die mit Rasierklingen unter den Achseln durch die Gegend laufen und sich selbst im Spiegel bewundern (und dabei vergessen, die Beine zu trainieren …).
Dennoch wird das bewusste Posieren („Posing“) unterschätzt, denn es ist eine exzellente Möglichkeit, mit der Du Deine Mind Muscle Connection trainierst.
Beim Posing lernst Du, bestimmte Muskeln gezielt und fest anzuspannen. Damit fällt es Dir auch beim Training leichter, diese Muskeln stärker zu kontrahieren.
Du kannst das Posing auf zwei Arten durchführen:
- Entweder spannst Du einzelne Muskeln gezielt an und erzielst damit einen ähnlichen Effekt wie bei Isolationsübungen …
- … oder Du kontrahierst mehrere Muskeln im Verbund an und förderst damit das Zusammenspiel Deiner Muskulatur.
In jedem Fall ist das Posing eine lohnenswerte Technik, mit der Du lernst, Deinen Körper besser zu beherrschen.
Der Vorteil ist, dass Du mit Ausnahme eines Spiegels keine weiteren Hilfsmittel benötigst. Daher kannst Du es auch unter Ausschluss der Öffentlichkeit in den eigenen vier Wänden üben.
Besondere Anwendungshinweise gebe ich Dir dafür nicht. Wann immer Du Lust dazu hast, kannst Du gezielt ein paar Muskeln anspannen.
Konzentriere Dich auf die Kontraktion und spüre, wie sie sich anfühlt. Das ist es, was die Mind Muscle Connection wirklich effektiv trainiert!
Key Facts: So trainierst Du die Mind Muscle Connection
Du kennst nun vier effektive Möglichkeiten, wie Du Deine Mind Muscle Connection gezielt verbesserst:
- Spitzenkontraktion – Stoppe eine Bewegung am obersten Punkt kurz, um dann sämtliche Muskeln so fest wie möglich anzuspannen.
- Statische Übungen – Anstelle die Übung so kraftsparend wie möglich auszuführen, legst Du den Fokus auf maximale Körperspannung.
- Isolationsübungen – Plane nach Deinem eigentlichen Workout einen 5-10 Minuten „Freestyle“-Block ein, den Du auch für Isolationsübungen nutzen kannst.
- Posing – Beim Posing lernst Du, bestimmte Muskeln gezielt und fest anzuspannen. Damit fällt es Dir auch beim Training leichter, diese Muskeln stärker zu kontrahieren.
Fazit
Die Mind Muscle Connection ist eine der wichtigsten Fähigkeiten für den Aufbau von Kraft und Muskulatur und um leidenschaftlich, motiviert und mit Freude zu trainieren. Sie ist der entscheidende Unterschied zwischen Anfängern und fortgeschrittenen Athleten.
Wenn Du im Training bisher nicht weiter gekommen bist oder vielleicht sogar den Spaß an der Sache verloren hattest, könnte das Training der Mind Muscle Connection das fehlende Puzzlestück für Dich sein. Dann solltest Du eine oder mehrere der beschriebenen vier Techniken in Deinen Trainingsplan integrieren:
- Spitzenkontraktion
- Statische Übungen
- Isolationsübungen
- Posing
Letztlich profitiert jeder Sportler, ja sogar jeder Mensch von einer ausgeprägten Mind Muscle Connection. Denn hinter dem geheimnisvollen Begriff verbirgt sich prinzipiell nichts anderes als eine gute Körperbeherrschung.
Eine gut trainierte Mind Muscle Connection gibt Dir Kontrolle und eine tiefe Verbundenheit zum einzigen „Gegenstand“, der Dich Dein ganzes Leben lang begleitet.
Ich finde, er hat Deine Aufmerksamkeit verdient!
Philipp Lehmann ist Inhaber von simply-progress.de und Autor der Fitnessbücher „Project Body“ und „Adonis-Guide“.
Frage: Kanntest Du den Begriff der Mind Muscle Connection bereits oder ist die Thematik neu für Dich? Welche Erfahrungen hast Du gemacht? Falls Du die Verbindung zwischen Geist und Muskel bereits bewusst trainierst, was hat für Dich am besten funktioniert? Schreib einen Kommentar.
Fotos im Artikel „Mind Muscle Connection“: (c) _italo_ via Depositphotos; (c) iStockPhoto; (cc) BY-SA: Frédéric de Villamil, Borqje via Flickr.