Warum ist körperliche Veränderung, der Weg zur Traumfigur so oft zum Scheitern verurteilt? Weil die meisten Menschen gegen ihre Identität handeln – ohne es zu merken.
Du bist Du, also versuch‘ nicht ein anderer Mensch zu sein. Ich weiß, dass die Werbung und einige Selbsthilfe-Seminare gern anderes behaupten, aber so funktioniert es nicht.
Du veränderst Dich nicht, indem Du Dich verbiegst. Keine Chance.
Wie ein Verdurstender in der Wüste, der einer Fata-Morgana hinterherjagt – sie ist unerreichbar. Am besten hörst Du auf, unnötig Energie darauf zu verschwenden, jemand anderes sein zu wollen. Mach‘ lieber etwas anderes.
Warum Veränderung so nicht funktioniert? Weil Veränderung ein gedankliches Konstrukt ist. Du hast sie erfunden, um Dich besser zu fühlen (oder schlechter).
Gestern hatte ich diesen Artikel noch nicht geschrieben. Heute ist er fertig. Habe ich mich seitdem verändert?
Ja und nein — beide Aussagen sind korrekt. Je nachdem, wie Du Veränderung definierst. Faktisch veränderst Du Dich permanent und bleibst doch der gleiche Mensch.
Was Du als Veränderung definierst oder nicht, ist eine imaginäre Grenze in Deinem Kopf.
Beispielsweise könnte ich entscheiden, dass „Veränderung“ für mich bedeutet, in meinem Sport der schnellste, stärkste oder tougheste zu sein.
Dann würde ich mich für den Rest meines Lebens fertig machen, weil ich mich nicht „verändere“.
Diese „Veränderung“ wäre eine Utopie.
Ich könnte „ich verändere mich“ aber auch so definieren, dass ich im Restaurant das nächste Mal eine Ofenkartoffel ordere, anstelle von Pommes rot-weiß.
Diese Art der Veränderung? Easy!
Hand aufs Herz, hilft eine dieser Definitionen jetzt weiter?
Nicht wirklich, oder …?
Was ist Veränderung?
Wenn der Partner plötzlich weg ist, versprechen Menschen ihrem Ex-Partner (oder Therapeuten) mit Tränen in den Augen, sie würden sich verändern und ein neuer Mensch werden.
Wenn ein notorischer Lügner verspricht, ab sofort die Wahrheit zu sagen, hat er sich „verändert“? Ist er für immer „geheilt“? Wird er nie mehr lügen? Und selbst wenn, spielt es überhaupt eine Rolle? Sag’s uns – und Millionen angepisste Ex-Frauen hätten sicher auch gern eine Antwort.
Meine These ist:
Wir wissen nicht, was „Veränderung“ bedeutet, solange wir nicht wissen, wer wir sind.
Wenn Du morgen früh aufwachst und das EXAKTE Gegenteil von dem tust, was Du heute getan hast – bist Du dann ein neuer Mensch? Oder bist Du einfach der Gleiche, der sich dazu entschieden hat, etwas Neues auszuprobieren.
Mal im Ernst, spielt es überhaupt eine Rolle zu wissen, was „Veränderung“ ist? Ich finde nicht. Und die Grübelei darüber hat in meiner Welt auch nur begrenzten Wert.
Hier ist das Problem mit dem Begriff „Veränderung“.
Veränderung impliziert ein Ideal.
Ein Ideal, das imaginär (und oft utopisch) ist. Da sind viele schlechte Gefühle vorprogrammiert. Wer seinen Idealvorstellungen nicht gerecht wird, gerät aus dem Takt, macht sich selbst fertig – oder gibt wahlweise anderen die Schuld für seine hoffnungslose Situation.
Hier ist ein Beispiel. Es ist eine Sache, wenn Du Dir sagst: „Ich will mindestens dreimal pro Woche ins Fitnessstudio gehen.“ Und eine völlig andere, wenn Du sagst: „Ich will ein neuer Mensch werden. Jemand, der mindestens dreimal pro Woche ins Fitnessstudio geht.“
Fühlst Du den Unterschied? Die erste Aussage ist simpel:
Du willst ins Fitnessstudio gehen.
Also tust Du es (oder lässt es).
Die zweite Aussage impliziert, dass Du zuerst ein komplett neuer Mensch werden musst, um dreimal pro Woche trainieren zu gehen.
Dadurch baust Du eine Menge emotionalen Drucks auf. Solange Du es perfekt hinbekommst (die meisten schaffen es nicht!), wirst Du belohnt – mit dem Gefühl, jetzt ein „neuer Mensch“ zu sein.
Aber wehe, Du wirst Deinem Maßstab nicht gerecht.
Dann fühlst Du Dich wie ein Totalversager.
Das Problem bist nicht Du.
Das Problem ist Deine IDENTITÄT.
Dann passiert folgendes: Sobald Du etwas nicht schaffst, was Du Dir vornimmst (was, lass uns Klartext reden, nur eine Frage der Zeit ist), denkst Du: „Hm, vielleicht verarsche ich mich ja selbst. Vielleicht bin ich einfach kein sportlicher Mensch. Warum tue ich mir das überhaupt an?“
Weil Du entschieden hast, dass irgendwelche willkürlichen Handlungen etwas mit Deiner Person zu tun haben, würde das Unvermögen, jeden Tag joggen zu gehen (wenn das der Maßstab wäre) gleichzeitig ein Urteil über Deinen Wert als menschliches Wesen darstellen.
Das Ergebnis? Selbsthass. Und die Motivation? Geht den Bach runter.
Es gibt keine unsportlichen Menschen.
Es gibt nur Menschen, die regelmäßig Sport treiben (oder eben nicht).
Wir könnten es auch anders formulieren: Jeder Mensch ist sportlich. Weil eine spielerische körperliche Betätigung – und darum geht es beim Sport ja – zutiefst menschlich ist.
Wie gut kennst Du Deine Programmierung?
In Die subtile Kunst des darauf Scheißens schreibt Mark Manson darüber, was eine gesunde Identität ausmacht. Er empfiehlt:
Halte Deine Identität so einfach wie möglich.
Ich mag den Ansatz. Denn die Identität ist die unterste Ebene, die Dein Verhalten und Deine Emotionen ganz automatisch und unbemerkt steuert.
Das bedeutet: Je mehr Du Deine Identität mit Messbarem anfütterst – wie oft Du trainieren solltest, wie viel Kalorien Du isst, welche Zahl auf der Waage steht –, desto mehr emotionale Turbulenzen erwarten Dich, sobald Du davon abweichst. Die damit verbundenen Probleme können bisherige Fortschritte leicht zum Versanden bringen.
Hier ist ein anderer Gedanke …
Das Leben ist eine lange Folge von Taten und Entscheidungen.
Bei den meisten Menschen, und da nehme ich mich nicht aus, sind diese Entscheidungen überwiegend suboptimal.
Und was die meisten Menschen unter „Veränderung“ verstehen, ist folgendes:
Du triffst künftig ETWAS bessere Entscheidungen und tust ETWAS bessere Dinge, als bisher.
Für viele von uns würde das bedeuten, etwas mehr Obst und Gemüse zu essen, etwas regelmäßiger zu trainieren oder etwas mehr auf gesunden Schlaf zu achten. Letzteres war für mich lange ein Thema.
Früher hielt ich Schlaf für unproduktive Zeit.
Ich habe mich gut ein Drittel meines Lebens wenig darum geschert, wie wenig ich schlafe. Das zog eine ganze Armada von Problemen nach sich.
Tagsüber war ich müde und gestresst. Das Training wurde zur Tortur und am Wochenende war ich ein fertiges Wrack. Ging ich dann noch feiern oder trank Alkohol, um zu „entspannen“, wurde alles noch schlimmer.
Ich habe es zwar irgendwie geschafft, 17 Marathons zu laufen, regelmäßig an die Hanteln zu gehen und sogar noch einigermaßen die Form zu halten. Aber frag‘ mich bitte nicht, wie (jedenfalls war viel Koffein im Spiel).
Anstelle zu erkennen, dass ich nicht nur voll auf dem Gaspedal, sondern gleichzeitig auch voll auf der Bremse stand, sah ich mein Verhalten als Teil meiner Identität an.
Ich sagte: „Ich bin ein so ein krasser, harter Typ. Schei** aufs Schlafen, ich brauche das nicht. Mami, schau her, was ich alles hinkriege!“
Mit 22 kam ich damit noch durch, mit 32 nicht mehr.
Mit Anfang 30 begann ich mehr und mehr, mit meinem Lebensstil auf Grund zu laufen.
Eine Sportverletzung reihte sich an die andere und im Training trat ich bestenfalls auf der Stelle, während sich das Hamsterrad immer schneller drehte. Als ich dann noch einen Testosteronmangel attestiert bekam, wusste ich:
Jetzt ist Schluss. Du musst etwas ändern!
Was uns zum Kern der Sache bringt. Anstelle meine schlechten Gewohnheiten zu hinterfragen, doktorte ich an den Symptomen herum. „Ich bin ein Marathonläufer“: Das war damals genauso Teil meiner Identität, wie „Kraftsportler“, „Ingenieur“, „Teamleiter“, „Projektmanager“ und „Startup-Gründer“. Einiges davon begeisterte mich nach wie vor, aber bei einigen dieser Themen wusste ich keine Antwort mehr auf die Warum-Frage.
In der Zeit habe ich viel gegen mich selbst gekämpft, wie Du Dir vielleicht denken kannst.
Erst während meiner Coach-Ausbildung lernte ich das Konzept der Identität kennen.
Ich begann, meine eigene Identität zu hinterfragen: Womit tue ich mir in meinem jetzigen Lebensabschnitt gut, womit nicht? Zum Beispiel kam ich zu dem Schluss, das Marathonlaufen aufzugeben, aber auch den bisherigen „sicheren“ Arbeitsplatz.
Mir wurde bewusst, dass es mir weniger um Leistung geht, sondern darum, dass ich mich in meiner Haut wohlfühle. Ich wünschte mir vor allem eine athletischere Figur – und mir war klar, dass ich dazu keine 42,195 Kilometer am Stück in unter 3 Stunden laufen können muss. Warum so viel Leistungsdruck, wenn nackt gut aussehen auch ohne Leistungssport funktioniert?
Da war zu viel Struggle, zu viel Druck. Heute stelle ich mir vor allem eine Frage:
„Tust Du Dir damit etwas Gutes?“ Ja? Dann los, mach.
Oh, Du hast es nicht hinbekommen? Ist es immer noch gut für Dich? Ja? Dann los, probier’s weiter. Und wenn Du an irgendeinem Punkt des Weges feststellst, dass es Dir nicht mehr guttut, lässt Du es.
Finito.
Nicht Dich, sondern Deine Gewohnheiten Du verändern musst!
Wenn die Veränderung sich für Dich bisher nach viel Kämpfen angefühlt hat, wenn es Dir schwerfiel, ungesunde Gewohnheiten loszulassen, dann hängt das meist damit zusammen, wie Deine Gewohnheiten mit Emotionen verflochten sind.
Ein Raucher raucht nicht einfach nur Zigaretten.
Seine Identität ist vollständig mit dem Rauchen verwoben. Es verändert sein Sozialleben, seine Ess- und Schlafgewohnheiten, seine Sicht auf sich selbst und andere Menschen.
Für Freunde und Familie ist er einfach „der Raucher“.
Er geht eine Beziehung mit dem Glimmstängel ein, so wie Du und ich eine Beziehung zu einem Haustier oder Lieblingsspielzeug aufbauen.
Sobald jemand entscheidet, sich „ändern zu wollen“ und mit dem Rauchen aufzuhören geht es darum, die komplette Identität als Mensch zu verändern – all die Beziehungen, Gewohnheiten und Glaubenssätze, die er für X Jahre in nur eine Verhaltensweise investiert hat.
Kein Wunder, dass immer noch so viele Menschen rauchen.
Obwohl fast alle mindestens einmal versucht haben aufzuhören.
Der Trick beim Mit-dem-Rauchen-aufhören – und das gilt für jede schlechte Gewohnheit – ist die Einsicht, dass Deine Identität nicht in Stein gemeißelt ist.
Deine Identität ist eine mentale Skizze, die mit „Ich!“ etikettiert ist.
Sie ist willkürlich. Deshalb kannst Du sie nach Deinen Wünschen formen, wie Deinen Glutaeus Maximus durch den Hip Thrust.
Sobald der „Raucher“ kein Raucher mehr ist, sondern einfach ein „Mensch, der sich ab und an dazu entschieden hatte zu rauchen“ … ist er kein Raucher mehr.
Eigentlich ist er sein ganzes Leben schon Nichtraucher gewesen – nämlich immer dann, wenn er gerade nicht geraucht hat.
Fühlst Du den Unterschied? Was passiert, wenn Du Identität und Handlungen entkoppelst?
Falls Du Dich also jemals für unsportlich gehalten hättest: Vergiss es! Du bist ein sportlicher Mensch, der sich einfach nur entschieden hatte, eine Zeitlang nicht zu trainieren.
Du wärst auch nie fett gewesen, und wirst es auch nie sein. Du hattest einfach nur entschieden, einem bestimmten Lebensstil nachzugehen und so hat sich Dein Körperfettanteil verändert.
Es sind nur Dinge, die Du bisher getan hast. Und Taten zu verändern ist so leicht, wie … eben einfach etwas anderes zu tun. Eine Handlung zur Zeit.
Du bist nicht Deine Taten. Und Deine Identität bestimmst Du selbst!
Es spielt keine Rolle, sich Gedanken zu machen, was andere denken, wer Du bist oder was Du bist oder was der Papst über Dich denkt.
Weil er es nicht tut. Und die meisten Menschen ebensowenig.
So wirst Du zum Dranbleiber
Wie änderst Du Deine mentale Programmierung, wie formst Du Deine Identität? Es ist das gleiche Prinzip wie im Training:
Du formst Deine Identität wie einen Muskel — eine Wiederholung nach der anderen.
Auch hier geht es nicht um Perfektion. Entscheidend ist, dass Du es wieder und wieder tust und Dich kontinuierlich damit beschäftigst:
„Ich bin ein Dranbleiber.“
Die Regelmäßigkeit ist der Schlüssel, denn nur so gräbst Du den Gedanken tief in Dein Unterbewusstsein ein … bis er ein Teil von Dir wird.
Die Identität ist am stärksten, weil sie alle anderen Wahrnehmungsebenen beeinflusst: Werte, Sichtweisen und Dein HANDELN. Ob Fitness, Athletik, der Weg zu einer schlanken Figur – was auch immer „nackt gut aussehen“ für Dich bedeutet:
Ich bin fest davon überzeugt, dass der Weg dorthin Spaß machen darf.
Und genauso können die vielen Wiederholungen mit Leichtigkeit, ganz natürlich zu Dir finden.
Es gibt unzählige Möglichkeiten, wie Du das in Dein Leben integrierst.
Zum Beispiel kannst Du Dich regelmäßig mit Themen über das Dranbleiben beschäftigen – über Email-Newsletter, Podcasts, Bücher oder Artikel wie diesen.
Du kannst Deinen Handyhintergrund anpassen und unseren #DRNBLBR-Hashtag nutzen, wenn Du etwas auf Instagram postest.
Mehr als eintausend Menschen tragen die Motivation der Identität auf ihrer Haut und schlüpfen in die Kleidungsstücke mit unserem Hashtag, wenn sie einen Push oder Feel-Good-Moment brauchen. (Einige sind sich auf diese Weise sogar zufällig begegnet und haben sich „offline“ am Hashtag erkannt.)
Die #DRNBLBR Kollektion ist für uns eine Herzensangelegenheit, seitdem wir damit 2016 – damals als Kickstarter – losgelegt haben. Wir lassen die Kleidungsstücke auf Bestellung individuell für Dich fertigen, bisher ein- bis zweimal im Jahr.
Wir nehmen etwa zweimal pro Jahr hier Bestellungen auf.
Beziehungsweise öffnen eine Warteliste für die nächste Bestellung. Wenn Du dabei sein willst, klicke bitte hier. (Wir öffnen unseren Pop-Up-Onlineshop meist zweimal pro Jahr. Ansonsten gibt es eine Benachrichtungsliste, in die Du Dich eintragen kannst. So verpasst Du nichts.)
All das sind, und das ist der entscheidende Punkt, KANN- und keine MUSS-Kriterien.
Die Wiederholung ist der Schlüssel zum Dranbleiben. Das gilt nicht nur fürs physische Training, sondern auch, wenn wir über die Identität reden. Und das bringt uns zurück zum Anfang:
Du musst Dich nicht verändern, um nackt gut auszusehen – nur Deine Programmierung.
Sie steuert Deine unbewussten Entscheidungen und Dein Handeln und wenn Du sie richtig formst, fallen Dir auch die bewussten Handlungen dadurch leichter und leichter.
Frage(n): Welche Tools nutzt Du, um Dich zu motivieren und an Dir zu arbeiten? Was bedeutet „Dranbleiber sein“ für Dich? Schreib einen Kommentar.
P.S. Unten findest Du eine Reihe von Fotos unserer neuen #DRNBLBR Hoodies – unseren neuen Lieblings-Communitykleidungsstücken. 😍
(Die Fotos hat wieder einmal der großartige Jörg Rothhaar für uns geschossen. Danke für Deine Mühe, Jörg!)
Bildquellen
Titelbild und #DRNBLBR Kollektion: © Jörg Rothhaar.
© Shutterstock.com: TY Lim (Meister Yoda).