Keiner von uns beginnt seinen Lauf mit dem Vorsatz, einen Fehler zu machen.
Nein, ganz im Gegenteil!
Wir wollen wie im Fluge die vertrauten heimischen Gefilde hinter uns lassen, die Straße ohne Rücksicht auf Geschwindigkeitsbegrenzungen locker bezwingen und gen Feld, Wald und Wiesen entschweben. Nach einiger Zeit stellen wir verwundert fest, dass die ersten 10 km bereits hinter uns liegen und wir mit jedem zurückgelegten Kilometer immer mehr Energie und Power verspüren, die uns weiter vorantreibt.
Ein Gefühl von Flow, von: „Nichts kann mich stoppen!“
Leider sieht die Realität oft anders aus…
Trotz regelmäßigen Trainings warten viele von uns vergeblich auf echte Fortschritte. Das Tempo lässt zu wünschen übrig und die erhoffte federnde Leichtigkeit beim Laufen ebenso.
„Erst denken, dann trainieren!“
Peter Coe, der inzwischen verstorbene Laufcoach und Autor des Buches „Winning Running“ hatte eine klare Einstellung zum Lauftraining, und die lässt sich ohne Weiteres auf andere Sportarten und Lebensbereiche übertragen:
„Das Denken beginnt lange vor dem Training.“
Wir sind Meister im Testen von Innovationen, verwenden ‚revolutionäre‘ Trainings-Tools wie Kompressionssocken, GPS-Sportuhren und Minimalschuhe – alles, um die letzten paar Prozent an Leistung rauszuholen.
„Das bringt Leistung!“, zumindest sagt uns das unser Verstand.
Wenn es Dir so geht wie mir, dann wird das Spielkind wach, wenn wir neue Trainings-Tools oder Laufbekleidung ausprobieren. Und alleine das Shoppen bringt wahnsinnig viel Spaß.
Alles gut, es darf, es soll ja Spaß bringen!
Doch wovor uns solche Super-Tools nicht bewahren, sind elementare Trainingsfehler. Fehler, die fast jeder Läufer macht.
Die größten Lauffehler, die selbst Profis machen …
… und wie Du sie vermeidest.
Vor fast 10 Jahren – ich bin im Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Wir schreiben die Jahre 2004-2006.
Ich trainiere in den USA und Kanada und halte mich selbstverständlich mit amerikanischer Fachliteratur in Form der US Runner’s World auf dem Laufenden.
New York seitdem immer noch auf dem Wunschzettel. Dafür habe ich Toronto, Ottawa und ein gemütliches Städchen in den Südstaaten namens Winston-Salem als wunderschöne Orte für einen (Halb-)Marathon Wettkampf kennengelernt.
Reise-Tipps und Empfehlungen für gute Trainingsrouten gebe ich bei Bedarf gerne in den Kommentaren.
Zurück zum Thema…
Die US-Ausgabe der Runner’s World brachte vor einiger Zeit einen sehr guten Artikel über die prominentesten Fehler beim Lauftraining und im Wettkampf. Fehler, die selbst Profi-Athleten unterlaufen.
Ich glaube, ich habe jeden dieser Fehler in meiner Laufkarriere selbst schon begangen – mehr als einmal.
Grund genug, Dir diese Fehler zukünftig zu ersparen. In Form einer unregelmäßigen Artikelserie – hier auf MarathonFitness.
Also lass uns unseren Laufcoach Peter Coe ab heute in Ehren halten und nachdenken, bevor wir in unser nächstes Training designen.
Diese Fehler wollen wir vermeiden, koste es was es wolle …
Lauffehler Nr. 1: Du startest zu schnell
Beim Training an der Hamburger Außenalster begegne ich jedem Montagabend einem Lauftreff. Die Jungs und Mädels starten am Alstercliff, einem der prominenten Cafés, dessen Steg einen weitläufigen Blick über das Wasser auf den Jungfernstieg bietet.
Als sie mich fragen, ob ich sie begleite, antworte ich: „Freunde, ihr seid zu schnell für mich.“
Sie lachen.
Halten es für einen Scherz.
Ausnahmsweise scherze ich dieses mal nicht.
Sie laufen mir einfach zu schnell los, bei ihnen heißt es:
„Auf die Plätze … fertig … sprint!“
Nein danke, habe ich bereits probiert – hat nicht geklappt. Heute mach‘ ich’s anders.
Beobachte einmal Kinder, wenn sie um die Wette laufen: Sobald es losgeht, starten sie „voll Karacho“ durch, werden dann kontinuierlich langsamer und kommen letztlich joggend ins Ziel.
Wir Erwachsenen sollten es besser wissen…
Wann ist schnell zu schnell?
Bei einer längeren Einheit sind wir zu schnell, wenn wir im Wettkampftempo für diese Distanz – oder gar schneller – durchstarten.
Bei härteren Trainingseinheiten wie Intervallen, Tempoläufen, etc. bedeutet „zu schnell“, ein Tempo zu wählen, das wir über die Distanz einfach nicht halten können.
Was passiert, wenn wir zu schnell loslaufen?
Wenn wir zu schnell starten, führt das in erster Linie dazu, dass wir unser Training entweder vorzeitig beenden müssen oder am Ende schlappmachen. Fast schlimmer ist jedoch, dass sich der Charakter unseres Trainings völlig verändert, und damit auch der Trainingsreiz, den wir setzen (wollten).
Wir trainieren vielleicht
- die falschen Muskelfasern (z.B. Typ II „fast-twitch“ statt Typ I „slow-twitch“),
- die falsche Energiebereitstellung (z.B. anaerob mit Laktat- statt aerob ohne Laktatbildung),
- das falsche Zusammenspiel von Muskeln und Nerven
oder alle drei Faktoren gemeinsam.
Das ist Trainings-Sabotage wie sie im Buche steht – James Bond wäre stolz auf uns.
Die Lösung: So vermeidest Du einen zu schnellen Start
„Jedes Training, jeder einzelnen Lauf, sollte mit einem negativen Kilometer-Split gelaufen werden und seinen Höhepunkt zum Ende hin haben“, sagte mein Mentor und Trainer Andreas Hünerberg, mehrfacher Hamburger Meister im Marathonlauf, vor fast jeder Trainingseinheit.
Das bedeutet, die ersten Kilometer werden in jedem Fall sehr locker gelaufen, bis wir warm sind. Erst wenn wir warmgelaufen sind, werden wir schneller.
Sein Trainingsrat gilt auch für härtere Trainingseinheiten: Bei Intervallen und Tempoläufen sollten wir uns an das Zieltempo herantasten und dabei in unseren Körper fühlen.
Und dass ein Warmup bei jedem intensiven Training zum Pflichtprogramm gehört, habe ich an anderer Stelle bereits erwähnt – was fürs Fitnesstraining gilt, gilt auch fürs Laufen.
Einen zu schnellen Start können wir uns wie einen Kredit vorstellen, den wir aufnehmen. Am Ende des Trainings oder Wettkampfs müssen wir die Zinsen zurückzahlen.
Wenn Dir der erste Teil dieser Artikelserie gefallen hat, die ich in unregelmäßigen Abständen fortsetzen werde, bleib dran! Die Fortsetzung folgt.
Was war Dein bisher größter Lauffehler – im Training oder gar im Wettkampf? Schreib einen Kommentar und teile Deine Erfahrungen!
Bildquelle: lululemon athletica via Flickr.