Barfußlaufen erobert Deutschland. Ob auf der Laufstrecke oder im CrossFit Studio.
Für mich ist Barfußlaufen nach über 10 Jahren Training in festem Schuhwerk wie ein aufregender neuer Lifestyle.
Das Gefühl absoluter Freiheit, explosiver Power und federnder Dynamik beschreibt es am ehesten …
… aber auch Muskelkater an Stellen, denen ich mir zuvor nie bewusst war.
Und Blasen.
Blasen, die so groß sind, dass eine Marathon-Medaille nicht ausreicht um sie zu verdecken.
Zum Glück lassen sich diese unangenehmen Nebenwirkungen vermeiden, wenn Du ein paar einfache Regeln befolgst.
Am besten ziehst Du jetzt schon Deine Puschen aus und machst Dich bereit, die Natur zurückzuerobern.
Und zwar ganz oldschool wie früher: ohne Schuhwerk.
Warum Du mit dem Barfußlaufen beginnen?
Unser Körper bringt alles mit, was wir für unsere Fitness benötigen.
Faktisch setzt sich Barfuß-Training immer mehr durch, insbesondere seitdem das packende Buch “Born to Run” die Bestsellerlisten eroberte.
Das auffälligste Merkmal an Sport- und Laufschuhen ist erst einmal der hohe Preis: Sie kosten deutlich mehr als andere funktionelle Sportschuhe, ob für Fußball, Tennis oder Hallensport.
Also ist die Frage doch berechtigt: Wozu teure Laufschuhe? Wozu überhaupt Sportschuhe?
Auch wenn Frei-Fuß-Kultur (FFK) noch Exotenstatus genießt: An der Laufstrecke um die Hamburger Außenalster sehe ich immer mehr Barfußläufer.
Und der neue Trend beschränkt sich nicht nur auf den Ausdauersport: Auch im CrossFit wird das Barfußlaufen ebenfalls immer mehr Gang und Gäbe.
Wie Du mit dem Barfußlaufen anfängst
Barfußlaufen #1 – Die richtigen Barfuss Schuhe
Es klingt zwar paradox, aber inzwischen gibt eine Vielzahl spezieller Barfuss-Schuhe – und die machen durchaus Sinn.
Gerade in unseren mitteleuropäischen Breitengraden benötigen Deine Füße Schutz – vor Kälte, vor dem Untergrund und vor den anderen Läufern.
Diesen Schutz geben Dir Barfuss-Schuhe. Das Laufgefühl sollte dabei so nah wie möglich am „echten“ Barfußlaufen bleiben.
Barfuss Schuhe im Test
Inzwischen gibt es verschiedene Hersteller von Barfuss-Schuhen, die alle unterschiedliche technologische Ansätze verfolgen.
Die folgenden Modelle habe ich selbst getestet. Hier ist mein Erfahrungsbericht:
- Leguanos sind im Prinzip Sportsocken mit einer Gummisohle. Das Laufgefühl darin ist grundsätzlich frei, aber ich konnte mich mit Leguanos niemals richtig beim Sport anfreunden. Wie Strümpfe sitzen Leguanos für mein Empfinden sehr locker am Fuß und können rutschen. Nichtsdestotrotz sind sie sehr populär und für einen entspannten Nachmittag sicher geeignet.
- Vibram Five Fingers umschließen und schützen den Fuß wie eine zweite Haut, während das Laufgefühl absolut natürlich bleibt. Ich bin über einem Jahr mit dem Modell gelaufen und habe es schon unter härtesten Bedingungen getestet. Laufen bei Eis und Schnee? Kein Problem. Laufen auf Scherben? Die Füße bleiben perfekt geschützt. Ebenfalls lange gelaufen bin ich mit dem rechts abgebildeten SeeYa LS. Bisher mein Vibram FiveFingers Favorit.
- Adidas AdiPure Trainer: Dieses Modell verwende ich, seitdem meine Vibram SeeYa LS das zeitliche gesegnet haben. Aktuell die einzigen Schuhe, die ich im Fitnessstudio beim Kreuzheben, Schulterpressen und Kniebeugen anbehalte. Funktionell stehen sie den Zehenschuhen von Vibram in nichts nach, sind jedoch meist etwas günstiger erhältlich. Dieses Modell verwende ich bereits über 6 Monate bei mindestens 3 Trainingseinheiten die Woche.
- Weitere Empfehlungen für Minmalschuhe findest Du hier auf meiner Ressourcen-Seite.
Fakt ist: Barfuss Schuhe sehen „strange“ aus. Auch nach Jahren des Barfuss Trainings werde ich noch immer darauf angesprochen – im Fitnessstudio wie beim Laufen an der Alster.
Andererseits bin ich mit meiner Vorliebe für das natürliche Training nicht alleine: Um Barfuss Schuhe hat sich eine stetig wachsende Community gebildet, die den neuen „freien“ Lifestyle genießt.
Vibram FiveFingers hat dazu ein wunderschönes Video komponiert …
Wo kannst Du Barfuss Schuhe kaufen?
Ich habe alle getesteten Barfuss Schuhe online gekauft. Einige direkt beim Hersteller, die meisten aber bei Amazon.
Gerade am Anfang habe ich mir die jeweiligen Modelle in verschiedenen Größen bestellt und die Barfuss Schuhe behalten, die wie angegossen passten.
So findest Du Barfuss Schuhe, die wirklich passen
Kirsten und Marco John vom Online-Shop Zehenschuhe.de geben folgende Empfehlung ab:
Entgegen der häufig kursierenden Meinung in diversen Foren, empfehlen wir in keinem Fall die Zehenschuhe / Barfußschuhe extrem eng zu wählen.
Unsere Erfahrungen lauten wie folgt. Vibram Fivefingers:
- Frauen wählen bitte eine Nummer größer als in herkömmlichen Alltagsschuhen (nicht Laufschuhe).
- Männer orientieren sich bitte an der normalen Größe in herkömmlichen Alltagsschuhen (nicht Laufschuhe). Falls Sie zwischen zwei Größen liegen, bitte die Größere wählen.
Vibram bietet Damen und Herren Größen an, welche sich in Größe und Passform unterschieden. Die Damenmodelle sind etwas schmaler geschnitten und haben einen geraderen Leisten. Die W41 entspricht der M40 sowie die W42 der M42.
Wir haben von vielen Kunden die Rückinfo, dass Frauen oft sehr gut mit den Männermodellen zurechtkommen.
Auch Männer mit schmalen Füßen können in den entsprechenden Größen auf Damenmodelle ausweichen.
Da neben der Fußlänge auch die Fußform, Zehenlänge und Spannhöhe sowie Fußbreite eine Rolle spielen, kann es möglich sein, dass dennoch ein Umtausch nicht vermeidbar ist.
Wann kam die Barfuß-Bewegung ins Rollen und auch wenn dieses unglaublich neue Laufgefühl schon Grund genug ist – was spricht noch fürs Barfuß-Training?
Barfußlaufen #2 – 5 unfaire Trainingsvorteile, von denen Du profitierst
Wenn wir mit einer Zeitmaschine 10.000 Jahre in die Vergangenheit reisen könnten würden wir feststellen, dass barfuß Laufen niemals so „hip“ war wie damals.
Nun, die Zeiten ändern sich. Wir befinden uns im Jahr 2012 n. Chr. Die ganze Menschheit trägt Schuhwerk …
Die ganze Menschheit?
Nein!
Eine clevere Community unbeugsamer Barfußläufer hört nicht auf, sich wie ihre Vorfahren fortzubewegen …!
Und schon vor 100 Jahren gab es Reformer wie Sebastian Kneipp, die das Barfußgehen als Teil des gesunden Lebens propagierte.
Heute wird es von (Sport-)Ärzten, Orthopäden, Laufsport-Experten und sogar Psychologen als sinnvolle Trainingsergänzung empfohlen.
5 Argumente sprechen dafür:
- Barfußlaufen steigert die Durchblutung, härtet ab und stärkt den Kreislauf.
- Barfußgehen kräftigt die Fußmuskulatur und verringert das Risiko von Fußschäden wie Senk-, Spreiz- oder Plattfüßen. Ganz zu schweigen von Euren High-Heel-geschädigten Füßen, Ladies.
- Barfußlaufen verbessert die Gesamtkörper-Koordination.
- Beim Gehen und Laufen stellen Füße und Wirbelsäule eine Funktionale Einheit dar. Eine durch Barfußlaufen trainierte Fußmuskulatur entlastet daher die Bandscheiben. Schmerzhafte Wirbelblockaden oder andere Rückenbeschwerden können sich lösen.
- Barfuß Training führt automatisch zum Vorfußlauf, der die Gelenke entlastet und das Risiko typischer Laufbeschwerden reduzieren kann.
Bevor Du Deine Running-Schuhe jetzt in Rente schickst und euphorisch auf Deine 10 km Laufstrecke durchstartest, solltest Du noch einmal in Dich gehen: Wann bist Du das letzte Mal barfuß gelaufen? Vielleicht beim letzten Strandurlaub? Oder war es doch eher beim Triathlon, und zwar in der Wechselzone zwischen Radfahren und Schwimmen?
Fakt ist, die meisten von uns haben das Barfußlaufen buchstäblich verlernt. Daher solltest Du einige Dinge berücksichtigen, bevor Du Dich von Deinen Sportschuhen verabschiedest.
Barfußlaufen #3 – Der perfekte Einstieg ins Barfuß Training
Auch wenn Deine Muskulatur sich ziemlich schnell an die neue Belastung anpasst, solltest Du Deiner Haut sowie Sehnen und Gelenken etwas mehr Zeit geben.
Läufer, die über Nacht radikal aufs Barfußlaufen umsteigen, beten um eine Verletzung und buchen am besten gleich einen Termin beim Sportarzt. Wie so häufig macht auch hier die Dosis das Gift!
Wenn Du ein paar einfache Punkte berücksichtigst, senkst Du das Risiko böser Nebenwirkungen erheblich.
Die wichtigste Regel vorweg: Höre immer auf Deinen Körper, er sagt Dir, wenn Du ihm besser eine Pause in der Eingewöhungsphase gönnen solltest.
So funktioniert der Einstieg am besten:
- Woche 1-2: 1-2 Stunden täglich im Alltag Barfußgehen + Fußgymnastik
- Woche 3-4: 10 % Deiner Laufstrecke absolvierst Du barfuß + Fußgymnastik, Dehnen
- Woche 4-12: Erhöhe Deine Barfuß-Laufstrecke um 10% pro Woche + Fußtraining
- ab Woche 13: Fang an, mit Entfernung, Geschwindigkeit, Trainingshäufigkeit zu experimentieren und die Distanz allmählich erhöhen.
Aus eigener Erfahrung kann ich bestätigen, dass mindestens 2-3 Monate nötig sind, um barfuß auf Strecke zu kommen.
Ich bin in meiner Euphorie anfangs druckvoll durchgestartet und habe gleich daraus lernen dürfen: ansehnliche Blasen unter der Fußsohle waren eine völlig neue und interessante Erfahrung für mich.
Beschleunigt habe ich den Eingewöhnungsprozess durch meine Ungeduld allerdings nicht …
Mein Tipp: Halte Dich an die Vorgaben und höre auf Deinen Körper, auch wenn es noch so viel Spaß macht!
Und noch ein Tipp: Vibram hat einen sehr umfassenden Ratgeber für den Einstieg ins Barfußlaufen zusammengestellt, den Du hier herunterladen kannst.
Barfußlaufen #4 – Weitere Infos zum Barfuß Joggen
Deine Füße sehnen sich nun nach Freiheit und Du suchst mehr Informationen? Hier kannst Du auf eigene Faust weiterlesen:
- Christian’s Blog: Mein Blogger-Kollege Christian schreibt in seinem Laufblog „Wozu Laufschuhe?“ über das Barfuß-Laufen. Laufberichte liefert er dabei ebenso wie wertvolle Tipps für den barfüßigen Alltag. Kürzlich hat er übrigens seinen ersten 30 Kilometer-Lauf in Vibrams absolviert. Glückwunsch, Christian!
- Hertsteller: Eine weiterer guter Startpunkt sind die Websites der Barfußschuh-Hersteller: Die deutsche und internationale Vibram Homepage bietet Dir eine Reihe von Informationen, das gleiche gilt für den Online-Auftritt der Firma Leguano. Hier findest Du weitere Ratschläge für den sicheren Einstieg ins Barfußlaufen.
Andere Barfußlauf-Modelle
Neben den beiden vorgestellten Herstellern gibt es weitere interessante Alternativen:
- Mäel Protection Sock: Bieten noch weniger Schutz als Leguanos, dafür ist das Gefühl vermutlich ganz nah am Laufen auf nackten Fuß. Falls Du schon Erfahrungen mit den Mäel Protection Socks gemachst hast, feel free to comment. Und „free“ ist genau das Stichwort für unseren nächsten Kandidaten …
- Nike Free 3.0: Der Nike Free 3.0 ist das Modell des amerikanischen Herstellers, das dem Barfußlaufen am nächsten kommt. Zum Fitness-Training verwende ich den 3.0 schon seit Jahren und möchte ihn nicht mehr missen. Auch wenn der Nike Free 3.0 bei weitem nicht an das Barfußlauf-Gefühl der Vibram FiveFingers herankommt, ist er doch einen guter Kompromiss und eignet sich für das Fuß- und Beinmuskeltraining.
- Reebok RealFlex: Eine interessante Alternative zum Nike Free 3.0, der vermutlich eher fürs Fitness-, als fürs Lauftraining geeignet ist. Getestet habe ich diesen Schuh noch nicht. Wenn es Dir anders geht, schreib uns Deine Erfahrungen doch unten als Kommentar.
Fazit
Barfußlaufen ist mehr als nur ein Trend.
In vielen Lebensbereichen orientieren Menschen sich wieder auf das Wesentliche: Lebensmittel aus der Natur statt Fabriknahrung, Funktionelle Kraftübungen statt Training an geführten Maschinen und Barfußlaufen anstelle von stark gedämpftem, geführtem Schuhwerk.
Es ist eine gute Idee, wenn Deinem Körper viel Zeit zur Anpassung gibst, während Du aufs Barfuß Training umstellst.
Bei Beschwerden solltest Du in jedem Fall einen Orthopäden oder Sportmediziner aufsuchen – sicher ist sicher.
Ich wünsche Dir viel Erfolg und vor allem viel Spaß beim Barfußlaufen. Ich bin sicher, das damit verbundene Gefühl von Freiheit wirst Du so schnell nicht mehr missen wollen…
Bildnachweis im Artikel “Wie du schnell und einfach mit dem Barfußlaufen beginnst”: © iStock/Bill Oxford, © Hersteller