„Wie, Du magst nicht aufessen? Du willst doch auch, dass morgen die Sonne scheint!? Schade um das Essen – und in der Dritten Welt hungern die Kinder.“
Vielleicht kennt Jenny diese Worte auch aus ihrer Kindheit.
In ihrem Kommentar beschreibt sie eine Situation, in der sie aufessen „musste“, auch wenn sie keinen Hunger hatte:
Es ist eines der häufigsten unsichtbaren Skripte im Zusammenhang mit emotionalem Essen.
Eine neue Sichtweise hilft Dir dabei, es zukünftig anders zu machen – ohne schlechtes Gewissen.
Warum Du den Teller leer isst, wenn Du satt bist
Vielleicht waren es die Eltern, vielleicht die Kultur. Wahrscheinlich haben beide ihren Anteil daran, falls Du geglaubt hättest, Du musst Deinen Teller leer essen. Auch, wenn Du schon satt gewesen wärest.
Oft steckt eines dieser unsichtbaren Skripte dahinter:
- Es ist unhöflich, nicht alles aufzuessen, was serviert wurde.
- Du verschwendest Geld, wenn Du nicht alles isst, was Du bezahlt hast.
- Es wäre Verschwendung, Essen wegzuwerfen (also esse ich’s lieber, obwohl ich satt bin).
- Wie könntest Du Essen wegwerfen, wenn es Menschen auf der Welt gibt, die hungern?
„Nein, meine Suppe eß‘ ich nicht.“ Wer weiß, vielleicht spielt sich in Deinem Hinterkopf auch die Geschichte vom Suppen-Kaspar ab?
Wie Du „nicht aufessen“ eine neue Bedeutung gibst
Ich möchte Dir eine neue Perspektive zum Thema Aufessen anbieten.
Nicht aufessen #1 – Du tust etwas gegen noch größere Verschwendung…
Du verschwendest das Essen so oder so – besonders dann, wenn Du weiter isst, obwohl Du schon satt bist.
Das Gefühl „ich bin satt“ ist ein Zeichen dafür, dass Du Deinen Energiebedarf bereits gestillt hast. Wenn Du dann weiter isst, wird ein Teil der überschüssigen Energie als Fett eingelagert.
Das ist doch erst recht eine Verschwendung hoch 2!
Nicht aufessen #2 – Weil aufessen nicht die Probleme anderer Menschen löst
Meine Großmutter brachte früher oft das Argument der Kinder in der Dritten Welt auf. Sie meinte es natürlich nur gut – es war eine andere Generation.
Aber die spannende Frage ist doch folgende: Wie genau hilfst Du hungernden Menschen, indem Du Deinen Teller leer isst? Falls Du ein Argument findest, lass‘ es mich wissen. 😉
Fazit
Viele Menschen haben ein schlechtes Gewissen, wenn sie das was „da“ ist, nicht aufessen.
Das hinterhältige daran ist, dass diese Vorgänge
- erstens unterbewusst ablaufen – es sind unsichtbare Skripte – und
- zweitens kontraproduktiv sind: Die Verschwendung wird nur noch größer, wenn Du weiter isst, obwohl Du eigentlich schon satt bist.
Ein Mitläufer bist Du ja nicht. Falls es Dir wie Jenny ging und Du das Gefühl gehabt hättest, aufessen zu müssen – ab heute gibt es einige Gründe weniger für ein schlechtes Gewissen.
Ich bin beeindruckt, wie viele offene und herzliche Kommentare zum Thema emotionales Essen schon jetzt eingegangen sind. Nächste Woche folgt der versprochene zweite Teil.
Deine Erfahrung interessiert mich. Welchen Stellenwert hat „Aufessen“ für Dich? War es überhaupt ein Thema? Welche Möglichkeiten siehst Du, mit dem Argument „es ist unhöflich, nicht aufzuessen“ umzugehen? Schreib einen Kommentar.
Abbildungen: Heinrich Hoffmann, mwboeckmann / Flickr.