TUT. Steht für Time Under Tension. Wenn Du Dich mit Muskelaufbau und Krafttraining beschäftigst, hast Du den Begriff vielleicht schon gehört.
Die These ist: Je länger der Muskel unter Spannung steht, desto höher der Trainingsreiz.
Und ein intensiver Trainingsreiz hilft schließlich beim Muskelaufbau und Fettabbau – oder?
Im letzten Artikel hast Du 7 grundlegende Elemente kennengelernt, die richtiges Krafttraining ausmachen.
Michael stellte in den Kommentaren eine gute Frage:
Warum ist die Belastungszeit, die Time Under Tension, dort nicht erwähnt?
In diesem Artikel erfährst Du alles, was Du über Time Under Tension wissen musst, um unter Fitness-Freaks als totaler Experte durchzugehen. 😉
Außerdem erfährst Du:
- Was ist Time Under Tension (TUT)?
- Wie wichtig ist die Time Under Tension für Dein Training?
- Was wirklich eine Rolle spielt, wenn Du im Training Fortschritte machen willst
Bereit für dieses spannende Thema? Los geht’s!
Themenschwerpunkt: Richtiges Krafttraining
Dieser Artikel basiert auf der Arbeit meines US-Kollegen Mike Matthews. Seinen Beitrag findest Du hier.
Der Beitrag erscheint im Rahmen einer Schwerpunktserie mit Grundlagen zum richtigen Krafttraining. In der Rubrik „Muskelaufbau“ findest Du weitere Beiträge zum Thema.
Was ist Time Under Tension (TUT)?
„Deine Muskeln kennen kein Gewicht, sie kennen nur Spannung. Das ist es, was Muskelwachstum wirklich stimuliert“, sagen viele Bodybuilder.
Die Idee der „Time Under Tension“ (deutsch: „Zeit unter Spannung“) gibt es im Kraftsport seit einigen Jahrzehnten. Üblicherweise ist damit die Zeitdauer gemeint, für die Deine Muskeln während eines Trainingssatzes arbeiten.
Time Under Tension (TUT) steht für die Zeit, für die Deine Muskeln in einem Trainingssatz unter Spannung stehen.
Angenommen, ein Trainingssatz mit 8 Wiederholungen dauert 45 Sekunden. Dann ist die Time Under Tension – dreimal darfst Du raten – 45 Sekunden.
Zu Anfang war es nicht viel mehr als eine Theorie. Erst, als einige (teils zweifelhafte) Studien veröffentlicht wurden, die den Begriff Time Under Tension in der Inhaltsangabe führen, hielt der Begriff Einzug ins Mainstream-Training.1
In einigen Kreisen setzte sich so der Gedanke durch, das Gewicht sei weniger wichtig als die Dauer, für die der Muskel unter Spannung stünde. Die TUT-Idee war geboren. Und aus ihr entstanden neue Trainingsmodelle.
Vielleicht hast Du die Begriffe „Superslow-Training“ oder „HIT-Training“ (nicht zu verwechseln mit HIIT-Training) schon mal gehört? Dabei bewegst Du – entsprechend leichtere – Gewichte extra langsam, um eine möglichst hohe Time Under Tension zu erreichen.
Viele Menschen suchen nach der magischen Silberkugel, die all ihre Probleme löst – und als das wird die Time Under Tension oft verkauft.
Aber es ist, wie bei anderen vermeintlichen Wundermitteln: Es ist ein Faktor von mehreren.
Tatsächlich kannst Du die Time Under Tension vernachlässigen, wenn Du die wichtigsten Prinzipien richtigen Krafttrainings berücksichtigst.
Lass‘ uns herausfinden, warum.
Wie wichtig ist die Time Under Tension für Dein Training?
Es hat einen simplen Grund, dass Du die TUT nicht unter den hier genannten Krafttraining-Elementen findest.
Denk‘ an Dein Training der letzten 7 Tage. Beispiel Kniebeugen: Wieviel Gewicht hast Du gestemmt? Wieviele Wiederholungen?
Was passiert, wenn Du die Time Under Tension verdoppelst, indem Du jede Wiederholung nur halb so schnell durchführst?
Ganz genau. Du würdest – gleiches Gewicht vorausgesetzt – wesentlich weniger Wiederholungen schaffen. Je nach Tempo schaffst Du vielleicht nur die Hälfte oder gar weniger.
Und genau da liegt der Hund begraben, wenn Du die Time Under Tension wichtiger einstufst, als beispielsweise das Gewicht.
Der wichtigste Erfolgsfaktor im Krafttraining ist progressive Überlastung.
Anders formuliert: Mit der Zeit schaffst Du mehr und mehr Gewicht. Saubere Technik immer vorausgesetzt.
Wer einen muskulösen, starken oder definierten Körper entwickeln will, sollte im Krafttraining vor allem folgendes Ziel verfolgen:
Mit der Zeit bewegst Du mehr und mehr Gewicht.
Das gilt vor allem für die von uns, die schon etwas länger trainieren und die Einstiegsphase hinter sich haben. Also die Phase, in der – lapidar gesagt – fast alles, was mit Gewichten zu tun hat, Muskelwachstum triggert.
Wenn Du die Anzahl Wiederholungen absenkst, verrichten Deine Muskeln weniger Arbeit. Und mit der Arbeit, die Du verrichtest, sinkt auch der Trainingseffekt der meisten Muskelaufbau-Übungen.
Nun stellt sich folgende Frage:
Was ist wichtiger: Time Under Tension oder verrichtete Arbeit?
Um es klar zu stellen: Ich rede von Arbeit im physikalischen Sinne, die vom bewegten Gewicht und der zurückgelegten Strecke abhängt.
Kompensiert der Positiveffekt einer erhöhten Time Under Tension den Negativeffekt sinkender Muskelarbeit?
Die Wissenschaft sagt „nein“. Hier sind einige Beispiele:
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- Forscher der University of Oklahoma erzielten in dieser 4-Wochen-Studie bessere Ergebnisse mit einem herkömmlichen Trainingsansatz, als mit „super-slow“ Training.2
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- In dieser Studie der Universität Sydney wurden die Probanden, die Bankdrücken „normal schnell“ trainierten, schneller stärker, als diejenigen, die langsame Wiederholungen durchführten.3
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- Diese Studie der Universität Wisconsin kommt zu dem Ergebnis, dass selbst untrainierte Menschen mehr Kraft und Sprungkraft entwickeln, wenn sie Kniebeugen mit traditionellem Tempo trainieren.4
- Wissenschaftler der Uni Connecticut kamen in dieser Studie zu dem Ergebnis, dass sehr langsames Training zu geringerer Maximalkraft führt, als normales, selbstbestimmtes Wiederholungstempo.5
Die Ergebnisse dieser Studien decken sich mit den Erfahrungen, die ich selbst mit dem HIT-Training gesammelt hatte. Vor einigen Jahren trainierte ich für 12 Monate nach diesem Prinzip – hohe Time Under Tension, entsprechend weniger Gewicht. Es macht mir Spaß, Trainingsmodelle auszuprobieren, insofern ist alles gut. Aber die Fortschritte waren alles andere als berauschend.
Die wichtigsten Erfolgsfaktoren im Krafttraining sind letztlich progressive Überlastung und eine zielgerichtete Kombination aus Gewicht, Wiederholungen und Trainingssätzen.
Wenn Du diese Parameter im Griff hast, brauchst Du Dir über die Time Under Tension keine Sorgen zu machen.
Wenn Du diese Prinzipien befolgst, kannst Du die Time Under Tension ignorieren
Diese drei Variablen haben den größten Einfluss auf Deinen Fortschritt im Krafttraining:
- Trainingsfrequenz – Wie oft Du Deine Muskeln trainierst.
- Trainingsintensiät – Wie viel Gewicht Du bewegst und die Dauer der Satzpausen.
- Trainingsvolumen – Wie viele Wiederholungen Du durchführst.
Dabei solltest Du folgende Grundsätze beachten:
- Du trainierst häufig genug, um einen Trainingsreiz zu setzen, ohne dabei die Regeneration zu vernachlässigen,
- Du trainierst mit schweren Gewichten (80-90% Deines 1RM) und setzt vor allem auf Grundübungen und
- Du führst die „optimale“ Anzahl Wiederholungen für Dein Trainingsziel durch.
Mehr über die wichtigsten Trainingsprinzipien im Krafttraining in diesem Artikel.
Fazit
Time Under Tension (TUT) steht für die Zeit, für die Deine Muskeln in einem Trainingssatz unter Spannung stehen. Viele Menschen suchen nach der magischen Silberkugel, die all ihre Probleme löst – und als das wird die Time Under Tension oft verkauft. Tatsächlich kannst Du die Time Under Tension vernachlässigen, wenn Du die wichtigsten Prinzipien richtigen Krafttrainings berücksichtigst.
Die wichtigsten Erfolgsfaktoren im Krafttraining sind progressive Überlastung und eine zielgerichtete Kombination aus Gewicht, Wiederholungen und Trainingssätzen.
Wenn Du die 7 hier geschilderten Prinzipien im Griff hast, brauchst Du die Time Under Tension als Steuerungsgröße nicht mehr separat zu tracken – sie ergibt sich daraus.
Frage: Welche Erfahrungen hast Du mit der Time Under Tension als Parameter zur Trainingssteuerung gemacht? Teile Deine Erfahrungen und schreib‘ einen Kommentar.
Fotos im Artikel „Time Under Tension, TUT“: © Jacob Lund/Shutterstock.com.
- Burd, et al.: Muscle time under tension during resistance exercise stimulates differential muscle protein sub-fractional synthetic responses in men. J Physiol. 2012 Jan 15;590(2):351-62. doi: 10.1113/jphysiol.2011.221200. Epub 2011 Nov 21. [↩]
- Kim, et al.: Effects of 4 weeks of traditional resistance training vs. superslow strength training on early phase adaptations in strength, flexibility, and aerobic capacity in college-aged women. J Strength Cond Res. 2011 Nov;25(11):3006-13. doi: 10.1519/JSC.0b013e318212e3a2 [↩]
- Munn, et al.: Resistance training for strength: effect of number of sets and contraction speed. Med Sci Sports Exerc. 2005 Sep;37(9):1622-6 [↩]
- Neils, et al.: Influence of contraction velocity in untrained individuals over the initial early phase of resistance training. J Strength Cond Res. 2005 Nov;19(4):883-7 [↩]
- Hatfield, et al.: The impact of velocity of movement on performance factors in resistance exercise. Send to:
J Strength Cond Res. 2006 Nov;20(4):760-6 [↩]