Heute geht es um ein vergessenes Schmuckstück für Deinen Traumkörper.
Ein Thema aus dem Fitness Coaching. Das Geheimnis der kinetischen Kette.
Glaub‘ mir, dieses Schmuckstück wird auch Dir gut stehen.
In diesem kurzen Artikel lernst Du ein altes physikalisches Prinzip kennen, das Dir hilft, nackt gut auszusehen.
Warum Du eine kinetische Kette tragen solltest
Wenn Du Dich mit Fitness Trainern oder Physiotherapeuten unterhältst, wirst Du früher oder später den Begriff „kinetische Kette“ hören.
Es ist ein wichtiges Prinzip im Training und für Deine muskuläre Entwicklung. Aber wenn Du nachfragst, wird Dir sicher nicht jeder erklären können, was wirklich dahinter steht.
Die Sache ist die: Wenn Du das Konzept dahinter kennst, VERSTEHST Du besser, warum bestimmte Fitnessübungen anderen überlegen sind.
Kunden, die einen Trainingsplan von mir bekommen, können sich anhand dieses Prinzips selbst ein Bild davon machen, ob mein Plan etwas taugt (und sich ggfs. bei mir beschweren, falls nicht!)
Wenn Du die Trainingsprinzipien verstehst, wirst Du zukünftig auch ohne fremde Hilfe immer besser selbst Anpassungen vornehmen können.
Interessiert? Okay, dann let’s go…
Was ist eine kinetische Kette?
Das Konzept datiert auf den Maschinenbau-Ingenieur Franz Releaux zurück.
Den Namen musst Du Dir nicht merken. Die Tatsache, dass er Ingenieur war, schon eher.
Hey, schließlich muss mein Maschinenbau-Studium doch für irgendetwas gut gewesen sein. 😉
Es geht schlicht und einfach darum, dass ein Körper einen anderen beeinflussen kann, wenn er über ein Gelenk verbunden ist.
Das Gelenk ist an dieser Stelle die KINETISCHE VERBINDUNG.
Unser Körper ist genau so aufgebaut – eine Kette von Gliedmaßen, die über Gelenke verbunden sind und sich dadurch bewegen können.
Nehmen wir zum beispiel das Kniegelenk. Es verbindet Deinen Unterschenkel mit dem Oberschenkel und bildet eine kinetische Kette.
Eine KINETISCHE KETTE ist also „eine Kombination verschiedener miteinander verbundener Gelenke, die eine komplexe Bewegung ausführen.“
Die BEWEGUNG in der kinetischen Kette kann auf zwei Arten erfolgen (und jetzt wirds interessant fürs Training):
- Bewegung in einer OFFENEN kinetischen Kette
- Bewegung in einer GESCHLOSSENEN kinetischen Kette
Eine Sache am Rande: In der Mechanik spricht man eigentlich von „kinematischer Kette“, aber wenn Du kein Ingenieur bist oder werden willst, kannst Du diesen Hinweis getrost ignorieren.
1. Was ist eine OFFENE kinetische Kette?
Wenn das ENDE der kinetischen Kette sich FREI bewegen kann, ist sie OFFEN:1
Bei Übungen in einer OFFENEN kinetischen Kette kannst Du die Hand oder den Fuß frei bewegen. 2
Isolationsübungen für bestimmte Muskeln oder Muskelbereiche sind meist Übungen in einer offenen kinetischen Kette.
Hier sind ein paar Beispiele für Kraftübungen, die eine offene kinetische Kette bilden:
- Beinstrecker
- Bein Curler
- Bankdrücken
- Bizeps-Curls
- Trizeps-Extensions im Liegen
Die Bewegung in der offenen kinetischen Kette ist instabiler und oft weniger funktionell als bei einer geschlossenen kinetischen Kette.
Das ist nicht immer ein Nachteil. Wenn Du einen bestimmten Muskel isoliert trainieren willst, um ihn gezielt aufzubauen, dann bieten sich Übungen in der offenen kinetischen Kette an.
2. Was ist eine GESCHLOSSENE kinetische Kette?
Wenn das Ende der Kette FIXIERT ist, ist die Kette GESCHLOSSEN:
Bei Übungen in einer GESCHLOSSENEN kinetischen Kette kannst Du Deine Hand oder Deinen Fuß NICHT frei bewegen.
Das führt dazu, dass die Gelenke unter größerer Spannung stehen und so stabilisiert werden.
Übungen, die eine geschlossene kinetische Kette bilden, sind in der Regel FUNKTIONELLER als Übungen, die eine offene Kette bilden.3
Beispiele:
- Kniebeugen
- Beinpresse
- Kreuzheben
- Ausfallschritte
- Liegestütze
- Klimmzüge
- Dips
- Sprünge (z.B. Box-Jumps)
Wenn Du diese Übungen durchführst, trainierst Du automatisch Deine Körperspannung, weil stets mehrere Muskelgruppen (oft der ganze Körper) involviert ist.
Bodyweight Übungen bilden meist eine geschlossene Kette.
Sind Übungen in der offenen kinetischen Kette jetzt grundsätzlich schlecht?
Nein, sie haben absolut ihre Berechtigung. Zum Beispiel dann, wenn Du einen Muskel isoliert aufbauen möchtest – vielleicht, weil es sich um eine Schwachstelle handelt oder Du verletzt warst.
Auch solltest Du bedenken, dass das Modell der kinetischen Kette eben nur das ist … ein Modell. Ein hilfreiches, wie ich finde, um Deinen Trainingsplan sinnvoll aufzubauen.
Wie in jedem Modell gibt es auch hier eine Grauzone. Eine meiner Lieblingsübungen trainiert den ganzen Körper, ist aber eine Übung, die eine offene Kette bildet: Es ist das stehende Schulterpressen mit der Langhantel.
Ich sehe täglich Menschen im Fitnessstudio, die fast ausschließlich Übungen in der offenen Kette trainieren. Sie wundern sich, dass die Fortschritte ausbleiben.
Die Balance ist also wichtig. Wenn Du einen Trainingsplan erstellst (oder einer Qualitätsprüfung unterziehst), dann sollten Übungen an der geschlossenen Kette das Fundament bilden. Übungen der offenen Kette ergänzen dann sinnvoll.
Fazit
Die Grundübungen wie Kreuzheben, Kniebeugen, Klimmzüge und Liegestütze sind Übungen, die eine geschlossene Kette bilden.
Übungen, die eine offene kinetische Kette bilden, sind nicht grundsätzlich schlecht. Wenn Du das Augenmerk auf einen bestimmten Muskel legen und ihn isoliert trainieren willst, dann sind Übungen in der offenen kinetischen Kette meist die bessere Wahl.
Aber das Fundament Deines Trainings sollte auf Übungen in der geschlossenen kinetischen Kette fußen.
Ein guter Trainingsplan enthält für jede Muskelgruppe eine Übung, die eine geschlossene kinetische Kette bildet. Und ergänzt mit Übungen der offenen Kette.
Frage der Woche: Geh‘ Deinen Trainingsplan einmal durch. Welche Übungen der geschlossenen kinetischen Kette trainierst Du? Wie hoch ist der Anteil der offenen Übungen? Nenne ein paar Beispiele und schreib‘ einen Kommentar.
Fotos im Artikel „kinetische Kette“: © Depositphotos/fotomircea, (cc) Wikipedia/NASA.
- Open and closed kinetic chain exercises improve shoulder joint reposition sense equally in healthy subjects. Rogol IM, Ernst G, Perrin DH. J Athl Train. 1998 Oct;33(4):315-8. [↩]
- Fleming, Braden C.; Heidi Oksendahl; Bruce D. Beynnon (1 September 2005). „Open- or Closed-Kinetic Chain Exercises After Anterior Cruciate Ligament Reconstruction?“ (PDF). Exercise Sport Science Review 33 (3): 134. doi:10.1097/00003677-200507000-00006. Retrieved 28 April 2012 [↩]
- Weight training of the thigh muscles using closed vs. open kinetic chain exercises: a comparison of performance enhancement. Augustsson J, Esko A, Thomeé R, Svantesson U. J Orthop Sports Phys Ther. 1998 Jan;27(1):3-8. [↩]