Der Mann mit dem Hammer. Ein Bekannter? Nicht mehr lange, denn jetzt erfährst Du, wie Du ihn ein für alle Mal loswirst. Doch vorher lade ich Dich ein, ihn etwas besser kennen zu lernen. Know your enemy.
Es soll ja tatsächlich Läufer geben, die den Herren mit dem Hammer nicht kennengelernt haben – und regelmäßig lange Strecken laufen. Oder liegt es vielleicht daran, dass sie gerade lange Strecken laufen?
Gleichzeitig gibt es wohl kein Buch über das Marathonlaufen, in dem der männliche Handwerker nicht wenigstens eine Nebenrolle einnimmt.
Woran liegt es, dass einige von uns Läufern dem Mann mit dem Hammer im Marathon begegnen – und andere nicht?
Unser Körper ist wie ein Hybridfahrzeug
Um zu verstehen, wie der Mann mit dem Hammer sein Handwerk verrichtet, brauchen wir etwas Hintergrundwissen über die Energieversorgung unseres Körpers, unseren Stoffwechsel.
Schauen wir uns an, wie unser Körper seine Energievorräte anzapft. Wir können unseren Körper als Hybrid-Fahrzeug sehen, das zwei Motoren und zwei Energiespeicher hat:
- Tank #1 enthält Kohlenhydrate, das sogenannte Glykogen. Man nennt ihn auch Glykogenspeicher. Es ist für Dich am einfachsten, diesen Tank anzuzapfen und das Glykogen für Muskelarbeit zu verfeuern. Wenn wir beim Bild des Autos bleiben, können wir sagen, dass Dein Glykogen-Motor wenig Treibstoff benötigt, um auf Tempo 100 zu kommen. 1 Gramm Glykogen liefert übrigens 4 kcal an Energie.
- Tank #2 enthält Fett. Bei den meisten Deutschen ist der Fett-Tank so gut gefüllt, dass die Energievorräte von Flensburg bis München reichen. Der Haken dabei ist, dass die Leistung mit diesem Treibstoff nicht ganz so effizient läuft und auch nicht so viel PS zur Verfügung stehen wie beim Glykogenstoffwechsel. Der Fett-Motor leistet weniger. Es wird mehr Energie benötigt, um auf Tempo 100 zu kommen. Aber 1 Gramm Fett liefert mit 9 kcal auch mehr als doppelt so viel Energie wie 1 Gramm Glykogen.
Warum haben wir einen Fett- und einen Kohlenhydrat-Motor?
Warum zapfen wir nicht einfach nur den Glykogen-Tank an, wenn wir damit eine höhere Leistung erreichen können?
Der Haken ist, dass unser Kohlenhydrat-Tank relativ schnell erschöpft ist, auch wenn wir ihn durch Training etwas vergrößern können. Ein trainierter Athlet kann etwa 500 Gramm Glykogen speichern.
Der Fett-Tank ist sehr viel größer, wie wir immer deutlicher an unseren Mitmenschen sehen. Die Speicherkapazität der Fettzellen erscheint nahezu unbegrenzt.
Was hat die Natur sich dabei gedacht? Die Glykogenspeicher sind doch viel einfacher anzuzapfen – warum haben sie dann so wenig Speicherkapazität?
Die überraschende Antwort: Glykogen macht uns schwerer!
1 Gramm Glykogen bindet 3 Gramm Wasser. Das heißt, für jedes Gramm Kohlenhydrate, dass unser Körper einlagert, nehmen wir das dreifache Gewicht an Wasser zu. Ein gut trainierter Ausdauersportler kann bei vollen Glykogenspeichern 2-3 kg Wasser zusätzlich einlagern.
Haile Gebrselassie wog 54 kg, als er vor einigen Jahren einen neuen Marathon-Weltrekord aufstellte. Je leichter wir sind, desto weniger Energie brauchen wir, desto schneller können wir laufen. Jedes Kilogramm Körpergewicht zuviel kostet!
Wenn Die Natur uns mit einem unbegrenzten Glykogen-Tank versehen hätte und wir keine Fettspeicher besäßen, dann müssten alleine wir für einen fordernden 2-Stunden-Lauf ein paar Kilos extra schultern.
8 Stunden harte körperliche Arbeit? Kein Problem, wenn Du die 8-16 kg Gewicht mit Dir umher tragen willst…
Die Lösung: Fett! 1 Gramm Fett liefert mehr als doppelt so viel Energie wie 1 Gramm Glykogen und bindet kein Wasser – als kein zusätzliches Gewicht.
Kein Wunder, dass sich die Fettspeicher in der Evolution durchgesetzt haben! Ein leichterer Körper braucht weniger Energie und damit weniger Nahrung.
Kommen wir zurück zum Mann mit dem Hammer. Was hat die ganze Theorie mit dem Hammermann zu tun?
Wer ist der Mann mit dem Hammer?
Der Mann mit dem Hammer stattet Dir dann einen Besuch ab, wenn unser Fett-Motor nicht optimal läuft. Das heißt, wenn wir den Fettstoffwechsel in der Marathon- oder Halbmarathon-Vorbereitung nicht ausreichend trainiert haben.
Nach gut 2 Stunden Dauerlauf hat unser Körper nämlich den größten Teil seiner Glykogenreserven verfeuert und keine andere Wahl als zur Energiegewinnung vom Glykogen- auf den Fettstoffwechsel umzuschalten.
Die biochemische Reaktion, die in unserem Organismus abläuft, wenn unser Glykogen-Tank leer ist, benötigt zudem mehr Sauerstoff. Unsere Atemfrequenz erhöht sich, wir werden langsamer.
Der Moment, in dem unsere Glykogenreserven leer sind, kann sich wie ein (Hammer-)Schlag anfühlen und ganz abrupt kommen.
Zum Glück können wir den Hammermann mit einem einfachen Trick ganz leicht entwaffnen…
So besiegst Du den Mann mit dem Hammer
Ein Trick hilft uns, den Mann mit dem Hammer zu entwaffnen: Fettstoffwechsel-Training:
- Lange Läufe: Ein langer Lauf ist eine Trainingseinheit, die länger als 2 Stunden andauert. Das Tempo ist dafür weniger entscheidend als die Dauer. Jede Minute über 2 Stunden, die Du zusätzlich läufst, trainierst und optimierst Du Deinen Fettstoffwechsel. In den 8 Wochen vor einem Marathon solltest Du mindestens 3 Läufe über 3 Stunden absolvieren, um den Marathon ohne totalen Leistungseinbruch durchlaufen zu können.
- Nüchtern trainieren: Wenn Du auf nüchternen Magen, z.B. morgens vor dem Frühstück trainierst, sind Deine Glykogenspeicher bereits (teil-)entladen. Das bedeutet, Du kannst auch mit Trainingseinheiten deutlich unter 2 Stunden optimal Deinen Fettstoffwechsel trainieren.
- Low Carb Ernährung: Eine dritte Möglichkeit, die sich nach meiner Erfahrung bewährt hat, ist eine kohlenhydratarme Ernährung im Training. Du zwingst Deinen Körper auf diese Weise nicht nur im Lauftraining sondern auch im Alltag, vermehrt auf „Fett“ zu laufen. Das Umschalten von Glykogen auf Fett im Marathon-Wettkampf ist dann kein „Schock“ mehr für Dich.
Fazit
Es gibt Läufer, die den Mann mit dem Hammer noch nie kennengelernt oder sich ein für alle Mal von ihm verabschiedet haben. Das sind echte Experten. Experten für Fettstoffwechsel.
Mit den drei genannten Tipps ist es nicht schwer, selbst zum Fettstoffwechselexperten zu werden und den Mann mit dem Hammer zu entwaffnen.
Welche Erfahrungen hast Du gemacht? Wie trainierst Du Deinen Fettstoffwechsel? Bist Du dem Mann mit dem Hammer schon einmal begegnet? Schreib einen Kommentar.
Bildnachweis im Artikel „Mann mit Hammer“: © iStock/YvanDube