Viel Gewicht bewegen zu können ist das Eine. Körperspannung trainieren das Andere. Das Eine bekommst Du nicht ohne das Andere.
Wenn Du Deinen Körper beim Trainieren nicht maximal anspannst, wirst Du Deine Kraft nicht voll entfalten und Dich leichter verletzen.
Und: Körperspannung verleiht Dir in jeder Situation eine magische Präsenz, die andere wahrnehmen.
Warum Du mit hoher Körperspannung trainieren solltest
Maximale Körperspannung macht Dich stärker und schützt Sehnen, Gelenke und Bindegewebe wie ein Panzer gegen Überlastung.
Menschen, die ihre Körperspannung trainieren, entwickeln außerdem einen höheren Muskeltonus. Das heißt, ihre Muskeln wirken auch härter und definierter.
Zumindest dann, wenn der Körperfettanteil niedrig ist.
Der Calisthenics-Athlet Frank Medrano ist ein gutes Beispiel.
Ich kenne nur Wenige, die bewusst ihre Körperspannung trainieren.
Aber ich sehe oft Menschen im Studio, denen sie fehlt. Damit trainieren sie nicht nur ineffektiv, sie gehen auch ein (unnötiges) Risiko für Verletzungen ein.
Die Statik Deines Körpers gibt Dir Statur.
Spielst Du gerne Jenga? Dann wird Dir das folgende Modell sofort einleuchten.
Vereinfacht gesagt, kannst Du Dir Deinen Körper als einen Stapel großer Schuhkartons vorstellen. Das Gebäude ist dann am stabilsten, wenn die Kartons genau aufeinander stehen.
Weicht die Position der Kartons zu sehr ab, gerät der gesamte Turm ins wanken …
Noch eine Sache…
Körperspannung wirkt sich auf Dein Charisma aus.
Ohne Körperspannung fehlt Dir die Statur. Du wirkst kraftlos, grobmotorisch, plump. Das wirkt nicht nur auf andere Menschen faul oder antriebslos. Es beeinträchtigt auch Deine eigene Stimmung.
Wenn Du eine natürliche Körperspannung hältst, trittst Du auch im Alltag anders auf. Dann gehörst zu denjenigen Menschen, die, wenn sie einen Raum betreten, sofort eine magische Aura ausstrahlen, die andere schwer in Worte fassen können.
Du bist präsent. Strahlst Souveränität und Rückgrat aus. Menschen werden Dich beobachten, ob sie es wollen oder nicht.
(Solltest Du das nicht wollen, überleg‘ Dir gut, ob Du jetzt weiterliest…)
Was ist Körperspannung?
Körperspannung entsteht, wenn Du die Muskeln Deines Körpers kontrahierst, ohne Dich zu bewegen.
Wenn Du einen Muskel statisch anspannst, nennt man das isometrische Muskelkontraktion.
Klingt kompliziert, ist aber schnell erklärt:1
- iso = gleiche
- metrisch = Länge
Also „gleiche Länge“.
Bei einer isometrischen Kontraktion bleibt die Länge Deines Muskels gleich, obwohl Du ihn anspannst.
Das bewerkstelligst Du, indem Du den Gegenspieler ebenfalls kontrahierst.
Lass uns ein Experiment machen:
- Spann den rechten Bizeps an, ohne den Unterarm dabei zu bewegen.
- Leg Deine linke Hand auf den rechten Bizeps, während Du ihn an- und entspannst. Du spürst, wie der Muskel kontrahiert.
- Nun fühle mit der linken Hand, wie Dein Trizeps ebenfalls kontrahiert, obwohl Du „eigentlich“ nur den Bizeps bewusst anspannst.
Das ist isometrische Kontraktion.
Planks oder ein Handstand sind ein Beispiel für eine isometrische Kraftübung.
Körperspannung ist eine zwingende Voraussetzung dafür, dass Du die Grundübungen korrekt und sicher durchführst.
Also Übungen wie Kniebeugen, Kreuzheben, Klimmzüge oder Schulterdrücken.
Die meisten Sportarten sind ohne Körperspannung ineffektiv oder gar unmöglich. Ob Karate oder Klettern, Surfen oder Snowboarden, Tanzen oder Turnen – aber auch Laufen.
Wenn Du mehr aus Deinem Fitnesstraining herausholen willst, solltest Du nicht nur wissen, was Körperspannung ist. Du solltest maximale Körperspannung kennen.
Was ist maximale Körperspannung?
Angenommen wir tragen Deine Körperspannung auf eine Skala von 1-10 auf. 1 steht für „nasser Sack“, 10 für „Granit“.
Aufgabe fürs nächste Workout: Versuch‘ mit maximaler Körperspannung zu trainieren.
Meine These ist folgende: Wenn Du schon etwas Erfahrung mit Krafttraining hast, kommst Du vermutlich auf eine 7 von 10.
Das ist gut. Aber was bedeutet nun 10 von 10?
Jetzt wird es spannend.
Nimm‘ den klassischen Liegestütz als Beispiel.
Körperspannung trainieren am Beispiel Liegestütz
So führst Du einen Liegestütz mit maximaler Körperspannung durch:
- Geh‘ in die Liegestütz-Ausgangsposition (Planke mit ausgestreckten Armen).
- Rotiere Deine Schultern nach Außen.
- Achte darauf, dass Deine Handflächen und alle 10 Finger unter konstanter Spannung stehen.
- Drück‘ Deine Unterarme nach vorne, während Du den Trizeps gleichzeitig nach hinten presst.
- Zieh‘ Deinen Brustkorb nach unten und spann‘ Deine Bauchmuskeln an. Härter. Noch härter. Stell‘ Dir vor, Bruce Lee wollte Dir einen seiner legendären 1-Zoll-Schläge in die Magengrube verpassen.
- Nun achte besonders darauf, dass Du nicht nur Deine Bauchmuskeln anspannst, sondern Deinen gesamten Rumpf. Also 360°, wie ein Gürtel, der Deinen Torso umschlingt.
- Kippe Dein Becken minimal nach vorne und spann‘ Deinen Glutaeus Maximus richtig hart an. Das nennst Du „anspannen“? Härter. Noch härter. Keine Angst, vor’m Krampf im Hintern, weiter!
- Jetzt konzentrier‘ Dich auf beide Lat-Muskeln. Verwandle sie zu Stein.
- Spanne den Quadrizeps richtig hart an und versuche dabei, Deine Kniescheiben hoch in Richtung Hüfte zu ziehen.
- Versuche, den Boden unter Deinen Zehen in Richtung Deines Kopfes zu ziehen.
- Stell Dir vor, ein langes Thera-Band würde Deinen gesamten Körper zusammenziehen, von den Hacken bis über den Hinterkopf. Nun drückst Du das Band mit Deinem gesamten Körper soweit wie möglich auseinander.
JETZT endlich … ist es soweit.
- Beginne, Deinen Körper abzusenken.
- Ziehe Dich dabei nach unten, als wolltest Du eine Metallfeder in 2 Sekunden kontrolliert zusammendrücken.
- Lass‘ dabei NICHT nach. Die Körperspannung bleibt maximal!
- Sobald Du unten ankommst, drückst Du Dich schnell, aber kontrolliert und ohne Schwung wieder nach oben. Du hältst weiterhin jeden Muskel unter maximaler Spannung.
- Die Rückführung kannst Du nahezu explosiv durchführen. Jedenfalls dann, wenn Du in puncto Körperspannung trainiert bist.
- Jetzt 5 weitere solcher Wiederholungen. Damit bringst Du Deinen Puls zum Anschlag und ich garantiere Dir – Du wirst schwitzen.
DAS ist maximale Körperspannung!
Wie kann man Körperspannung trainieren?
Eine gute Körperspannung entsteht in Deiner Mitte. Du brauchst einen starken Rumpf. Den bekommst Du vermutlich viel leichter, als Du denkst:
Jede Situation eignet sich, um Deine Körperspannung zu trainieren.
Richtiges Krafttraining ist eine der besten Möglichkeiten, Deine Körperspannung zu verbessern. Dabei erhöht jede Art von Sport die Körperspannung.
Und Du brauchst keinen Sport, um Deine Körperspannung zu trainieren:
Je mehr Du im Alltag auf Deine Körperspannung achtest, desto mehr gewöhnst Du Deine Muskulatur an einen erhöhten Tonus.
Damit fällt es Dir nicht nur im Training leichter, Deinen gesamten Körper anzuspannen. Du wirst auch auf andere Menschen sehr viel präsenter wirken.
So entwickelst Du diese magische Aura, die einige Menschen umgibt und dazu führt, dass andere Dich sofort wahrnehmen, wenn Du einen Raum betrittst …
Lass uns zuerst darüber reden, wie Du Deine Körperspannung ohne zusätzlichen Zeitaufwand in Alltagssituationen trainierst. Danach gehen wir dann ins Training.
1. Körperspannung trainieren im Alltag
Der erste Schritt zu mehr Körperspannung führt auch hier über Dein Bewusstsein.
99% Deiner tagtäglichen Bewegungen führst Du unterbewusst durch. Und das ist auch gut so.
Stell‘ Dir vor, Du würdest jede einzelne Bewegung – auch die Deiner Augen – bewusst steuern, um diesen Text zu lesen.
Natürlich wäre es dann etwas viel verlangt, dabei auch noch den Inhalt zu erfassen. Andererseits würdest Du dabei vielleicht etwas aufrechter sitzen oder stehen.
Genau diese Bewusstheit kannst Du in jeder beliebigen Alltagssituation trainieren.
Du versuchst einfach möglichst oft, Alltagsbewegungen ganz bewusst durchzuführen:
- den Griff zur Kaffeetasse,
- das Öffnen einer Tür,
- den Spaziergang zum Supermarkt,
- das Bedienen von Touchscreen oder Tastatur,
- das Anziehen Deiner Schuhe,
- etc.
Vielleicht bist Du überrascht, wie schnell Dein Körpergefühl und Deine Körperspannung sich verändern.
💡 Tipp: Es ist es keine gute Idee, das am Steuer (oder in anderen sicherheitsrelevanten Situationen) zu üben, in denen Deine hundertprozentige Aufmerksamkeit gefordert ist. Am besten eignen sich Situationen, in denen wenig schief gehen kann.
2. Körperspannung trainieren durch Krafttraining
Krafttraining ist für sich genommen eine hervorragende Möglichkeit, Deine Körperspannung im Alltag zu steigern.
Und wenn Du mehr aus Deinem Training herausholen willst, geht da noch was!
- Egal, welche Kraftübung Du ab heute durchführst – ich möchte, dass Du bewusst auf eine hohe Körperspannung achtest. Das ist beim Muskeltraining mit freien Gewichten essenziell, aber es ist auch dann wichtig, wenn Du mit Maschinen arbeitest.
- Trainiere den Liegestütz mit maximaler Körperspannung. Das perfektioniert nicht nur Deine Liegestütz-Technik. Du trainierst Deine Geist-Muskel-Verbindung („Mind Muscle Connection“) und entwickelst ein neues Muskelgefühl.
- Trainiere möglichst frei. Ersetze Maschinen-Training durch Grundübungen, Bodyweight-Übungen und Übungen mit freien Gewichten.
Wenn Du Dein Krafttraining ab sofort mit hoher Körperspannung durchführst, wirst Du nicht nur bessere Fortschritte machen.
Du wirst auch resistenter gegen Verletzungen und … Du trainierst Dein zentrales Nervensystem.
Fazit
Turner trainieren ihre Körperspannung, Karateka auch. Aber im Fitnessstudio wird die Körperspannung leider oft vernachlässigt.
Wer mit niedriger Körperspannung trainiert, riskiert nicht nur Stagnation sondern auch Verletzungen.
Dranbleiber trainieren zum Glück anders. Sie achten auf ihre Körperspannung beim Krafttraining und bewegen sich auch im Alltag bewusster.
Falls ja, könnte es sein, dass Du nicht nur im Training bessere Fortschritte machst, als Deine Mitmenschen. Es ist gut möglich, dass Du auch im Alltag eine magische Präsenz ausstrahlst – und Dir alle Blicke folgen…
Viel Erfolg beim Training!
Hast Du der Spannung Deiner Muskulatur bisher Aufmerksamkeit gewidmet? Vielleicht hast Du bereits Erfahrungen damit gemacht, wie Du Deine Körperspannung trainieren kannst? Teile Deine Erfahrungen und schreib einen Kommentar.
Bildquellen
Fotos im Artikel „Körperspannung trainieren“: Frédéric de Villamil, Beth Scupham, Arya Ziai, sunchild123, Shandi-lee, liam_somerville / Flickr.
- The British National Coaching Foundation, Physiology and Performance, 1988 [↩]