Es gibt viele Möglichkeiten für Carbo Loading, also zum Auffüllen der Energiespeicher vor Marathon und Triathlon Wettkämpfen.
Allen voran die Pasta-Party am Abend vor dem Wettkampf.
Was funktioniert wirklich?
Zwei Varianten habe ich getestet und sie funktionieren für mich:
- Die „Standardvariante“,
- die „Geheimwaffe“.
Am Ende dieses Artikels kennst Du nicht nur den Carbo Loading Ansatz, sondern auch beide Varianten mit ihren Vor- und Nachteilen – gepaart mit meinen persönlichen Erfahrungen.
Was ist Carbo Loading?
Carbo Loading, manchmal auch Carb-Loading genannt, ist die Kurzform für „Carbohydrate Loading“, was wörtlich übersetzt so viel wie „Kohlenhydrat-Aufladen“ bedeutet.
Diese Ernährungsstrategie soll dazu dienen, die Glykogenspeicher in unserer Muskulatur vor einem Marathon, Halbmarathon oder Triathlon maximal aufzufüllen.
Glykogen ist das „Super Plus“ unserer Muskeln, der bevorzugte Treibstoff und Energielieferant.
Warum Carbo Loading?
In den späten 1960’er Jahren gelang es Wissenschaftler erstmals, einen Zusammenhang zwischen dem Füllgrad der Glykogenspeicher in Muskeln und Niere und der Ausdauerleistung von Sportlern nachzuweisen: allen voran der schwedische Sportmediziner Gunvar Ahlborg.
Randvolle Glykogenspeicher
Ahlborg stellte insbesondere fest, dass der Effekt der Superkompensation auch für das Aufladen unserer Glykogenspeicher gilt: Wenn nach einer deutlichen Entleerung der Energiespeicher eine anschließende Kohlenhydrat-Ladephase folgt, nimmt das Fassungsvermögen unserer Glykogenspeicher deutlich zu.
Wenn wir mit randvoll gefüllten Glykogenspeichern in einen Marathon gehen, können wir das meiste aus unserer derzeitigen Trainingsform herausholen.
Sind die Energiespeicher nicht gefüllt, dann können wir unser volles Potenzial im Wettkampf nicht abrufen, weil unsere Muskeln dann früher auf die weniger effiziente Fettverbrennung umstellen. Wir empfinden die Belastung als deutlich anstrengender und wir müssen ein langsameres Tempo wählen.
3% mehr Leistung?
Carbo Loading ist bei allen Wettkämpfen mit einer Belastungsdauer von mehr als 90 Minuten sinnvoll. Wissenschaftliche Studien belegen eine Leistungssteigerung von etwa 3 % durch Carbo Loading. Aus einer Marathon-Zielzeit von 4:00 Stunden könnte damit also eine Zielzeit von 3:52 werden.
Und ein paar Minuten machen auf einem Marathonwettkampf oft den Unterschied zwischen Siegeslust und -frust aus: 2003 lief ich den Köln Marathon mit Kurs auf eine 3:29 Stunden Zeit, damals meine angestrebte persönliche Bestzeit.
Obwohl ich richtig trainiert hatte und im Vorwege alle Testläufe „in time“ geschafft habe, kam ich erst nach 3:32 Minuten ins Ziel – 2 Minuten zu spät!
Der Grund: Das Thema Carbo Loading hatte ich im Vorfeld vernachlässigt.
Ein Jahr später – mit Carbo Loading – fiel die 3:30er Marke.
Welche Carbo Loading Varianten gibt es?
Lass uns die beiden angekündigten Carbloading-Varianten einmal durchgehen.
1. Carbo Loading Möglichkeit: Die „Standardvariante“
Die am weitesten verbreitete Methode des Carbo Loadings spart das gezielte Entladen der Glykogenspeicher aus. Im Wesentlichen geht es darum, den Kohlenhydratanteil in der Ernährung die letzten 3 Tage vor dem Wettkampf auf ca. 70% der aufgenommenen Gesamtkalorienmenge zu erhöhen:
- Lange Trainingseinheit: Führe eine Woche vor Deinem Wettkampf eine lange Trainingseinheit, z.B. einen langen Lauf mit nicht allzuhoher Intensität durch.
- Normale Diät: Bis etwa 3 Tage vor dem Wettkampf führst Du Deine Standardernährung – damit meine ich 55-60% Kohlenhydratanteil in der Nahrung – weiter durch.
- Ladephase: 3 Tage vor dem Wettkampf erhöhst Du den Kohlenhydratanteil in Deiner Nahrung auf 70% bei nur leichtem Training.
Vorteile
- hat sich seit den 80’er Jahren als „Standard“ durchgesetzt
- leicht durchzuführen
- funktioniert bei den meisten Athleten problemlos
Nachteil
- Da geht noch was …
Meine Erfahrung
Ich habe diese Variante nach meinen erwähnten Erfahrungen 2003/2004 erfolgreich angewandt. Sie ist einfach durchführbar und funktioniert. Ich konnte mehr Leistung im Wettkampf bringen als in den Jahren ohne gezieltes Carbo Loading.
2. Carbo Loading Möglichkeit – Die „Geheimwaffe“
Mit dieser Variante kannst Du meiner Meinung nach die besten Ergebnisse erzielen. Voraussetzung ist, dass Du gerne experimentierst und auch bereit bist, dabei ein Risiko in Kauf zu nehmen, dass es vielleicht nicht auf Anhieb perfekt funktioniert.
Wenn Du gerade Deinen ersten Marathon anstrebst, solltest Du lieber mit Variante 1 starten.
Die „Geheimwaffe“ nutzt den oben genannten „Ahlborg-Effekt“ aus, der eine vorausgehende tiefe Entladung unserer Glykogenspeicher voraussetzt.
Im Rahmen von Forschungen wurde nachgewiesen, dass Sportler nach einer vorhergehenden Entladung der Energiespeicher im Anschluss nahezu doppelt soviel Glykogen einlagerten als Sportler, die gar kein Carbo Loading durchführten.
Die untersuchten Sportler konnten deutlich bessere Wettkampfergebnisse abliefern.
So geht’s:
- Low-Carb für 3-4 Tage: Eine Woche vor Deinem Wettkampf beginnst Du damit, den Kohlenhydratanteil in Deiner Ernährung fast auf Null zu reduzieren. Das Ziel sind 20-50 Gramm Kohlenhydrate (oder weniger) pro Tag. Parallel trainierst Du mit niedriger Intensität weiter.
- Ladephase für 2-3 Tage: 2-3 Tage vor dem Wettkampf beginnt die Ladephase. Du erhöhst den Kohlenhydrat-Anteil beim Essen auf mindestens 70 %, ähnlich wie beim Standard-Carbloading. Intensives Training ist jetzt ebenfalls tabu.
Vorteil
- (vermutlich) höchstes Leistungspotenzial
Nachteil
- Ernährungsplanung und -Kontrolle für 7 Tage vor dem Wettkampf
- Insbesondere die 4 Tage ohne Kohlenhydrate können für Carb-verwöhnte hart sein.
Meine Erfahrung
Ich bin mit diesem Verfahren im Jahr 2011 mit 3 Stunden 12 Minuten eine neue persönliche Bestzeit im Marathon gelaufen und fühlte mich auf der zweiten Wettkampfhälfte so kraftvoll und energiegeladen wie bei keinem Wettkampf zuvor. Die Bedingungen am Wettkampftag waren mit 25°C und praller Sonne alles andere als optimal.
Einen Teil der Laufleistung führe ich auch auf das intensive Training nach der Greif-Methode zurück. Ich trainierte zwar mit weniger Umfang, dafür aber mit sehr hoher Intensität. Nach meiner Einschätzung hätte ich dieses Leistungspotenzial mit der ersten Variante nicht abrufen können.
Wenn Du das Risiko minimieren möchtest, kannst Du diese Variante im Training, am besten nicht in den 8 Wochen vor dem Wettkampf sondern früher für eine Woche testen und beobachten, wie Dein Körper reagiert.
Welche Kohlenhydrate eignen sich fürs Carbo Loading?
Kohlenhydrate sind nicht gleich Kohlenhydrate. In der „Ladephase“ ist die Zusammensetzung der Kohlenhydrate entscheidend.
Fruchtzucker (Fructose) ist zum Auffüllen der Glykogenspeicher im Muskel ungeeignet und wird als Glykogen in der Leber abgespeichert.
Nahrungsmittel mit hohem Fruktoseanteil wie Früchte und Süßigkeiten sind daher nicht optimal zum Auffüllen Deiner Muskel-Glykogenspeicher.
Einen sehr viel besseren Effekt erzielst Du, wenn Du komplexere Kohlenhydrate, wie in Brot, Pasta, Reis und Kartoffeln zu Dir nimmst.
Optimale Carbo Loading Ernährung
In den Ladetagen vor dem Wettkampf solltest Du 8-10 g Kohlenhydrate pro Kilogramm Körpergewicht zu Dir nehmen. Ein 80 kg schwerer Läufer kommt damit auf 640-800 g Kohlenhydrate, die eine Energiemenge von ca. 2600-3200 kcal beinhalten.
Das ist eine ganz schöne Menge.
Um Dein Kohlenhydrat-Ziel zu erreichen, solltest Du eher zusätzliche kleinere Mahlzeiten zu Dir nehmen, als zu Deinen Hauptmahlzeiten Riesenportionen zu inhalieren – und danach lethargisch und müde zu werden.
Dabei solltest Du Deine tägliche Gesamt-Energiemenge konstant lassen, um kein überflüssiges Fett anzusetzen.
Beispiel-Mahlzeiten mit vielen komplexen Kohlenhydraten
- Vollkornbrot mit Erdnussbutter
- Müsli mit Milch
- Spaghetti Carbonara (Pasta mit Eiern, Parmesankäse und Schinken)
- Gegrillte Hühnchenbrust mit Vollkornreis
Beispiel-Zwischenmahlzeiten
- 1 große handvoll Rosinen, getrockneter Aprikosen oder anderer Trockenfrüchte
- 2 Energieriegel
- 3 Scheiben Brot, dünn mit Honig geschmiert
- 4 dicke Scheiben Brot oder Toast
- 5 Reiscracker mit Marmelade
Welche Rolle spielt Protein beim Carbo Loading?
Du solltest auch in dieser Phase darauf achten, genug Protein zu Dir zu nehmen, um Deine Muskelmasse zu erhalten und die Regeneration zu fördern. Protein ist der Baustoff für Deinen Körper und wenn Du Dich an die Grundregeln zur Proteinaufnahme hältst, bist Du exzellent versorgt.
Protein hat übrigens auch einen positiven Effekt auf Deine Energieversorgung während des Wettkampfs: Eiweiß verzögert die Verdauung von Kohlenhydraten und senkt damit den Glykämischen Index Deiner letzten Mahlzeit.
Dein Körper gibt langsam und anhaltend Energie ab – gut für lange Distanzen.
Was ist mit Wasser?
Mit optimal gefüllten Glykogenspeichern wiegen wir deutlich mehr als mit entleerten Tanks. Das liegt nicht nur an den Kohlenhydraten: Um 1 Gramm Glykogen in der Muskulatur einlagern zu können, benötigt Dein Körper etwa 3 Gramm Wasser. Ein Ausdauersportler kann durch Carbo Loading gut 2-3 kg Körpergewicht durch Wassereinlagerung zulegen.
In meinem Fall waren es 2011 etwa 2 Kilo Differenz.
Das schöne ist übrigens, dass das Wasser bei der Verstoffwechselung des Glykogens wieder freigesetzt wird. Wenn Du an heißen Wettkampftagen ein 1-3 Liter Wasser zusätzlich in Deinem Organismus hast, kann Dir das im Zweifel helfen, im wahrsten Sinne des Wortes einen kühlen Kopf zu bewahren – und eine neue Bestzeit aufzustellen.
Fazit
Carbo Loading hilft Dir, im Wettkampf Dein volles Potenzial auszuschöpfen. Ich habe Dir zwei Varianten vorgestellt, die für mich funktionieren und konnte hoffentlich auch einen Einblick in die Hintergründe vermitteln.
Welche Erfahrungen hast Du bisher mit Carboloading gemacht? Was hat funktioniert, was nicht? Welche Fragen sind noch offen? Schreib einen Kommentar.
Bildnachweis im Artikel „Carbo Loading“: © iStock/MichaelSvoboda