Calisthenics – das heißt definierte Muskeln, die an stahlharten Stangen (englisch „Bars“) geformt wurden?
Die Untergrund-Bewegung ist so neu in Deutschland, dass es 2012, als dieser Artikel entsteht, im deutschen Internet nur sehr wenig dazu gibt – von einem Wikipedia-Eintrag ganz zu schweigen.
Calisthenics ist blutjung und hat gleichzeitig traditionelle Wurzeln, Calisthenics ist synonym für Muskelaufbau und Definition ohne Geräte.
Und es ist ein Sport, der die Nationen zusammenschweißt:
„Es ist toll zu sehen, wie man nur mit Klimmzügen Menschen auf der ganzen Welt zusammenbringen kann.“
– Zef von den Bar-Barians
Heute lernst Du mehr über die artisten-ähnliche Community in Deutschland kennen, unter anderem in einem Interview, das ich mit einem der Community-Gründer hier in Deutschland gemacht habe: Dennis Ratano, Gründer von Baristi Workout.
Calisthenics, Barstarzz, Baristi – was steckt dahinter?
Die Keimzelle der Calisthenics-Community entstand vor etwas mehr als 15 Jahren in New York City, wo Athleten aller ethnischen Herkunft hunderte Muscle-Ups, Liegestütze und Klimmzüge am Tag pumpen.
Immerhin gibt es in der englischen Wikipedia bereits einen Eintrag über Calisthenics:
Calisthenics ist eine Trainingsform, die aus einer Vielzahl einfacher, oft rhythmischer Bewegungen besteht, und zwar üblicherweise ohne zusätzliches Equipment oder Geräte. Das Ziel ist der Aufbau von Körperkraft und Flexibilität mit Bewegungen wie Beugen, Springen, Schwingen, Drehungen oder Tritten, bei denen nur das eigene Körpergewicht verwendet wird. Calisthenics können sowohl zum Aufbau von Muskelmasse als auch Ausdauer beitragen und gleichzeitig die psychomotorischen Fähigkeiten (Balance, Beweglichkeit, Koordination) schulen.
Die modernen Calisthenics-Teams betreiben allerdings eine härtere, sehr viel speziellere Calisthenics-Stilrichtung, die auch die Namen „Freestyle“ oder „Extreme Calisthenics“ trägt.
In den YouTube Videos der Teams wird deutlich, wie sehr die Bewegung durch die Rap- und HipHop-Kultur geprägt ist. Damit verändert sich diese Art des Sports derzeit zunehmend.
Eine der bekanntesten Calisthenics-Gruppen sind die US-amerikanischen Barstarzz. Dennis Ratano ist der Gründer der rasant wachsenden europäischen Gruppe Baristi Workout.
Und selbstverständlich haben beide Gruppen bereits gemeinsam auf den Sport-Spielplätzen in New York trainiert…
Kurz nach seiner Rückkehr vom diesjährigen Street Workout World Championship in Lettland sprachen wir über Calisthenics, Baristi Workout und wie Dennis Teil der neuen Workout-Bewegung wurde.
Interview mit Dennis Ratano (Baristi Workout)
Mark Maslow: Hi Dennis, erzähle bitte etwas über Dich.
Dennis Ratano: Mein Name ist Dennis Ratano, ich wohne zurzeit in Offenburg, Baden-Württemberg und bin 24. Ich bin Ingenieur, Personal Trainer, Blogger, Designer und immer aktiv!
Aufgrund meiner Begeisterung für Fitness, Gesundheit und innovative Trainingsformen versuche ich stets andere zu einer gesunden Lebensweise zu motivieren und ihnen dabei zu helfen in ihre bestmögliche körperliche Form zu kommen! Außerdem bin ich Vertreter der World Street Workout Federation für Westeuropa und habe das Ziel Calisthenics immer bekannter zu machen!
MM: Wie bist Du zum Krafttraining gekommen und was war Dein erster Kontakt mit der Calisthenics-Community?
DR: Ich habe eigentlich schon immer Sport getrieben, mit etwa 9 Jahren habe ich dann im Keller angefangen Sit-Ups und Liegestütze zu machen.
Mit 15 habe ich richtig mit Krafttraining begonnen und mich seither immer sehr tiefgehend mit Training und Ernährung auseinandergesetzt!
Ich habe schon immer viele Mehrgelenkübungen und Körpergewichtsübungen verwendet. Kniebeuge, Kreuzheben, Klimmzüge und Dips waren immer Teil meines Trainings.
Vor etwa 2 Jahren habe ich zum ersten mal ein Video über Calisthenics im Internet gesehen und war völlig schockiert.
Ich war zu dem Zeitpunkt schon sehr stark, dennoch konnte ich keine dieser Körpergewichtsübungen auch nur annähernd ausführen.
Jedoch habe ich es erstmal dabei belassen und normal weitertrainiert.
Als ich dann letztes Jahr in New York zufällig mit einem dieser Jungs in Harlem trainiert habe und wir unter anderem (tatsächlich) an einer Ampel Klimmzüge gemacht haben, hat es bei mir Klick gemacht.
Dieser Typ hatte mehr Kraft, Muskelmasse und Definition als irgendjemand, den ich je in einem Fitness Studio gesehen habe – und das, obwohl er nur mit seinem Körpergewicht trainiert.
MM: Ehrlich gesagt bekomme ich jetzt schon vom Zuhören Lust auf Klimmzüge. Und dann, wie ging es weiter…?
DR: Als ich dann wieder in Deutschland war habe ich mir einem Park gesucht und angefangen genauso zu trainieren.
Hier gibt es zwar keine richtigen Trainingsparks, aber ich fand einen Spielplatz mit etwas Kreativität für diesen Zweck ausreicht!
Muscle-Ups, Front Lever oder Human Flag schienen mir unerreichbar, aber mit der Zeit wurde ich stärker und stärker.
Obwohl Calisthenics schon damals ein enormer Trend in New York City war, kannte es hier kaum jemand. Lange habe ich alleine trainiert – und mit der Zeit kamen immer mehr Interessierte dazu, die mitmachen wollten.
MM: Das klingt nach dem Ursprung der Baristi-Community in Europa…
DR: Ja, in der Tat: So kam es dann das ich „Baristi“, das erste Calisthenics Team in Deutschland gegründet habe.
Mittlerweile haben wir mehrere Teams in Deustchland, Frankreich, Italien und Mexiko.
Über unsere Website, Facebook, Youtube und Instagram (@d_stinto) wollen wir Menschen dazu inspirieren fit und gesund zu leben, indem sie lernen mit ihrem eigenen Körpergewicht umzugehen.
Selbst durchtrainierte Ahlethen können mit unseren Methoden Kraft und Muskelmasse aufbauen.
MM: Wenn ich mir die Moves in Eurem Video ansehe, dann wirkt das schon sehr anspruchsvoll…
DR: Das stimmt, jedoch sind die einfacheren Übungsvarianten auch für völlig untrainierte Menschen geeignet.
Durch offene Trainingseinheiten und Gesprächen mit schulen und Kommunen versuchen wir außerdem dafür zu sorgen, dass Trainingsparks für Alle zur Verfügung stehen.
Erst letzte Woche hatte ich die Ehre am Street Workout World Championship teilzunehmen und zu sehen, welch magische Energie diese Trendsportart in aller Welt anfacht!
MM: Deinen Enthusiasmus finde ich inspirierend. Welches Ziel hast du noch?
DR: Ich möchte Calisthenics/Street Workout auch endlich in Deutschland etablieren und durch Events, Festivals und Wertkämpfe Menschen motivieren, gesund zu leben und Ihren Körper zu formen – mit dem eigenen Körpergewicht!
MM: Dennis, das ist eine tolle Aufgabe! Lass es mich wissen, wenn ich Dich dabei unterstützen kann. Viel Erfolg!
Tipp: Dennis Ratano zu Gast bei Fitness mit M.A.R.K.
Knapp 3 Jahre nach diesem Interview ist die Street Workout Bewegung in Deutschland rasant gewachsen. Calisthenics Parks entstehen in immer mehr Städten.
Wenn Du mehr über die Bewegung wissen möchtest, klicke hier und höre mein Interview mit Dennis.
Und Du?
Was hältst Du von der Calisthenics-Idee? Wie wäre es, ab heute Latzug und Bankdrücken gegen Klimmzugstange und Liegestütz zu tauschen?
Bildquellen
Bildnachweis im Artikel “Calisthenics”: © Baristi-Workout