3 beliebte Nahrungsergänzungsmittel, die überbewertet sind

Welche Nahrungsergänzungsmittel helfen? Welche sind Geldverschwendung? Hier sind drei beliebte Produkte, für deren Wirksamkeit es keinerlei wissenschaftliche Belege gibt.

Es kann also gut sein, dass die Lektüre dieses Artikels Dir eine Menge Geld spart – und den Hassel der Supplement-Einnahme. 

Stattdessen könntest Du in einen sportlichen Ausflug mit Deiner besseren Hälfte investieren, zum Beispiel. Oder neues Fitness-Equipment.

Dies sind die Themen.

Warst Du schon mal in einem Casino? Dann lies einfach weiter …

Warum viele Nahrungsergänzungsmittel einen schlechten Ruf haben

Nahrungsergänzungsmittel sind wie das Glücksspiel im Casino in Monaco:

Große Versprechungen, Hoffnungen und Träume – die meist in Enttäuschungen und Verlusten enden.

Die Parallelen gehen weiter. Monaco bezieht nicht ohne Grund 5% seines Staatshaushaltes aus dem Casinobetrieb: Das ist eine Menge verlorenes Geld.

Mit einem Umsatzvolumen von knapp 1 Milliarden Euro in 20141 hat die Nahrungsergänzungsmittelindustrie auch durch (vermeintliche) Muskelaufbau- und Fettabbaupräparate nicht nur die Hoffnungen, sondern auch die Geldbörsen vieler Menschen trockengelegt.

Die wenigsten so genannten „Fatburner“ senken den Körperfettanteil nachhaltig.

Andererseits ist die unterstützende Wirkung von Creatin im Muskelaufbau durch viele Studien sehr gut dokumentiert.

Nicht alle Nahrungsergänzungsmittel sind schlecht oder wirkungslos. 

Tatsächlich besitzen viele Stoffe eine positive Wirkung, die nicht nur durch Anekdoten, sondern auch durch wissenschaftliche Studien gestützt wird.

Aber es gibt gute und weniger gute Studien. Und „bahnbrechende“ Forschungsergebnisse basieren oft nur auf Reagenzglas-Untersuchungen oder Tierversuchen. Die praktischen Implikationen solcher Studien sind mehr als begrenzt.

Für unsere Zwecke sollten Studien mit menschlichen Probanden den Maßstab setzen.

All‘ diese Forschungsarbeiten zu analysieren, um die Spreu vom Weizen zu trennen, ist eine horrende Sisyphusarbeit.

Um Dir Zeit (und Geld) zu sparen, arbeite ich unter anderem mit den Experten von Examine.com zusammen, die mehr als 4.000 Nahrungsergänzungsmittel-Studien mit Menschen analysiert und Empfehlungen destilliert haben.

3 Nahrungsergänzungsmittel, auf die Du getrost verzichten kannst

Hier sind drei populäre Nahrungsergänzungsmittel, die mehr Hype sind als Hilfe.

1. Raspberry Ketone (Himbeer Ketone) als „Fatburner“?

Es gibt eine ganze Reihe von Nahrungsergänzungsmitteln, die das versprechen, was viele Menschen sich wünschen:

Eine Pille, die Körperfett verbrennt. Einfach so.

Klingt verlockend, ich weiß.

Zu diesen „Fatburnern“ gehören Himbeer Ketone („Raspberry Ketones“), grüner Kaffee-Extrakt, afrikanische Mango (irvingia gabonensis) und 5-HTP. Es gibt viel mehr solcher Präparate, aber diese sind momentan ziemlich hip.

Tatsächlich gibt es bisher keine einzige Studie am Menschen, die darauf hindeutet, dass Himbeer Ketone den Fettabbau unterstützen könnten.

Die wenigen publizierten Studien wurden mit Ratten durchgeführt. Und: Die Nager konnten tatsächlich ein wenig Fett abbauen.2

Aber die entsprechende Dosis für einen Menschen müsste etwa 1000-mal über der Menge liegen, die in den aggressiv vermarkteten Raspberry Ketone Präparaten enthalten ist.

Beim Menschen könnte eine solche Dosis vermutlich nur durch Injektion erreicht werden.

Was ist mit grünem Kaffee-Extrakt, afrikanischer Mango und 5-HTP? Auch sie sind keine Fatburner im eigentlichen Sinne.

Im Gegensatz zu Himbeer Ketonen könnten sie den Fettabbau aber indirekt fördern:

• Grüner Kaffee-Extrakt: Ein Paar Studien deuten auf positive gesundheitliche Wirkungen und einen minimalen Fettabbau-Effekt hin. Die Forschung wurde jedoch durch die Hersteller selbst finanziert. Für eine „sichere“ Erkenntnis sind weitere Untersuchungen nötig.34
• Afrikanische Mango: Irvingia gabonensis scheint eine ähnlich sättigende Wirkung wie das in Shirataki Nudeln enthaltene Glucomannan zu besitzen.5 Glucomannan ist allerdings nicht nur deutlich günstiger, sondern auch besser erforscht.
• 5-HTP: Die Aminosäure 5-Hydroxytryptophan ist ein Zwischenprodukt bei der körpereigenen Herstellung des Botenstoffes Serotonin, der oft auch als „Glückshormon“ bezeichnet wird. Durch Studien ist relativ gut abgesichert, dass 5-HTP das Wohlbefinden fördern, den Sättigungseffekt einer Mahlzeit verstärken und dadurch die Kalorienaufnahme senken kann.678

Von diesen drei Kandidaten ist in meinen Augen allenfalls 5-HTP einen Versuch wert. Die wirksame 5-HTP Tagesdosis liegt bei 300-500 mg. Der Ernährungsmediziner Niels Schulz-Ruhtenberg empfiehlt zudem, das Präparat „einzuschleichen“. Das heißt, Du beginnst in den ersten Tagen mit einer niedrigeren Dosis von 100-200 mg/Tag.

5-HTP Kosten: ca. 0,90 Euro/Tag für ein qualitativ gutes Präparat.

2. Glutamin für den Muskelaufbau?

L-Glutamin ist eine nicht-essenzielle Aminosäure. Es ist eines der ersten Präparate, die Sportler einnahmen, um Leistung, Regeneration und den Muskelaufbau zu steigern.

Tatsächlich wurde in mehreren Studien folgender Zusammenhang beobachtet: Je mehr Glutamin Dein Muskel bekommt, desto schneller wächst er.

Der Haken an der Sache: Diese Studien wurden im Reagenzglas durchgeführt.

Und an Menschen, die unter schweren Verletzungen (Verbrennungen, Schnittwunden) oder krankheitsbedingtem Muskelabbau (z.B. durch AIDS-bedingte Immunschwäche) leiden.

Bei gesunden Menschen beschleunigt die L-Glutamin Einnahme den Muskelaufbau nicht.

Eine Studie nach der anderen scheiterte am Versuch, einen solchen Zusammenhang zu beobachten.1112

Das hängt damit zusammen, dass Deine inneren Organe das Glutamin größtenteils für sich behalten. Nur ein sehr kleiner Anteil der Aminosäure kommt beim Muskel an.

Wer gesund ist und sich eiweißreich ernährt, nimmt über die Ernährung auch ausreichend Glutamin auf.

Du kannst das eingesparte Geld also lieber in hochwertige Lebensmittel investieren.

3. Glucosamin für die Gelenke?

Wenn es um gesunde Gelenke geht, dann ist Glucosamin ist eines der populärsten Nahrungsergänzungsmittel.

Aus einer wissenschaftlichen Perspektive zeichnet sich allerdings ein differenzierteres Bild:

• Glucosamin ist ein „Anti-Arthrose“ Nahrungsergänzungsmittel.1314 Es ist kein Präparat für „gesunde Gelenke“. Für Arthrose-Patienten macht das zwar keinen Unterschied. Für gesunde Sportler, die gerade mit akuten Gelenkbeschwerden oder Muskelkater zu kämpfen haben, allerdings schon.
• Die Einnahme von Glucosamin scheint bei gesunden Menschen keine Wirkung zu haben. Das Gleiche gilt für Glucosaminhydrochlorid. Glucosaminsulfat und Chondroitinsulfat können das Voranschreiten und die Symptome einer Arthrose allerdings mindern.151617
• Möglicherweise liegt’s auch am Sulfat. Denn ein Schwefelmangel kann die Symptome einer Arthrose verstärken.1819

Glucosaminsulfat ist zwar auch für Arthrosepatienten kein Wundermittel. Aber es kann das Schmerzempfinden auf einer Skala von 1-100 um immerhin 12 Punkte senken.20 In Kombination mit Chondroitinsulfat scheint es für Menschen, die an Arthrose leiden, ebenso wirksam zu sein, wie klassische Antirheumatika.21

Es gibt keinen Beleg, dass Glucosamin bei allgemeinen Gelenkbeschwerden hilft.

Nur bei arthrosebedingten Gelenkproblemen ist es einen Versuch wert.

Wer gesund ist und etwas für seine Gelenke tun möchte, sollte seine Energie also lieber in eine ausgewogene Ernährung, regelmäßiges Training und ausreichende Erholungspausen investieren.

Tipp: Cissus Quadrangularis bei trainingsbedingten Gelenkproblemen

Die traditionelle ayurvedische Heilpflanze Cissus Quadrangularis half mir vor einigen Jahren dabei, ein Schulter-Impingement zu überwinden.

In einer Pilotstudie wurde beobachtet, dass Cissus Quadrangularis als Extrakt Gelenkschmerzen bei trainierten Männern mit akuten, trainingsbedingten Beschwerden um 31% lindern konnte. Die Probanden nahmen dazu acht Wochen lang 3.200 mg Cissus am Tag ein.22

Dieses Produkt erfüllt beispielsweise die strengen GMP-Fertigungsstandards.

Welche Nahrungsergänzungsmittel können helfen?

Das Angebot an Nahrungsergänzungsmitteln ist mehr als unübersichtlich. Und auf die meisten dieser Präparate kannst Du guten Gewissens verzichten.

Bevor Du überhaupt zu Supplementen greifst, solltest Du einen Punkt verinnerlichen:

Eine vitalstoffreiche Nackt-gut-aussehen-Ernährung beginnt immer mit vollwertigen, natürlichen Lebensmitteln.

Die Natur legt das Fundament für alles, was Dein Stoffwechsel braucht, um optimal zu funktionieren. Egal, ob Du Muskeln auf- oder Fett abbauen möchtest.

Gerade beim Abnehmen entsteht ein Missverhältnis zwischen Vitalstoffbedarf und -aufnahme. Eine Situation, die Versorgungslücken begünstigt:

• Im Kaloriendefizit bleibt Dir weniger Spielraum, um die Aufnahme lebenswichtiger Vitalstoffe über die Nahrung abzusichern.
• Andererseits benötigt Dein Stoffwechsel mehr Nährstoffe, wenn Du regelmäßig Kraft- und Ausdauertraining durchführst.

Solche Lücken kannst Du durch eine Basis-Nährstoffversorgung schließen.

Wenn Du Fett abbauen willst oder regelmäßig trainierst, um stärker und leistungsfähiger zu werden, ist eine gezielte Ergänzung mit Vitalstoffen sinnvoll.

Um Dir einen Überblick über die Nahrungsergänzungsmittel zu geben, die tatsächlich helfen, habe ich in Zusammenarbeit mit dem Sport- und Ernährungsmediziner Niels Schulz-Ruhtenberg einen Ratgeber für Dranbleiber entwickelt.

Das Ebook ist kostenlos. Du kannst es jetzt hier herunterladen.

Fazit

Auf welche Nahrungsergänzungsmittel kannst Du getrost verzichten? Die simple Antwort: Auf die meisten. Drei Beispiele für Präparate, die in den meisten Fällen wirkungslos sind, kennst Du nun.

Die Sache mit den Supplementen hat noch einen Haken: Da eine behördliche Kontrolle der Präparate für die Hersteller kein Muss ist, hast Du bei Billiganbietern noch nicht einmal die Garantie, dass das, was deklariert ist, auch wirklich drin ist.

Aber einige Nahrungsergänzungsmittel können Dir auch Rückenwind geben. Gerade beim Abnehmen besteht oft ein Missverhältnis zwischen dem Bedarf an Nährstoffen und dem, was Du über Deine Ernährung aufnimmst.

Dabei solltest Du auf zwei Dinge Wert legen:

1. Fertigung nach GMP-Standard: Für GMP-zertifizierte Produkte gelten die gleichen strengen Qualitätsstandards, wie für Arzneimittel.
2. Das Fundament bildet eine ausgewogene Ernährung: Das „Ergänzungs-“ in Nahrungsergänzungsmittel sollte eigentlich fett gedruckt werden.

Dann können bestimmte Nahrungsergänzungsmittel Dir dabei helfen, etwaige Lücken in der Ernährung gezielt zu schließen und Dir dabei helfen, Deinen Stoffwechsel weiter zu optimieren.

Frage: Falls Du supplementierst: Welche Nahrungsergänzungsmittel oder Sport-Nahrungsmittel verwendest Du regelmäßig? Welche Erfahrungen hast Du gemacht? Schreib einen Kommentar.

1. Arbeitskreis Nahrungsergänzungsmittel: Pressemitteilung vom 18.12.2014, www.bll.de [↩]
2. Morimoto C, et al.: Anti-obese action of raspberry ketone. Life Sci. 2005 May 27;77(2):194-204. [↩]
3. Thom, E.: The effect of chlorogenic acid enriched coffee on glucose absorption in healthy volunteers and its effect on body mass when used long-term in overweight and obese people. J Int Med Res. 2007 Nov-Dec;35(6):900-8. [↩]
4. Wanatabe, et al.: The blood pressure-lowering effect and safety of chlorogenic acid from green coffee bean extract in essential hypertension. Clin Exp Hypertens. 2006 Jul;28(5):439-49. [↩]
5. Kurtis Frank: Editors‘ Thoughts on Irvingia gabonensis. Examine.com, https://examine.com/supplements/Irvingia%20gabonensis/, Abruf: 11.06.2016 [↩]
6. Ceci, et al.: The effects of oral 5-hydroxytryptophan administration on feeding behavior in obese adult female subjects. J Neural Transm. 1989;76(2):109-17. [↩]
7. Cangiano, et al.: Eating behavior and adherence to dietary prescriptions in obese adult subjects treated with 5-hydroxytryptophan. Am J Clin Nutr. 1992 Nov;56(5):863-7. [↩]
8. Cangiano, et al.: Effects of oral 5-hydroxy-tryptophan on energy intake and macronutrient selection in non-insulin dependent diabetic patients. Int J Obes Relat Metab Disord. 1998 Jul;22(7):648-54. [↩]
9. Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde: Gesetzliche Regelungen für Nahrungsergänzungsmittel, Abruf: 26.02.2021 [↩]
10. Wikipedia. Good Manufacturing Practice. Abruf: 12.05.2014 [↩]
11. Candow, et al.: Effect of glutamine supplementation combined with resistance training in young adults. Eur J Appl Physiol. 2001 Dec;86(2):142-9. [↩]
12. Wilkinson, et al.: Addition of glutamine to essential amino acids and carbohydrate does not enhance anabolism in young human males following exercise. Appl Physiol Nutr Metab. 2006 Oct;31(5):518-29. [↩]
13. McAlindon, et al.: Glucosamine and chondroitin for treatment of osteoarthritis: a systematic quality assessment and meta-analysis. JAMA. 2000 Mar 15;283(11):1469-75. [↩]
14. Bruyere, O. and Reginster, J. Y. (2007): Glucosamine and chondroitin sulfate as therapeutic agents for knee and hip osteoarthritis. [↩]
15. Clegg, et al.: Glucosamine, chondroitin sulfate, and the two in combination for painful knee osteoarthritis. N Engl J Med. 2006 Feb 23;354(8):795-808. [↩]
16. McAlindon, et al.: Effectiveness of glucosamine for symptoms of knee osteoarthritis: results from an internet-based randomized double-blind controlled trial. Am J Med. 2004 Nov 1;117(9):643-9. [↩]
17. Vlad, et al.: Glucosamine for pain in osteoarthritis: why do trial results differ? Arthritis Rheum. 2007 Jul [↩]
18. Rindone JP, et al Randomized, controlled trial of glucosamine for treating osteoarthritis of the knee. West J Med., 2000 [↩]
19. Hughes R, Carr A A randomized, double-blind, placebo-controlled trial of glucosamine sulphate as an analgesic in osteoarthritis of the knee. Rheumatology (Oxford). 2002 [↩]
20. Richy, et al.: Structural and symptomatic efficacy of glucosamine and chondroitin in knee osteoarthritis: a comprehensive meta-analysis. Arch Intern Med. 2003 Jul 14;163(13):1514-22. [↩]
21. Pelletier, J. P. et al. (2015): In a Two-Year Double-Blind Randomized Controlled Multicenter Study, Chondroitin Sulfate Was Significantly Superior to Celecoxib at Reducing Cartilage Loss with Similar Efficacy at Reducing Disease Symptoms in Kniee Osteoarthritis Patients. Annual Meeting of the American Academy of Rheumatology: 6-11 [↩]
22. Bloomer, et al.: Cissus quadrangularis reduces joint pain in exercise-trained men: a pilot study. Phys Sportsmed. 2013 Sep;41(3):29-35. doi: 10.3810/psm.2013.09.2021. [↩]