„Okay, Laufen nach Trainingsplan – was steht heute drauf?“, fragt sie mich beim Fitness Coaching.
„Heute haben wir etwas ganz besonderes auf der Speisekarte“, sage ich, „es ist eine Kreation aus 6 x 1000 m Intervallen an der aerob-anaeroben Schwelle bei 85 % HFmax.
Dazu gibt es jeweils – sozusagen als Aperitiv für den nächsten Gang – ein 400 m Jogging Intervall.“
Mein Coachee schaut mich einen Moment entgeistert an und zieht eine Augenbraue hoch, während ich breit zurückgrinse.
Seine Antwort schließlich: „Und was heißt das jetzt für mich?“
Wenn Du beim Laufen ein klar definiertes Ziel hast – und damit meine ich sowohl Dein großes, langfristiges Ziel wie einen Marathon, als auch ein Trainingsziel für die aktuelle Trainingseinheit – dann solltest Du jederzeit wissen, wo Du auf dem Weg zu Deinem Ziel stehst.
Warum Laufen nach Trainingsplan hilft
Was im Business-Management gilt, gilt auch im Sport: „What gets measured, gets managed.“
Wenn Du Dein Ziel klar hast, aber keinen Plan davon wo Du aktuell stehst, gibst Du das Ruder aus der Hand. Erfolg wird damit zum Glücksspiel. Und wenn Du kein Ziel hast – dann kannst Du trainieren wie Du willst oder es auch bleiben lassen, dann ist jeder Weg der richtige.
Ich nehme an, Du hast ein klares Ziel für Dich definiert.
Unser Lauftraining können wir nach verschiedenen Kriterien steuern. Die ersten beiden sind sehr prominent: Herzfrequenz und Tempo. Die dritte Größe wird von vielen Athleten übersehen, obwohl wir für sie keine Laufuhr benötigen: unser Gefühl, die Art wie wir die Belastung im Training subjektiv empfinden.
Alle drei Faktoren korrelieren, hängen also miteinander zusammen. Wenn Dir nicht klar ist wie, kann es sein, dass Dein Training ineffektiv und im schlimmsten Fall kontraproduktiv ist. Wenn Du weißt, wie diese Größen nicht nur miteinander zusammenhängen, sondern auch wie sie sich dem Ziel Deiner Trainingseinheit unterordnen, kannst Du Dein Lauftraining wie einen Laserstrahl auf dieses Ziel fokussieren.
Lass uns eine kleine Zeitreise machen, zurück ins Jahr 2001…
Trainingsplan Laufen #1 – Puls
Als ich mit dem Marathonlaufen anfing, hatte ich eine Laufuhr, mit der ich zwei Dinge messen konnte: Trainingszeit und -puls. Und für meinen ersten 42er habe ich daher auch hauptsächlich nach Puls trainiert. Das reicht völlig aus, wenn Du Deinen ersten Marathon angehst und – wie ich damals – nur ein Ziel hast: Durchkommen, Strecke kennenlernen, erste Erfahrungen sammeln.
Wenn Du AUSSCHLIEßLICH nach Puls trainierst, wist Du eher früher als später an eine Leistungsgrenze stoßen. Das Problem am Puls ist bei fortgeschrittenen Läufern ist, dass er mit der Trainingsdauer unweigerlich ansteigt. Peter Greif bringt diesen Zusammenhang in seinem Newsletter gut auf den Punkt und empfiehlt, die Vorgabe für den Belastungspuls alle 15 Minuten um 2 Schläge zu erhöhen.
Lass uns ein Beispiel nehmen: Auf einem langen Lauf wird der Puls zum Ende hin unweigerlich ansteigen. Du schwitzt, Dein Blut wird dickflüssig, das Herz muss mehr arbeiten um ausreichend Sauerstoff im Körper zu verteilen.
Bei der Trainingssteuerung nach Puls wirst Du nun langsamer, um die Herzfrequenz konstant zu halten. Für den Trainings- und Wettkampferfolg ist das allerdings kontraproduktiv, denn wir sind sehr wohl in der Lage, auch unter Wassermangel das Tempo zu halten – entsprechender Fitnessgrad vorausgesetzt.
Trainingsplan Laufen #2 – Tempo / Pace
Einsteigern empfehle ich das Tempo nach Puls – denn das erste Ziel beim Langstreckenlauf ist es, eine solide Grundlagenausdauer aufzubauen.
Für fortgeschrittene Läufer ist das Training nach Tempo (englisch: Pace) eine der wichtigsten Steuerungsgrößen. Und Tempotraining ist inzwischen unglaublich unkompliziert geworden – es lebe die Technik!
Vor 10 Jahren brauchten wir dazu entweder einen Sportplatz (schon mal 30 km auf der 400 m Runde gerannt?) oder wir hatten unsere Hausstrecke persönlich vermessen.
Im Zeitalter der GPS-Laufuhren ist das glücklicherweise Geschichte und die Antwort auf die oben stehende Frage „Und was heißt das für mich?“ liegt jetzt auf der Hand: Wirf‘ den ersten Blick auf Deine Tempovorgabe im Trainingsplan und den zweiten Blick dann auf Deine Laufuhr.
Trainingsplan Laufen #3 – Gefühl
Wenn Du schon mindestens 6 Monate regelmäßig läufst, hast Du inzwischen ein gutes Körpergefühl entwickelt. Für Dich gilt dann: Herzfrequenz und Tempo sind nicht alles.
Was bedeutet es denn, wenn Deine Laufuhr Dir sagt, Du sollst heute ein 5:00 min/km Tempo laufen? Lastet Dich das Tempo heute wirklich ausreichend aus?
Hier kommt die dritte Steuerungsgröße ins Spiel: Dein Körpergefühl. Diese innere Messgröße solltest Du genauso bewusst in Dein Training einbeziehen wie Puls und Pace.
Für mich ist sie die wichtigste der drei Größen. Unser Gefühl gibt uns die Hinweise, die wir brauche, um langfristig gesund und leistungsfähig zu bleiben. Unser Körper sagt uns, wenn er Ruhe braucht. Und diese Information ist entscheidend, um Verletzungen zu vermeiden und langfristig gesund und leistungsfähig zu trainieren.
Es ist manchmal toll, einfach NUR nach Gefühl zu laufen: Vielleicht kennst Du diese Tage, an denen Du keine Lust hast, die Vorgaben aus Deinem Trainingsplan zu erfüllen. Ich lasse an solchen Tagen meine Laufuhr einfach zu Hause und lasse mich von meinem Körpergefühl leiten. Ich nehme meine Umgebung wahr, entdecke neue Runden, lasse mich treiben – und zwar ganz nach Lust und Laune. Es gibt keine Zeit-, Tempo- oder Streckenvorgaben.
Ein Punkt ist mir noch wichtig: verwechsle Dein Körpergefühl nicht mit dem Schweinehund, der mit Dir spricht. Es fühlt sich anders an, ob Du keine Lust hast, oder erschöpft bist. Wenn Du in Dich hineinfühlst, wirst Du denn Unterschied merken.
Okay, nun kommen wir zu den knallharten Fakten: Wie hängen die drei Faktoren Tempo, Herzfrequenz und Körpergefühl zusammen und wie beeinflussen sie eigentlich die Zielsetzung Deines Trainings?
7 Stufen beim Laufen nach Trainingsplan, die Du kennen solltest
Es gibt Trainer, die unterscheiden 5 Trainingszonen, andere nur 4, andere 7. Entscheidend ist nicht die Anzahl, sondern Dein Trainings-Ergebnis. Ich mag die Unterscheidung in 7 Workout-Bereiche, und diese stelle ich Dir hier vor. Wichtig ist dabei, welches ZIEL hinter jeder der Intensitäts-Stufen steht oder stehen kann.
Falls die Intensität in Deinem Trainingsplan anders genannt wird oder die Intensitäts-Abstufung anders geschnitten ist, mach Dir nicht zu viel Gedanken – es ist alles gut: Du wirst schnell feststellen wie einfach es ist, die Angaben für Dich korrekt zu interpretieren, sobald Du das Prinzip verstehst.
Da die Tempoangabe individuell und nach Fitnessgrad variiert, definiere ich sie ganz bewusst weich, z.B. als „langsames Joggen“.
Stufe 1: Regenerativer Dauerlauf (REG)
- Zielsetzung: Regenerativer Lauf (z.B. vor einem Wettkampf), der gleichzeitig die aerobe Ausdauer erhält.
- Pulsbereich: 60-65 % HFmax (maximale Herzfrequenz)
- Tempo: langsames Joggen
- Dauer: 20-90 Minuten
- Subjektive Belastung: Sehr leichte Belastung, die sich nicht nach Arbeit anfühlt. Wahrscheinlich musst Du Dich schon zusammenreißen, um nicht schneller zu werden. Und es kann sein, dass Du gar nicht ins Schwitzen kommst.
Stufe 2: Fettstoffwechsel Dauerlauf (LSD 1)
- Zielsetzung: Du hilfst Deinen Muskeln, die Glykogenreserven wieder aufzufüllen, da hauptsächlich Fett als Energiereserve herangezogen wird.
- Pulsbereich: 65-70 % HFmax
- Tempo: Mittleres Joggen
- Dauer: 90 Minuten und mehr
- Subjektive Belastung: Schnelles Joggen, am Ende der Trainingseinheit fühlst Du keine Ermüdung – es sei denn Du hast sehr viele Kilometer zurückgelegt. Du kannst Dich leicht und locker während des Laufs mit Deiner Laufpartnerin unterhalten.
Stufe 3: Langsamer Dauerlauf (LSD 2)
- Zielsetzung: Du erhältst muskuläre und mentale Ausdauer und entwickelst sie weiter.
- Pulsbereich: 70-75 % HFmax
- Tempo: Längeres ruhiges Laufen
- Dauer: 90 Minuten und mehr
- Subjektive Belastung: Ein langsamer Lauf, es fällt Dir immer noch leicht Dich zu unterhalten. Wenn Du einen langen Lauf machst, wirst Du am Ende zwar erschöpft sein, aber es die Belastung wird sich nicht hart anfühlen.
Stufe 4: Grundlagenausdauer 1 (GA 1)
- Zielsetzung: Du baust Deine Langstreckenausdauer aus. Du bereitest Deine Muskeln auf den Wechsel von der aeroben zur anaeroben Zone vor.
- Pulsbereich: 75-85 % HFmax
- Tempo: Mittleres Lauftempo
- Dauer: 45-90 Minuten
- Subjektive Belastung: Ein schnelleres Laufen, aber immer noch langsam genug, um es gefühlt „unendlich“ durchzuhalten. Deine Atmung geht schon schneller und das flotte Tempo ist Dir bewusst. Du kannst Dich zwischen den Atemzügen zwar noch unterhalten, aber nicht mehr so leicht und locker. Dieses Tempo läufst Du im Halbmarathon.
Stufe 5: Grundlagenausdauer 2 (GA 2)
- Zielsetzung: Du trainierst das Laufen an der anaeroben Schwelle und lernst auch bei Erschöpfung weiterzulaufen.
- Pulsbereich: 85-90 % HFmax
- Tempo: Schnelles Laufen
- Dauer: 20-60 Minuten
- Subjektive Belastung: Du atmest so schnell, dass das Sprechen längerer Sätze Dir schwer fällt. Das Tempo ist unangenehm, Du kannst es aber für 5-7 km halten. Dieses Tempo liegt etwa 30 sek/km unter Deinem 5000 m Renntempo.
Stufe 6: Anaerobes Laufen
- Zielsetzung: Du verbesserst Deine maximale Sauerstoffaufnahme (VO² max).
- Pulsbereich: 90-95 % HFmax
- Tempo: Sehr schnelles Laufen
- Dauer: bis ca. 20 Minuten, Entfernungen 400 m – 3000 m
- Subjektive Belastung: Dieses Tempo ist sehr schnell, auch wenn Du noch nicht an der Belastungsgrenze angelangt bist. Reden ist tabu! Du musst Dich konzentrieren, um das Tempo zu halten. Du hast immer noch genug Reserven übrig für einen 100 m Endspurt.
Stufe 7: Sprinten
- Zielsetzung: Du verbesserst Deine Laktat- und Milchsäuretoleranz. Du härtest Dich mental ab und lernst, Dich nach der Belastung schnell wieder zu erholen.
- Pulsbereich: 95-100 % HFmax
- Tempo: (fast) maximal.
- Dauer: unter 60 Sekunden
- Subjektive Belastung: Dieses Tempo liegt deutlich über Deinem Renntempo. Deine Beine sind voller Blei und es wird immer härter, je näher Du Deinem Ziel kommst. Du bist sehr nah an Deinem maximalen Sprint-Tempo. Für längere Intervalle ist dieses Tempo sehr schmerzhaft.
Fazit
„What get’s measured, gets managed.“ Je mehr Messgrößen Du in Dein Training einbeziehst, desto fokussierter kannst Du es steuern.
Nicht nur Puls und Tempo, sondern auch das Körpergefühl geben Dir die Informationen, die Du dazu benötigst.
Welche Bedeutung Du den einzelnen Faktoren gibst, hängt im Wesentlichen von Deiner Trainingserfahrung ab, aber auch von Deiner individuellen Veranlagung.
Das alles setzt allerdings eines voraus: Du hast Dein Ziel glasklar definiert.
Es gibt sehr erfolgreiche Sportler mit einem exzellenten Körpergefühl, die ihre jeweiligen Bestzeiten ohne Uhr gelaufen sind.
Finde heraus, was für Dich am besten funktioniert – und schreib uns Deine Erfahrungen unten in den Kommentaren.
Viel Spaß und Erfolg beim Training!